Fleiß auf dem Lande, haben wir es zu danken, daß uns die Natur nicht gänzlich unbekannt geblieben. Gewiß, kein Ort ist geschickter, unsern forschenden Geist mit immer neuen und ergötzenden Gedanken zu sättigen, als das Land. Hier sind wir allein und mitten unter die Geschöpfe gesetzt; hier sehen wir den Himmel von allen Seiten. Der Auf- gang und Untergang der himmlischen Lichter blei- bet unsern Augen durch Zwischenstände nicht ver- borgen, sondern verkündigen an allen Enden die Eh- re ihres Urhebers. Die Erde auf dem Lande ist bloß und entdeckt vor uns; Meere, Flüsse, Pflan- zen, Bluhmen, Bäume, Kräuter und Thiere, alles in so verschiedenen Arten, bieten sich hier zu unserer Ergötzung und zu unserm Nutzen dar, und geben uns Anlaß zu erkennen, wie freundlich und wie gütig unser Gott ist.
Alles ist für uns gemacht. Wir haben die Mit- tel aus der Hand eines weisen Baumeisters erhal- ten, durch welche wir die erschaffenen Dinge uns zur Aufmerksamkeit, zur Ergötzlichkeit und zum Nutzen unterwerfen können. Nur uns ist das Vorrecht unter allen beseelten Creaturen zu Theil geworden, die Sinnen vernünftig zu gebrauchen; nur wir haben das Vermögen der Seele in dem hohen Maasse erhalten, den Erdboden zu verbessern
und
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Vorbericht.
Fleiß auf dem Lande, haben wir es zu danken, daß uns die Natur nicht gaͤnzlich unbekannt geblieben. Gewiß, kein Ort iſt geſchickter, unſern forſchenden Geiſt mit immer neuen und ergoͤtzenden Gedanken zu ſaͤttigen, als das Land. Hier ſind wir allein und mitten unter die Geſchoͤpfe geſetzt; hier ſehen wir den Himmel von allen Seiten. Der Auf- gang und Untergang der himmliſchen Lichter blei- bet unſern Augen durch Zwiſchenſtaͤnde nicht ver- borgen, ſondern verkuͤndigen an allen Enden die Eh- re ihres Urhebers. Die Erde auf dem Lande iſt bloß und entdeckt vor uns; Meere, Fluͤſſe, Pflan- zen, Bluhmen, Baͤume, Kraͤuter und Thiere, alles in ſo verſchiedenen Arten, bieten ſich hier zu unſerer Ergoͤtzung und zu unſerm Nutzen dar, und geben uns Anlaß zu erkennen, wie freundlich und wie guͤtig unſer Gott iſt.
Alles iſt fuͤr uns gemacht. Wir haben die Mit- tel aus der Hand eines weiſen Baumeiſters erhal- ten, durch welche wir die erſchaffenen Dinge uns zur Aufmerkſamkeit, zur Ergoͤtzlichkeit und zum Nutzen unterwerfen koͤnnen. Nur uns iſt das Vorrecht unter allen beſeelten Creaturen zu Theil geworden, die Sinnen vernuͤnftig zu gebrauchen; nur wir haben das Vermoͤgen der Seele in dem hohen Maaſſe erhalten, den Erdboden zu verbeſſern
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[0009]
Vorbericht.
Fleiß auf dem Lande, haben wir es zu danken, daß
uns die Natur nicht gaͤnzlich unbekannt geblieben.
Gewiß, kein Ort iſt geſchickter, unſern forſchenden
Geiſt mit immer neuen und ergoͤtzenden Gedanken
zu ſaͤttigen, als das Land. Hier ſind wir allein
und mitten unter die Geſchoͤpfe geſetzt; hier ſehen
wir den Himmel von allen Seiten. Der Auf-
gang und Untergang der himmliſchen Lichter blei-
bet unſern Augen durch Zwiſchenſtaͤnde nicht ver-
borgen, ſondern verkuͤndigen an allen Enden die Eh-
re ihres Urhebers. Die Erde auf dem Lande iſt
bloß und entdeckt vor uns; Meere, Fluͤſſe, Pflan-
zen, Bluhmen, Baͤume, Kraͤuter und Thiere, alles
in ſo verſchiedenen Arten, bieten ſich hier zu unſerer
Ergoͤtzung und zu unſerm Nutzen dar, und geben
uns Anlaß zu erkennen, wie freundlich und wie
guͤtig unſer Gott iſt.
Alles iſt fuͤr uns gemacht. Wir haben die Mit-
tel aus der Hand eines weiſen Baumeiſters erhal-
ten, durch welche wir die erſchaffenen Dinge uns
zur Aufmerkſamkeit, zur Ergoͤtzlichkeit und zum
Nutzen unterwerfen koͤnnen. Nur uns iſt das
Vorrecht unter allen beſeelten Creaturen zu Theil
geworden, die Sinnen vernuͤnftig zu gebrauchen;
nur wir haben das Vermoͤgen der Seele in dem
hohen Maaſſe erhalten, den Erdboden zu verbeſſern
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/9>, abgerufen am 21.11.2024.
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