Die Gärten, voll von Glanz und Bluhmen, den Schatz der Segen-schwangern Felder, Den Nutz und Schmuck der Elementen, samt ihrer Ordnung, siehst du nicht. Die unserm Geist gegönnte Sinnen, durch welche, von der schönen Erden, Die nicht zu zählende Geschöpfe zum Brauch uns zugeeignet werden, Sind wirklich da; nur nicht für dich. Jndem dein Geist sie nicht empfunden, Sind sie für alle wirklich da, nur bloß für dich allein ver- schwunden. Die grosse Wahrheit kennst du nicht: Daß hier auf Erden alle Sachen Nicht eigentlich seyn, was sie sind, sie sind das, wozu wir sie machen. Du bist es, der die Lust zur Last, du bist es, der das Licht zu Nacht, Den Frühling, Sommer, Herbst, zum Winter, und Honigseym zu Galle macht. Dir stellet deine Phantasey, durch dickes Blut verderbt, die Zier, Die Ordnung, Pracht und Lieblichkeit der Welt, als wie ein Chaos, für. Dein Auge, voll von schwarzer Sucht, kann in den Dingen, die geschehen, Jn allen Handlungen nur Laster, in Menschen nichts, als Teufel, sehen. Je tiefer nun, bey dieser Krankheit, dein scharfer Geist auf alles denkt, Je schwärzer mahlet er die Bilder, die er in sich zusammen
webet,
Aus
Aus denComplaintsoderNight-Thougts,
Die Gaͤrten, voll von Glanz und Bluhmen, den Schatz der Segen-ſchwangern Felder, Den Nutz und Schmuck der Elementen, ſamt ihrer Ordnung, ſiehſt du nicht. Die unſerm Geiſt gegoͤnnte Sinnen, durch welche, von der ſchoͤnen Erden, Die nicht zu zaͤhlende Geſchoͤpfe zum Brauch uns zugeeignet werden, Sind wirklich da; nur nicht fuͤr dich. Jndem dein Geiſt ſie nicht empfunden, Sind ſie fuͤr alle wirklich da, nur bloß fuͤr dich allein ver- ſchwunden. Die groſſe Wahrheit kennſt du nicht: Daß hier auf Erden alle Sachen Nicht eigentlich ſeyn, was ſie ſind, ſie ſind das, wozu wir ſie machen. Du biſt es, der die Luſt zur Laſt, du biſt es, der das Licht zu Nacht, Den Fruͤhling, Sommer, Herbſt, zum Winter, und Honigſeym zu Galle macht. Dir ſtellet deine Phantaſey, durch dickes Blut verderbt, die Zier, Die Ordnung, Pracht und Lieblichkeit der Welt, als wie ein Chaos, fuͤr. Dein Auge, voll von ſchwarzer Sucht, kann in den Dingen, die geſchehen, Jn allen Handlungen nur Laſter, in Menſchen nichts, als Teufel, ſehen. Je tiefer nun, bey dieſer Krankheit, dein ſcharfer Geiſt auf alles denkt, Je ſchwaͤrzer mahlet er die Bilder, die er in ſich zuſammen
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Aus den Complaints oder Night-Thougts,
Die Gaͤrten, voll von Glanz und Bluhmen, den Schatz der
Segen-ſchwangern Felder,
Den Nutz und Schmuck der Elementen, ſamt ihrer Ordnung,
ſiehſt du nicht.
Die unſerm Geiſt gegoͤnnte Sinnen, durch welche, von der
ſchoͤnen Erden,
Die nicht zu zaͤhlende Geſchoͤpfe zum Brauch uns zugeeignet
werden,
Sind wirklich da; nur nicht fuͤr dich. Jndem dein Geiſt
ſie nicht empfunden,
Sind ſie fuͤr alle wirklich da, nur bloß fuͤr dich allein ver-
ſchwunden.
Die groſſe Wahrheit kennſt du nicht: Daß hier auf Erden
alle Sachen
Nicht eigentlich ſeyn, was ſie ſind, ſie ſind das, wozu wir
ſie machen.
Du biſt es, der die Luſt zur Laſt, du biſt es, der das Licht zu
Nacht,
Den Fruͤhling, Sommer, Herbſt, zum Winter, und Honigſeym
zu Galle macht.
Dir ſtellet deine Phantaſey, durch dickes Blut verderbt,
die Zier,
Die Ordnung, Pracht und Lieblichkeit der Welt, als wie ein
Chaos, fuͤr.
Dein Auge, voll von ſchwarzer Sucht, kann in den Dingen,
die geſchehen,
Jn allen Handlungen nur Laſter, in Menſchen nichts, als
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/752>, abgerufen am 16.07.2024.
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