Der deine Stelle zu vertreten sich wohl gefallen lassen würde?
Wann nun ein GOtt die Welt regiert, so weiß Er, daß du diese Bürde Ertragen würdest, kannst und wirst. Wenn du dieselbe nun erträgst, Und dich des Schöpfers weisen Führung mit Vorsatz nicht zuwider legst, So hat die Gottheit Mittel gnug, das nöthige dir zu be- schehren, Sie wird es auch wahrhaftig thun. Doch mußt du nur nicht das begehren, Was man gemeiniglich für nöhtig, obs gleich nicht wirk- lich nöhtig, hält. Die wahre Nohtdurft die bestehet wahrhaftig nicht in Gut und Geld, Ob man es gleich nicht anders meynt. Die vielerley Bequemlichkeiten, Die Pracht, die Eitelkeiten, Moden, vermehren unsre Dürftigkeiten, Und machen uns wahrhaftig ärmer, als man sonst in der That nicht wär. Du sprichst vielleicht: "Dein Predigen und deine wohlge- meynte Lehr "Hat bey mir Armen gar nicht statt, da ich auf Ueberfluß nicht seh, "Nicht einst Bequemlichkeit verlange. Mir mangelt auch das nöhtigste, "Mir mangeln Kleider, Bette, Wohnung, mir mangelt oft so gar das Brodt, "Noch mehr, es leiden meine Kinder, nebst mir, oft bittre Hungers-Noht,
Wir
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der Schoͤnheit der Welt.
Der deine Stelle zu vertreten ſich wohl gefallen laſſen wuͤrde?
Wann nun ein GOtt die Welt regiert, ſo weiß Er, daß du dieſe Buͤrde Ertragen wuͤrdeſt, kannſt und wirſt. Wenn du dieſelbe nun ertraͤgſt, Und dich des Schoͤpfers weiſen Fuͤhrung mit Vorſatz nicht zuwider legſt, So hat die Gottheit Mittel gnug, das noͤthige dir zu be- ſchehren, Sie wird es auch wahrhaftig thun. Doch mußt du nur nicht das begehren, Was man gemeiniglich fuͤr noͤhtig, obs gleich nicht wirk- lich noͤhtig, haͤlt. Die wahre Nohtdurft die beſtehet wahrhaftig nicht in Gut und Geld, Ob man es gleich nicht anders meynt. Die vielerley Bequemlichkeiten, Die Pracht, die Eitelkeiten, Moden, vermehren unſre Duͤrftigkeiten, Und machen uns wahrhaftig aͤrmer, als man ſonſt in der That nicht waͤr. Du ſprichſt vielleicht: “Dein Predigen und deine wohlge- meynte Lehr „Hat bey mir Armen gar nicht ſtatt, da ich auf Ueberfluß nicht ſeh, „Nicht einſt Bequemlichkeit verlange. Mir mangelt auch das noͤhtigſte, „Mir mangeln Kleider, Bette, Wohnung, mir mangelt oft ſo gar das Brodt, „Noch mehr, es leiden meine Kinder, nebſt mir, oft bittre Hungers-Noht,
Wir
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der Schoͤnheit der Welt.
Der deine Stelle zu vertreten ſich wohl gefallen laſſen
wuͤrde?
Wann nun ein GOtt die Welt regiert, ſo weiß Er, daß
du dieſe Buͤrde
Ertragen wuͤrdeſt, kannſt und wirſt. Wenn du dieſelbe
nun ertraͤgſt,
Und dich des Schoͤpfers weiſen Fuͤhrung mit Vorſatz nicht
zuwider legſt,
So hat die Gottheit Mittel gnug, das noͤthige dir zu be-
ſchehren,
Sie wird es auch wahrhaftig thun. Doch mußt du nur
nicht das begehren,
Was man gemeiniglich fuͤr noͤhtig, obs gleich nicht wirk-
lich noͤhtig, haͤlt.
Die wahre Nohtdurft die beſtehet wahrhaftig nicht in
Gut und Geld,
Ob man es gleich nicht anders meynt. Die vielerley
Bequemlichkeiten,
Die Pracht, die Eitelkeiten, Moden, vermehren unſre
Duͤrftigkeiten,
Und machen uns wahrhaftig aͤrmer, als man ſonſt in der
That nicht waͤr.
Du ſprichſt vielleicht: “Dein Predigen und deine wohlge-
meynte Lehr
„Hat bey mir Armen gar nicht ſtatt, da ich auf Ueberfluß
nicht ſeh,
„Nicht einſt Bequemlichkeit verlange. Mir mangelt auch
das noͤhtigſte,
„Mir mangeln Kleider, Bette, Wohnung, mir mangelt
oft ſo gar das Brodt,
„Noch mehr, es leiden meine Kinder, nebſt mir, oft bittre
Hungers-Noht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/731>, abgerufen am 22.11.2024.
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