Die Sonne kann in den von ihr bestrahlten Cörpern auf der Erden, Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, gesehn, genossen und gespührt, So daß uns, im Genuß, der Geist zu ihren Herrlichkeiten führt, Nicht aber ihres Lichtes Quell', in eignem Glanz, gesehen werden. Für unsre Augen ist allein die durch ihr Licht gewirkte Pracht, Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer von Glanz, gemacht. Will man die Ordnung der Natur aus Eigensinn und Stolz verkehren; So wird die nahe Straf' im Jrrthum des Jrrthums Gröss' uns deutlich lehren.
Wie sonst, so scheinet von der Gottheit auch hier die Sonn' ein Schatten-Bild, Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernster Lehr erfüllt. Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle Schein Genossen, aber nicht erblinzt, erforschet, noch ergrübelt seyn. GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb' und Macht, Jn Seiner schön- und weisen Werke ganz unausdrücklich schönen Pracht Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen sie nicht sehn, Und, um die Gottheit selbst zu finden, auf selbst erfundnem Wege gehn.
Wer
7 Theil. U u
Gefaͤhrlicher Abweg der Vernunft.
Die Sonne kann in den von ihr beſtrahlten Coͤrpern auf der Erden, Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, geſehn, genoſſen und geſpuͤhrt, So daß uns, im Genuß, der Geiſt zu ihren Herrlichkeiten fuͤhrt, Nicht aber ihres Lichtes Quell’, in eignem Glanz, geſehen werden. Fuͤr unſre Augen iſt allein die durch ihr Licht gewirkte Pracht, Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer von Glanz, gemacht. Will man die Ordnung der Natur aus Eigenſinn und Stolz verkehren; So wird die nahe Straf’ im Jrrthum des Jrrthums Groͤſſ’ uns deutlich lehren.
Wie ſonſt, ſo ſcheinet von der Gottheit auch hier die Sonn’ ein Schatten-Bild, Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernſter Lehr erfuͤllt. Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle Schein Genoſſen, aber nicht erblinzt, erforſchet, noch ergruͤbelt ſeyn. GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb’ und Macht, Jn Seiner ſchoͤn- und weiſen Werke ganz unausdruͤcklich ſchoͤnen Pracht Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen ſie nicht ſehn, Und, um die Gottheit ſelbſt zu finden, auf ſelbſt erfundnem Wege gehn.
Wer
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Gefaͤhrlicher Abweg der Vernunft.
Die Sonne kann in den von ihr beſtrahlten Coͤrpern auf
der Erden,
Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, geſehn, genoſſen und
geſpuͤhrt,
So daß uns, im Genuß, der Geiſt zu ihren Herrlichkeiten
fuͤhrt,
Nicht aber ihres Lichtes Quell’, in eignem Glanz, geſehen
werden.
Fuͤr unſre Augen iſt allein die durch ihr Licht gewirkte
Pracht,
Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer
von Glanz, gemacht.
Will man die Ordnung der Natur aus Eigenſinn und
Stolz verkehren;
So wird die nahe Straf’ im Jrrthum des Jrrthums Groͤſſ’
uns deutlich lehren.
Wie ſonſt, ſo ſcheinet von der Gottheit auch hier die Sonn’
ein Schatten-Bild,
Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernſter
Lehr erfuͤllt.
Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle
Schein
Genoſſen, aber nicht erblinzt, erforſchet, noch ergruͤbelt
ſeyn.
GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb’
und Macht,
Jn Seiner ſchoͤn- und weiſen Werke ganz unausdruͤcklich
ſchoͤnen Pracht
Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen ſie nicht
ſehn,
Und, um die Gottheit ſelbſt zu finden, auf ſelbſt erfundnem
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/691>, abgerufen am 22.11.2024.
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