Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Gefährlicher Abweg der Vernunft.
Die Sonne kann in den von ihr bestrahlten Cörpern auf
der Erden,
Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, gesehn, genossen und
gespührt,
So daß uns, im Genuß, der Geist zu ihren Herrlichkeiten
führt,
Nicht aber ihres Lichtes Quell', in eignem Glanz, gesehen
werden.
Für unsre Augen ist allein die durch ihr Licht gewirkte
Pracht,
Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer
von Glanz, gemacht.
Will man die Ordnung der Natur aus Eigensinn und
Stolz verkehren;
So wird die nahe Straf' im Jrrthum des Jrrthums Gröss'
uns deutlich lehren.
Wie sonst, so scheinet von der Gottheit auch hier die Sonn'
ein Schatten-Bild,
Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernster
Lehr erfüllt.
Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle
Schein
Genossen, aber nicht erblinzt, erforschet, noch ergrübelt
seyn.
GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb'
und Macht,
Jn Seiner schön- und weisen Werke ganz unausdrücklich
schönen Pracht
Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen sie nicht
sehn,
Und, um die Gottheit selbst zu finden, auf selbst erfundnem
Wege gehn.
Wer
7 Theil. U u
Gefaͤhrlicher Abweg der Vernunft.
Die Sonne kann in den von ihr beſtrahlten Coͤrpern auf
der Erden,
Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, geſehn, genoſſen und
geſpuͤhrt,
So daß uns, im Genuß, der Geiſt zu ihren Herrlichkeiten
fuͤhrt,
Nicht aber ihres Lichtes Quell’, in eignem Glanz, geſehen
werden.
Fuͤr unſre Augen iſt allein die durch ihr Licht gewirkte
Pracht,
Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer
von Glanz, gemacht.
Will man die Ordnung der Natur aus Eigenſinn und
Stolz verkehren;
So wird die nahe Straf’ im Jrrthum des Jrrthums Groͤſſ’
uns deutlich lehren.
Wie ſonſt, ſo ſcheinet von der Gottheit auch hier die Sonn’
ein Schatten-Bild,
Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernſter
Lehr erfuͤllt.
Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle
Schein
Genoſſen, aber nicht erblinzt, erforſchet, noch ergruͤbelt
ſeyn.
GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb’
und Macht,
Jn Seiner ſchoͤn- und weiſen Werke ganz unausdruͤcklich
ſchoͤnen Pracht
Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen ſie nicht
ſehn,
Und, um die Gottheit ſelbſt zu finden, auf ſelbſt erfundnem
Wege gehn.
Wer
7 Theil. U u
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0691" n="673"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gefa&#x0364;hrlicher Abweg der Vernunft.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Die Sonne kann in den von ihr be&#x017F;trahlten Co&#x0364;rpern auf</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">der Erden,</hi> </l><lb/>
                <l>Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, ge&#x017F;ehn, geno&#x017F;&#x017F;en und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ge&#x017F;pu&#x0364;hrt,</hi> </l><lb/>
                <l>So daß uns, im Genuß, der Gei&#x017F;t zu ihren Herrlichkeiten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fu&#x0364;hrt,</hi> </l><lb/>
                <l>Nicht aber ihres Lichtes Quell&#x2019;, in eignem Glanz, ge&#x017F;ehen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">werden.</hi> </l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;r un&#x017F;re Augen i&#x017F;t allein die durch ihr Licht gewirkte</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Pracht,</hi> </l><lb/>
                <l>Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">von Glanz, gemacht.</hi> </l><lb/>
                <l>Will man die Ordnung der Natur aus Eigen&#x017F;inn und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Stolz verkehren;</hi> </l><lb/>
                <l>So wird die nahe Straf&#x2019; im Jrrthum des Jrrthums Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">uns deutlich lehren.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Wie &#x017F;on&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;cheinet von der Gottheit auch hier die Sonn&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ein Schatten-Bild,</hi> </l><lb/>
                <l>Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ern&#x017F;ter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Lehr erfu&#x0364;llt.</hi> </l><lb/>
                <l>Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schein</hi> </l><lb/>
                <l>Geno&#x017F;&#x017F;en, aber nicht erblinzt, erfor&#x017F;chet, noch ergru&#x0364;belt</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi> </l><lb/>
                <l>GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Macht,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn Seiner &#x017F;cho&#x0364;n- und wei&#x017F;en Werke ganz unausdru&#x0364;cklich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;cho&#x0364;nen Pracht</hi> </l><lb/>
                <l>Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen &#x017F;ie nicht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ehn,</hi> </l><lb/>
                <l>Und, um die Gottheit &#x017F;elb&#x017F;t zu finden, auf &#x017F;elb&#x017F;t erfundnem</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wege gehn.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">7 <hi rendition="#fr">Theil.</hi> U u</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[673/0691] Gefaͤhrlicher Abweg der Vernunft. Die Sonne kann in den von ihr beſtrahlten Coͤrpern auf der Erden, Mit vieler Lieblichkeit und Anmuht, geſehn, genoſſen und geſpuͤhrt, So daß uns, im Genuß, der Geiſt zu ihren Herrlichkeiten fuͤhrt, Nicht aber ihres Lichtes Quell’, in eignem Glanz, geſehen werden. Fuͤr unſre Augen iſt allein die durch ihr Licht gewirkte Pracht, Nicht aber ihres Lichtes Abgrund, ihr flammend Meer von Glanz, gemacht. Will man die Ordnung der Natur aus Eigenſinn und Stolz verkehren; So wird die nahe Straf’ im Jrrthum des Jrrthums Groͤſſ’ uns deutlich lehren. Wie ſonſt, ſo ſcheinet von der Gottheit auch hier die Sonn’ ein Schatten-Bild, Voll Anmuht, Lieblichkeit und Nutzen, doch auch mit ernſter Lehr erfuͤllt. Es will von ihres Lichtes Glanz der undurchdringlich helle Schein Genoſſen, aber nicht erblinzt, erforſchet, noch ergruͤbelt ſeyn. GOtt hat uns Seine Herrlichkeit, und Seine Weisheit, Lieb’ und Macht, Jn Seiner ſchoͤn- und weiſen Werke ganz unausdruͤcklich ſchoͤnen Pracht Gezeigt, und offenbahren wollen. Wir aber wollen ſie nicht ſehn, Und, um die Gottheit ſelbſt zu finden, auf ſelbſt erfundnem Wege gehn. Wer 7 Theil. U u

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/691
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/691>, abgerufen am 01.06.2024.