Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Einsame Betrachtung des Feuers
im Winter.
Jndem ich jüngst, zur kalten Winters-Zeit,
Da Berg und Wald bereift, das Feld beschneyt,
Die Fluht gefroren war, im Zimmer, beym Camin,
Ein helles Feur theils lodern und theils glühn,
Mit Freuden sah, mit Anmuht fühlte,
Und, da ich eben ganz allein,
Bald auf der Flamme regen Schein,
Die mit gefärbten Spitzen spielte,
Mein angestrahltes Auge lenket;
Bald in der Kohlen rohte Gluht,
Recht als in einer Feuer-Fluht,
Die neu-begier'ge Blicke senket;
Beschloß ich, nicht so sehr des Feuers Kraft
Und dessen wärmend' Eigenschaft,
(Dieweil es schon vorhin von mir geschehn)
Als dessen Form und Farb', aufmerksam anzusehn.
Mein Gott! wie werd' ich hier und dar
So viel Veränderung in dieser Gluht gewahr!
Wie sehr vergnügt sich nicht
Mein stark darauf gewandt Gesicht!
Jhrer Flammen wallend Licht
Schnaubet, zischet, rauschet', sauset,
Lodert, knallet, prasselt, brauset.
Fast entsetzlich, und doch schön
Jst ihr Glanz und ihr Getön.
Nicht
Einſame Betrachtung des Feuers
im Winter.
Jndem ich juͤngſt, zur kalten Winters-Zeit,
Da Berg und Wald bereift, das Feld beſchneyt,
Die Fluht gefroren war, im Zimmer, beym Camin,
Ein helles Feur theils lodern und theils gluͤhn,
Mit Freuden ſah, mit Anmuht fuͤhlte,
Und, da ich eben ganz allein,
Bald auf der Flamme regen Schein,
Die mit gefaͤrbten Spitzen ſpielte,
Mein angeſtrahltes Auge lenket;
Bald in der Kohlen rohte Gluht,
Recht als in einer Feuer-Fluht,
Die neu-begier’ge Blicke ſenket;
Beſchloß ich, nicht ſo ſehr des Feuers Kraft
Und deſſen waͤrmend’ Eigenſchaft,
(Dieweil es ſchon vorhin von mir geſchehn)
Als deſſen Form und Farb’, aufmerkſam anzuſehn.
Mein Gott! wie werd’ ich hier und dar
So viel Veraͤnderung in dieſer Gluht gewahr!
Wie ſehr vergnuͤgt ſich nicht
Mein ſtark darauf gewandt Geſicht!
Jhrer Flammen wallend Licht
Schnaubet, ziſchet, rauſchet’, ſauſet,
Lodert, knallet, praſſelt, brauſet.
Faſt entſetzlich, und doch ſchoͤn
Jſt ihr Glanz und ihr Getoͤn.
Nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0609" n="591"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Ein&#x017F;ame Betrachtung des Feuers<lb/>
im Winter.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>ndem ich ju&#x0364;ng&#x017F;t, zur kalten Winters-Zeit,</l><lb/>
                <l>Da Berg und Wald bereift, das Feld be&#x017F;chneyt,</l><lb/>
                <l>Die Fluht gefroren war, im Zimmer, beym Camin,</l><lb/>
                <l>Ein helles Feur theils lodern und theils glu&#x0364;hn,</l><lb/>
                <l>Mit Freuden &#x017F;ah, mit Anmuht fu&#x0364;hlte,</l><lb/>
                <l>Und, da ich eben ganz allein,</l><lb/>
                <l>Bald auf der Flamme regen Schein,</l><lb/>
                <l>Die mit gefa&#x0364;rbten Spitzen &#x017F;pielte,</l><lb/>
                <l>Mein ange&#x017F;trahltes Auge lenket;</l><lb/>
                <l>Bald in der Kohlen rohte Gluht,</l><lb/>
                <l>Recht als in einer Feuer-Fluht,</l><lb/>
                <l>Die neu-begier&#x2019;ge Blicke &#x017F;enket;</l><lb/>
                <l>Be&#x017F;chloß ich, nicht &#x017F;o &#x017F;ehr des Feuers Kraft</l><lb/>
                <l>Und de&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;rmend&#x2019; Eigen&#x017F;chaft,</l><lb/>
                <l>(Dieweil es &#x017F;chon vorhin von mir ge&#x017F;chehn)</l><lb/>
                <l>Als de&#x017F;&#x017F;en Form und Farb&#x2019;, aufmerk&#x017F;am anzu&#x017F;ehn.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Mein Gott! wie werd&#x2019; ich hier und dar</l><lb/>
                <l>So viel Vera&#x0364;nderung in die&#x017F;er Gluht gewahr!</l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;ehr vergnu&#x0364;gt &#x017F;ich nicht</l><lb/>
                <l>Mein &#x017F;tark darauf gewandt Ge&#x017F;icht!</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l> <hi rendition="#fr">Jhrer Flammen wallend Licht</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Schnaubet, zi&#x017F;chet, rau&#x017F;chet&#x2019;, &#x017F;au&#x017F;et,</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Lodert, knallet, pra&#x017F;&#x017F;elt, brau&#x017F;et.</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Fa&#x017F;t ent&#x017F;etzlich, und doch &#x017F;cho&#x0364;n</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">J&#x017F;t ihr Glanz und ihr Geto&#x0364;n.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Nicht</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[591/0609] Einſame Betrachtung des Feuers im Winter. Jndem ich juͤngſt, zur kalten Winters-Zeit, Da Berg und Wald bereift, das Feld beſchneyt, Die Fluht gefroren war, im Zimmer, beym Camin, Ein helles Feur theils lodern und theils gluͤhn, Mit Freuden ſah, mit Anmuht fuͤhlte, Und, da ich eben ganz allein, Bald auf der Flamme regen Schein, Die mit gefaͤrbten Spitzen ſpielte, Mein angeſtrahltes Auge lenket; Bald in der Kohlen rohte Gluht, Recht als in einer Feuer-Fluht, Die neu-begier’ge Blicke ſenket; Beſchloß ich, nicht ſo ſehr des Feuers Kraft Und deſſen waͤrmend’ Eigenſchaft, (Dieweil es ſchon vorhin von mir geſchehn) Als deſſen Form und Farb’, aufmerkſam anzuſehn. Mein Gott! wie werd’ ich hier und dar So viel Veraͤnderung in dieſer Gluht gewahr! Wie ſehr vergnuͤgt ſich nicht Mein ſtark darauf gewandt Geſicht! Jhrer Flammen wallend Licht Schnaubet, ziſchet, rauſchet’, ſauſet, Lodert, knallet, praſſelt, brauſet. Faſt entſetzlich, und doch ſchoͤn Jſt ihr Glanz und ihr Getoͤn. Nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/609
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/609>, abgerufen am 24.11.2024.