Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Die sehr späte Heu-Erndte.
Da jenes uns in unserm Leben
Zwar dient, doch wir auch wieder ihnen,
Da wir ihm Heu im Winter geben,
Wenn man es recht bedenket, dienen.
Durch welche kleine Wechsel-Müh
Die grosse Ordnung in der Welt
Sich bindet und zusammen hält:
Hiedurch erhält sich Mensch und Vieh.
Sie nähren uns, wir nähren sie.
Die grosse wunderbare Kette des Fingers Gottes, der
Natur,
Führt, wenn wir recht als Menschen denken, uns unver-
merkt auf eine Spur,
Zu welcher viele nicht gelangen. Sie zeiget uns ein göttlich
Walten,
So wohl im Schaffen, als Regieren, im Ordnen, Lenken
und Erhalten,
Das unsern Witz weit übertrift, und welches insbesondre
wehrt,
Daß man ein uns verborgnes Wesen, so sich doch allenthalben
weist,
Jn ehrerbietiger Bewundrung bemerkt, in Andacht Jhn
verehrt,
* Sein Daseyn, Seine Lieb' empfindet, und Jhn erhebet,
lobt und preist.


Gedanken
* Vid. klägliche Folgen des strengen Winters.
Die ſehr ſpaͤte Heu-Erndte.
Da jenes uns in unſerm Leben
Zwar dient, doch wir auch wieder ihnen,
Da wir ihm Heu im Winter geben,
Wenn man es recht bedenket, dienen.
Durch welche kleine Wechſel-Muͤh
Die groſſe Ordnung in der Welt
Sich bindet und zuſammen haͤlt:
Hiedurch erhaͤlt ſich Menſch und Vieh.
Sie naͤhren uns, wir naͤhren ſie.
Die groſſe wunderbare Kette des Fingers Gottes, der
Natur,
Fuͤhrt, wenn wir recht als Menſchen denken, uns unver-
merkt auf eine Spur,
Zu welcher viele nicht gelangen. Sie zeiget uns ein goͤttlich
Walten,
So wohl im Schaffen, als Regieren, im Ordnen, Lenken
und Erhalten,
Das unſern Witz weit uͤbertrift, und welches insbeſondre
wehrt,
Daß man ein uns verborgnes Weſen, ſo ſich doch allenthalben
weiſt,
Jn ehrerbietiger Bewundrung bemerkt, in Andacht Jhn
verehrt,
* Sein Daſeyn, Seine Lieb’ empfindet, und Jhn erhebet,
lobt und preiſt.


Gedanken
* Vid. klaͤgliche Folgen des ſtrengen Winters.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0381" n="363"/>
              <fw place="top" type="header">Die &#x017F;ehr &#x017F;pa&#x0364;te Heu-Erndte.</fw><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Da jenes uns in un&#x017F;erm Leben</l><lb/>
                <l>Zwar dient, doch wir auch wieder ihnen,</l><lb/>
                <l>Da wir ihm Heu im Winter geben,</l><lb/>
                <l>Wenn man es recht bedenket, dienen.</l><lb/>
                <l>Durch welche kleine Wech&#x017F;el-Mu&#x0364;h</l><lb/>
                <l>Die gro&#x017F;&#x017F;e Ordnung in der Welt</l><lb/>
                <l>Sich bindet und zu&#x017F;ammen ha&#x0364;lt:</l><lb/>
                <l>Hiedurch erha&#x0364;lt &#x017F;ich Men&#x017F;ch und Vieh.</l><lb/>
                <l>Sie na&#x0364;hren uns, wir na&#x0364;hren &#x017F;ie.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Die gro&#x017F;&#x017F;e wunderbare Kette des Fingers Gottes, der</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Natur,</hi> </l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;hrt, wenn wir recht als Men&#x017F;chen denken, uns unver-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">merkt auf eine Spur,</hi> </l><lb/>
                <l>Zu welcher viele nicht gelangen. Sie zeiget uns ein go&#x0364;ttlich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Walten,</hi> </l><lb/>
                <l>So wohl im Schaffen, als Regieren, im Ordnen, Lenken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Erhalten,</hi> </l><lb/>
                <l>Das un&#x017F;ern Witz weit u&#x0364;bertrift, und welches insbe&#x017F;ondre</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wehrt,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß man ein uns verborgnes We&#x017F;en, &#x017F;o &#x017F;ich doch allenthalben</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wei&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn ehrerbietiger Bewundrung bemerkt, in Andacht Jhn</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">verehrt,</hi> </l><lb/>
                <l><note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">Vid.</hi> kla&#x0364;gliche Folgen des &#x017F;trengen Winters.</note> Sein Da&#x017F;eyn, Seine Lieb&#x2019; empfindet, und Jhn erhebet,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">lobt und prei&#x017F;t.</hi> </l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Gedanken</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0381] Die ſehr ſpaͤte Heu-Erndte. Da jenes uns in unſerm Leben Zwar dient, doch wir auch wieder ihnen, Da wir ihm Heu im Winter geben, Wenn man es recht bedenket, dienen. Durch welche kleine Wechſel-Muͤh Die groſſe Ordnung in der Welt Sich bindet und zuſammen haͤlt: Hiedurch erhaͤlt ſich Menſch und Vieh. Sie naͤhren uns, wir naͤhren ſie. Die groſſe wunderbare Kette des Fingers Gottes, der Natur, Fuͤhrt, wenn wir recht als Menſchen denken, uns unver- merkt auf eine Spur, Zu welcher viele nicht gelangen. Sie zeiget uns ein goͤttlich Walten, So wohl im Schaffen, als Regieren, im Ordnen, Lenken und Erhalten, Das unſern Witz weit uͤbertrift, und welches insbeſondre wehrt, Daß man ein uns verborgnes Weſen, ſo ſich doch allenthalben weiſt, Jn ehrerbietiger Bewundrung bemerkt, in Andacht Jhn verehrt, * Sein Daſeyn, Seine Lieb’ empfindet, und Jhn erhebet, lobt und preiſt. Gedanken * Vid. klaͤgliche Folgen des ſtrengen Winters.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/381
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/381>, abgerufen am 26.06.2024.