Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Zum Walde.
Wenn die nah' gelegne Quell' uns ihr süsses Wasser
schenkt,
Und man mit den reinen Tropfen, die so kühl, wenns
warm, sich tränkt.
Wenn wir hier, in stiller Ruh', so verschiedner Lust genies-
sen,
Sollt' ein billiges GOtt Lob! sich aus unsrer Brust
ergiessen,
Und man sollte GOtt verehren, Der uns hier in diesem
Leben,
Auf so mannigfache Weise, so verschiedne Lust gegeben.
Le Cercle.
Eine Zirkel- runde Stelle, weit vom Umfang, und
geraum,
Deren schöner Mittelpunct ein bejahrter Eichen-Baum,
Bietet eine runde Bank grüner Rasen uns zum Sitze,
Und ein schönes Blätter-Zelt uns zum Schirm-Dach für
die Hitze,
Voller kühlen Schatten, dar. Hier in diesen holden
Schranken
Dick-verwachsener Gebüsche können ruhige Gedanken,
Mit recht innigem Vergnügen, ungestöret, wie so schön,
Des allmächtig- weisen Schöpfers liebliches Geschöpfe,
seh'n,
Seine Liebe gleichsam schmecken, und, im angenehmen
Kühlen,
Seiner Creatur geniessen, Seine Güte gleichsam fühlen.
Möchte man Dem, welcher Gras, Laub und Kräuter
schuf, zum Preise,
Mit beruhigten Gedanken, hier in diesem holden Kreise,
Von
Z 4
Zum Walde.
Wenn die nah’ gelegne Quell’ uns ihr ſuͤſſes Waſſer
ſchenkt,
Und man mit den reinen Tropfen, die ſo kuͤhl, wenns
warm, ſich traͤnkt.
Wenn wir hier, in ſtiller Ruh’, ſo verſchiedner Luſt genieſ-
ſen,
Sollt’ ein billiges GOtt Lob! ſich aus unſrer Bruſt
ergieſſen,
Und man ſollte GOtt verehren, Der uns hier in dieſem
Leben,
Auf ſo mannigfache Weiſe, ſo verſchiedne Luſt gegeben.
Le Cercle.
Eine Zirkel- runde Stelle, weit vom Umfang, und
geraum,
Deren ſchoͤner Mittelpunct ein bejahrter Eichen-Baum,
Bietet eine runde Bank gruͤner Raſen uns zum Sitze,
Und ein ſchoͤnes Blaͤtter-Zelt uns zum Schirm-Dach fuͤr
die Hitze,
Voller kuͤhlen Schatten, dar. Hier in dieſen holden
Schranken
Dick-verwachſener Gebuͤſche koͤnnen ruhige Gedanken,
Mit recht innigem Vergnuͤgen, ungeſtoͤret, wie ſo ſchoͤn,
Des allmaͤchtig- weiſen Schoͤpfers liebliches Geſchoͤpfe,
ſeh’n,
Seine Liebe gleichſam ſchmecken, und, im angenehmen
Kuͤhlen,
Seiner Creatur genieſſen, Seine Guͤte gleichſam fuͤhlen.
Moͤchte man Dem, welcher Gras, Laub und Kraͤuter
ſchuf, zum Preiſe,
Mit beruhigten Gedanken, hier in dieſem holden Kreiſe,
Von
Z 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <lg type="poem">
                <pb facs="#f0377" n="359"/>
                <fw place="top" type="header">Zum Walde.</fw><lb/>
                <l>Wenn die nah&#x2019; gelegne Quell&#x2019; uns ihr &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chenkt,</hi> </l><lb/>
                <l>Und man mit den reinen Tropfen, die &#x017F;o ku&#x0364;hl, wenns</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">warm, &#x017F;ich tra&#x0364;nkt.</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn wir hier, in &#x017F;tiller Ruh&#x2019;, &#x017F;o ver&#x017F;chiedner Lu&#x017F;t genie&#x017F;-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Sollt&#x2019; ein billiges GOtt Lob! &#x017F;ich aus un&#x017F;rer Bru&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ergie&#x017F;&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Und man &#x017F;ollte GOtt verehren, Der uns hier in die&#x017F;em</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Leben,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf &#x017F;o mannigfache Wei&#x017F;e, &#x017F;o ver&#x017F;chiedne Lu&#x017F;t gegeben.</l>
              </lg><lb/>
              <lg type="poem">
                <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Le Cercle.</hi> </hi> </head><lb/>
                <l>Eine Zirkel- runde Stelle, weit vom Umfang, und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">geraum,</hi> </l><lb/>
                <l>Deren &#x017F;cho&#x0364;ner Mittelpunct ein bejahrter Eichen-Baum,</l><lb/>
                <l>Bietet eine runde Bank gru&#x0364;ner Ra&#x017F;en uns zum Sitze,</l><lb/>
                <l>Und ein &#x017F;cho&#x0364;nes Bla&#x0364;tter-Zelt uns zum Schirm-Dach fu&#x0364;r</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die Hitze,</hi> </l><lb/>
                <l>Voller ku&#x0364;hlen Schatten, dar. Hier in die&#x017F;en holden</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schranken</hi> </l><lb/>
                <l>Dick-verwach&#x017F;ener Gebu&#x0364;&#x017F;che ko&#x0364;nnen ruhige Gedanken,</l><lb/>
                <l>Mit recht innigem Vergnu&#x0364;gen, unge&#x017F;to&#x0364;ret, wie &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Des allma&#x0364;chtig- wei&#x017F;en Scho&#x0364;pfers liebliches Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eh&#x2019;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Seine Liebe gleich&#x017F;am &#x017F;chmecken, und, im angenehmen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ku&#x0364;hlen,</hi> </l><lb/>
                <l>Seiner Creatur genie&#x017F;&#x017F;en, Seine Gu&#x0364;te gleich&#x017F;am fu&#x0364;hlen.</l><lb/>
                <l>Mo&#x0364;chte man Dem, welcher Gras, Laub und Kra&#x0364;uter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chuf, zum Prei&#x017F;e,</hi> </l><lb/>
                <l>Mit beruhigten Gedanken, hier in die&#x017F;em holden Krei&#x017F;e,</l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">Z 4</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0377] Zum Walde. Wenn die nah’ gelegne Quell’ uns ihr ſuͤſſes Waſſer ſchenkt, Und man mit den reinen Tropfen, die ſo kuͤhl, wenns warm, ſich traͤnkt. Wenn wir hier, in ſtiller Ruh’, ſo verſchiedner Luſt genieſ- ſen, Sollt’ ein billiges GOtt Lob! ſich aus unſrer Bruſt ergieſſen, Und man ſollte GOtt verehren, Der uns hier in dieſem Leben, Auf ſo mannigfache Weiſe, ſo verſchiedne Luſt gegeben. Le Cercle. Eine Zirkel- runde Stelle, weit vom Umfang, und geraum, Deren ſchoͤner Mittelpunct ein bejahrter Eichen-Baum, Bietet eine runde Bank gruͤner Raſen uns zum Sitze, Und ein ſchoͤnes Blaͤtter-Zelt uns zum Schirm-Dach fuͤr die Hitze, Voller kuͤhlen Schatten, dar. Hier in dieſen holden Schranken Dick-verwachſener Gebuͤſche koͤnnen ruhige Gedanken, Mit recht innigem Vergnuͤgen, ungeſtoͤret, wie ſo ſchoͤn, Des allmaͤchtig- weiſen Schoͤpfers liebliches Geſchoͤpfe, ſeh’n, Seine Liebe gleichſam ſchmecken, und, im angenehmen Kuͤhlen, Seiner Creatur genieſſen, Seine Guͤte gleichſam fuͤhlen. Moͤchte man Dem, welcher Gras, Laub und Kraͤuter ſchuf, zum Preiſe, Mit beruhigten Gedanken, hier in dieſem holden Kreiſe, Von Z 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/377
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/377>, abgerufen am 23.11.2024.