Hier scheinet der vorhandne GOtt ein ehrerbietiges Bemühen Von der Natur, in stiller Andacht, zu seinem Ruhm, sich zuzuziehen. Durch ein hier herrschend heil'ges Schrecken, das auf des Schöpfers Ehre zielt, Wird oft ein schaudrigtes Vergnügen auch in der Menschen Brust gefühlt, Das, in der sanft- empfundnen Lust, die Seele, welche mensch- lich denket, Auf aller Ding' und ihren Schöpfer, die allgemeine Gottheit, lenket. Wie denn wahrhaftig in den Seelen der Menschen ein Gefühl zu finden Für GOtt in seinen Creaturen, wenn wir ihm nur nicht widerstünden Durch andre eitele Gedanken, durch Leidenschaft, Unacht- samkeit, Wodurch die in dem Geist vorhandne so sanfte Regung sich zerstreut. Wenn aber die gewogne Gottheit mir, durch ein innres süsses Rühren Und einen sanften heil'gen Eindruck, läßt seine Gegenwart verspühren; Wie wenig acht' ich denn der Menschen Vergnügen, es ist sonder Kraft, Die reizendsten Ergetzlichkeiten sind, bey der Anmuht, unschmackhaft. Welch eine Wonne rührt das Herz, welch eine Stille füllt die Seele Mit inniger Zufriedenheit! Sie fühlet, daß ihr nichtes fehle.
Bey
Die, in goͤttlichen Werken,
Hier ſcheinet der vorhandne GOtt ein ehrerbietiges Bemuͤhen Von der Natur, in ſtiller Andacht, zu ſeinem Ruhm, ſich zuzuziehen. Durch ein hier herrſchend heil’ges Schrecken, das auf des Schoͤpfers Ehre zielt, Wird oft ein ſchaudrigtes Vergnuͤgen auch in der Menſchen Bruſt gefuͤhlt, Das, in der ſanft- empfundnen Luſt, die Seele, welche menſch- lich denket, Auf aller Ding’ und ihren Schoͤpfer, die allgemeine Gottheit, lenket. Wie denn wahrhaftig in den Seelen der Menſchen ein Gefuͤhl zu finden Fuͤr GOtt in ſeinen Creaturen, wenn wir ihm nur nicht widerſtuͤnden Durch andre eitele Gedanken, durch Leidenſchaft, Unacht- ſamkeit, Wodurch die in dem Geiſt vorhandne ſo ſanfte Regung ſich zerſtreut. Wenn aber die gewogne Gottheit mir, durch ein innres ſuͤſſes Ruͤhren Und einen ſanften heil’gen Eindruck, laͤßt ſeine Gegenwart verſpuͤhren; Wie wenig acht’ ich denn der Menſchen Vergnuͤgen, es iſt ſonder Kraft, Die reizendſten Ergetzlichkeiten ſind, bey der Anmuht, unſchmackhaft. Welch eine Wonne ruͤhrt das Herz, welch eine Stille fuͤllt die Seele Mit inniger Zufriedenheit! Sie fuͤhlet, daß ihr nichtes fehle.
Bey
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[304/0322]
Die, in goͤttlichen Werken,
Hier ſcheinet der vorhandne GOtt ein ehrerbietiges
Bemuͤhen
Von der Natur, in ſtiller Andacht, zu ſeinem Ruhm, ſich
zuzuziehen.
Durch ein hier herrſchend heil’ges Schrecken, das auf des
Schoͤpfers Ehre zielt,
Wird oft ein ſchaudrigtes Vergnuͤgen auch in der Menſchen
Bruſt gefuͤhlt,
Das, in der ſanft- empfundnen Luſt, die Seele, welche menſch-
lich denket,
Auf aller Ding’ und ihren Schoͤpfer, die allgemeine Gottheit,
lenket.
Wie denn wahrhaftig in den Seelen der Menſchen ein
Gefuͤhl zu finden
Fuͤr GOtt in ſeinen Creaturen, wenn wir ihm nur nicht
widerſtuͤnden
Durch andre eitele Gedanken, durch Leidenſchaft, Unacht-
ſamkeit,
Wodurch die in dem Geiſt vorhandne ſo ſanfte Regung ſich
zerſtreut.
Wenn aber die gewogne Gottheit mir, durch ein innres
ſuͤſſes Ruͤhren
Und einen ſanften heil’gen Eindruck, laͤßt ſeine Gegenwart
verſpuͤhren;
Wie wenig acht’ ich denn der Menſchen Vergnuͤgen, es iſt
ſonder Kraft,
Die reizendſten Ergetzlichkeiten ſind, bey der Anmuht,
unſchmackhaft.
Welch eine Wonne ruͤhrt das Herz, welch eine Stille fuͤllt die
Seele
Mit inniger Zufriedenheit! Sie fuͤhlet, daß ihr nichtes
fehle.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/322>, abgerufen am 24.11.2024.
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