Ja wie, da alle grossen Werke aus Kleinigkeiten bloß besteh'n, Wir, in Betrachtungen der Kleinheit, fast Gott am würdigsten erhöh'n.
Was alle Künstler der Music mit allen ihren Jnstru- menten, Zu des Gehörs Belustigung, bisher für uns erfinden könnten, Reicht an die reine Süßigkeit, die aus der Vögel Schnäbeln bricht, An Zärtlichkeit, an scharfer Schönheit, Veränderung und Liebreiz, nicht. Es wirbeld oft ein klingend R in ihrer Kehl', ein zuckend Singen, Ein flötend Schmatzen wissen sie vereint zugleich hervorzu- bringen. Sie können, bey gesenkten, hohlen und tiefen Tönen, helle pfeifen. Sie sind geschickt, fast unbegreiflich, in runden abgesetzten Läufen, Die rollende geschwinde Töne zugleich zu dehnen und zu schleifen. Es locket, zwitschert, schlägt und gurgelt, bald steigend, bald im holden Fall, Mit tausendfältigen Manieren, der tausendfach formierte Schall. Wenn wir demnach, wie Menschen, denken, und unsre Pflicht erfüllen wollen; So müssen wir vernünftig hören, uns an dem süssen Klang vergnügen, Zu unsrer Lust das Danken fügen, Und für die Anmuht des Gehörs dem Geber unsre Freude zollen.
ARIA.
Geſang der Voͤgel.
Ja wie, da alle groſſen Werke aus Kleinigkeiten bloß beſteh’n, Wir, in Betrachtungen der Kleinheit, faſt Gott am wuͤrdigſten erhoͤh’n.
Was alle Kuͤnſtler der Muſic mit allen ihren Jnſtru- menten, Zu des Gehoͤrs Beluſtigung, bisher fuͤr uns erfinden koͤnnten, Reicht an die reine Suͤßigkeit, die aus der Voͤgel Schnaͤbeln bricht, An Zaͤrtlichkeit, an ſcharfer Schoͤnheit, Veraͤnderung und Liebreiz, nicht. Es wirbeld oft ein klingend R in ihrer Kehl’, ein zuckend Singen, Ein floͤtend Schmatzen wiſſen ſie vereint zugleich hervorzu- bringen. Sie koͤnnen, bey geſenkten, hohlen und tiefen Toͤnen, helle pfeifen. Sie ſind geſchickt, faſt unbegreiflich, in runden abgeſetzten Laͤufen, Die rollende geſchwinde Toͤne zugleich zu dehnen und zu ſchleifen. Es locket, zwitſchert, ſchlaͤgt und gurgelt, bald ſteigend, bald im holden Fall, Mit tauſendfaͤltigen Manieren, der tauſendfach formierte Schall. Wenn wir demnach, wie Menſchen, denken, und unſre Pflicht erfuͤllen wollen; So muͤſſen wir vernuͤnftig hoͤren, uns an dem ſuͤſſen Klang vergnuͤgen, Zu unſrer Luſt das Danken fuͤgen, Und fuͤr die Anmuht des Gehoͤrs dem Geber unſre Freude zollen.
ARIA.
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Geſang der Voͤgel.
Ja wie, da alle groſſen Werke aus Kleinigkeiten bloß
beſteh’n,
Wir, in Betrachtungen der Kleinheit, faſt Gott am
wuͤrdigſten erhoͤh’n.
Was alle Kuͤnſtler der Muſic mit allen ihren Jnſtru-
menten,
Zu des Gehoͤrs Beluſtigung, bisher fuͤr uns erfinden koͤnnten,
Reicht an die reine Suͤßigkeit, die aus der Voͤgel Schnaͤbeln
bricht,
An Zaͤrtlichkeit, an ſcharfer Schoͤnheit, Veraͤnderung und
Liebreiz, nicht.
Es wirbeld oft ein klingend R in ihrer Kehl’, ein zuckend
Singen,
Ein floͤtend Schmatzen wiſſen ſie vereint zugleich hervorzu-
bringen.
Sie koͤnnen, bey geſenkten, hohlen und tiefen Toͤnen, helle
pfeifen.
Sie ſind geſchickt, faſt unbegreiflich, in runden abgeſetzten
Laͤufen,
Die rollende geſchwinde Toͤne zugleich zu dehnen und zu
ſchleifen.
Es locket, zwitſchert, ſchlaͤgt und gurgelt, bald ſteigend, bald
im holden Fall,
Mit tauſendfaͤltigen Manieren, der tauſendfach formierte
Schall.
Wenn wir demnach, wie Menſchen, denken, und unſre Pflicht
erfuͤllen wollen;
So muͤſſen wir vernuͤnftig hoͤren, uns an dem ſuͤſſen Klang
vergnuͤgen,
Zu unſrer Luſt das Danken fuͤgen,
Und fuͤr die Anmuht des Gehoͤrs dem Geber unſre Freude
zollen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/305>, abgerufen am 23.11.2024.
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