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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

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Vom Neuen-Werk.
Auf der nicht abzusehnden Breite,
Bald groß und deutlich, wenn sie nah, bald klein und
dunkel in die Weite;
Vermögte sich an dem Spectakel des Reichs der Wellen, das
so schön,
Der Blick, bald durch ein Perspectiv, bald unbewehrt, nicht
satt zu seh'n.
Es schien, ob wollte fast darüber der Geist sich von den
Blicken trennen,
Er faßte nicht, wie Schiff' auf Bergen, die so erhaben, fahren
können.
Am allerunbegreiflichsten ist, daß, wenn man von oben sieht,
Sich der sapphirnen Fluhten Cirkel rings um die ganze
Jnsel zieht.
Man sucht umsonst so Pfad als Weg, worauf man in dieß
Land gekommen,
Zur Abfahrt scheinet ebenfalls so Pfad als Weg uns aufge-
nommen.
Wo, noch vor kurzem, Wagen rollten, wo manches Pferd
beritten liefe,
Sieht man sich itzo Wellen rollen, rauscht überall die blaue
Tiefe.
Die Aecker, die in ebner Länge, zusammt dem fast smaragdnen
Grünen
Der bunten Bluhmen-reichen Wiesen, illuminirte Carten
schienen,
Sind, von des Thurms erhabnen Höhe, bey jenem fast
sapphirnen Blauen
Des ungemeßnen Wasser-Reichs, um desto schöner noch zu
schauen.
Ob
S 5
Vom Neuen-Werk.
Auf der nicht abzuſehnden Breite,
Bald groß und deutlich, wenn ſie nah, bald klein und
dunkel in die Weite;
Vermoͤgte ſich an dem Spectakel des Reichs der Wellen, das
ſo ſchoͤn,
Der Blick, bald durch ein Perſpectiv, bald unbewehrt, nicht
ſatt zu ſeh’n.
Es ſchien, ob wollte faſt daruͤber der Geiſt ſich von den
Blicken trennen,
Er faßte nicht, wie Schiff’ auf Bergen, die ſo erhaben, fahren
koͤnnen.
Am allerunbegreiflichſten iſt, daß, wenn man von oben ſieht,
Sich der ſapphirnen Fluhten Cirkel rings um die ganze
Jnſel zieht.
Man ſucht umſonſt ſo Pfad als Weg, worauf man in dieß
Land gekommen,
Zur Abfahrt ſcheinet ebenfalls ſo Pfad als Weg uns aufge-
nommen.
Wo, noch vor kurzem, Wagen rollten, wo manches Pferd
beritten liefe,
Sieht man ſich itzo Wellen rollen, rauſcht uͤberall die blaue
Tiefe.
Die Aecker, die in ebner Laͤnge, zuſammt dem faſt ſmaragdnen
Gruͤnen
Der bunten Bluhmen-reichen Wieſen, illuminirte Carten
ſchienen,
Sind, von des Thurms erhabnen Hoͤhe, bey jenem faſt
ſapphirnen Blauen
Des ungemeßnen Waſſer-Reichs, um deſto ſchoͤner noch zu
ſchauen.
Ob
S 5
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[281/0299] Vom Neuen-Werk. Auf der nicht abzuſehnden Breite, Bald groß und deutlich, wenn ſie nah, bald klein und dunkel in die Weite; Vermoͤgte ſich an dem Spectakel des Reichs der Wellen, das ſo ſchoͤn, Der Blick, bald durch ein Perſpectiv, bald unbewehrt, nicht ſatt zu ſeh’n. Es ſchien, ob wollte faſt daruͤber der Geiſt ſich von den Blicken trennen, Er faßte nicht, wie Schiff’ auf Bergen, die ſo erhaben, fahren koͤnnen. Am allerunbegreiflichſten iſt, daß, wenn man von oben ſieht, Sich der ſapphirnen Fluhten Cirkel rings um die ganze Jnſel zieht. Man ſucht umſonſt ſo Pfad als Weg, worauf man in dieß Land gekommen, Zur Abfahrt ſcheinet ebenfalls ſo Pfad als Weg uns aufge- nommen. Wo, noch vor kurzem, Wagen rollten, wo manches Pferd beritten liefe, Sieht man ſich itzo Wellen rollen, rauſcht uͤberall die blaue Tiefe. Die Aecker, die in ebner Laͤnge, zuſammt dem faſt ſmaragdnen Gruͤnen Der bunten Bluhmen-reichen Wieſen, illuminirte Carten ſchienen, Sind, von des Thurms erhabnen Hoͤhe, bey jenem faſt ſapphirnen Blauen Des ungemeßnen Waſſer-Reichs, um deſto ſchoͤner noch zu ſchauen. Ob S 5

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/299>, abgerufen am 24.11.2024.