Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Neuen-Werk.
Der durch die runde Fern und Weite der Fluht und Luft
verschlungne Blick
Eilt, sonder Grenzen, immer fort, und muß doch, sonder Ziel,
zurück.
Hier sieht man durch ein Perspectiv, wenns Wetter klar ist,
mit Vergnügen,
Den auf neun Meil entfernten Felsen von Helgeland in
Wellen liegen.
Die ungewisse blaue Höhe scheint in den Wolken fast zu
stehn,
Man kann es hier (so wie mans nennet) sich in die Höhe
tundern sehn.
Nun ist der Grund von dieser Jnsel besonders eben, platt
und flach,
Und strecket sich, fast unvermerkt, bis an das Wasser all-
gemach,
So hier von einer solchen Breite, daß auch die allerschärfsten
Augen
Kein' andre Schranken hier zu finden, und keinen Strand zu
sehen taugen.
Es läßt, als ob die blaue Luft auf der noch dunkler blauen
Fluht,
Jn einem ungemeßnen Cirkel, der sonder Grenzen, liegt und
ruht.
Die grosse Breite des Gewässers scheint hier sich gleichsam
zu erhöhen,
Und der zuletzt gesehne Strich vom Wasser aufwerts mehr
zu stehen,
Als der, so unserm Strande nah. Es scheint daher das
Wasser-Reich,
Zumahl bey klarer Luft, allhier natürlich einem Berge gleich,
Der
S 4
Vom Neuen-Werk.
Der durch die runde Fern und Weite der Fluht und Luft
verſchlungne Blick
Eilt, ſonder Grenzen, immer fort, und muß doch, ſonder Ziel,
zuruͤck.
Hier ſieht man durch ein Perſpectiv, wenns Wetter klar iſt,
mit Vergnuͤgen,
Den auf neun Meil entfernten Felſen von Helgeland in
Wellen liegen.
Die ungewiſſe blaue Hoͤhe ſcheint in den Wolken faſt zu
ſtehn,
Man kann es hier (ſo wie mans nennet) ſich in die Hoͤhe
tundern ſehn.
Nun iſt der Grund von dieſer Jnſel beſonders eben, platt
und flach,
Und ſtrecket ſich, faſt unvermerkt, bis an das Waſſer all-
gemach,
So hier von einer ſolchen Breite, daß auch die allerſchaͤrfſten
Augen
Kein’ andre Schranken hier zu finden, und keinen Strand zu
ſehen taugen.
Es laͤßt, als ob die blaue Luft auf der noch dunkler blauen
Fluht,
Jn einem ungemeßnen Cirkel, der ſonder Grenzen, liegt und
ruht.
Die groſſe Breite des Gewaͤſſers ſcheint hier ſich gleichſam
zu erhoͤhen,
Und der zuletzt geſehne Strich vom Waſſer aufwerts mehr
zu ſtehen,
Als der, ſo unſerm Strande nah. Es ſcheint daher das
Waſſer-Reich,
Zumahl bey klarer Luft, allhier natuͤrlich einem Berge gleich,
Der
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0297" n="279"/>
              <fw place="top" type="header">Vom Neuen-Werk.</fw><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Der durch die runde Fern und Weite der Fluht und Luft</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ver&#x017F;chlungne Blick</hi> </l><lb/>
                <l>Eilt, &#x017F;onder Grenzen, immer fort, und muß doch, &#x017F;onder Ziel,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zuru&#x0364;ck.</hi> </l><lb/>
                <l>Hier &#x017F;ieht man durch ein Per&#x017F;pectiv, wenns Wetter klar i&#x017F;t,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mit Vergnu&#x0364;gen,</hi> </l><lb/>
                <l>Den auf neun Meil entfernten Fel&#x017F;en von <hi rendition="#fr">Helgeland</hi> in</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wellen liegen.</hi> </l><lb/>
                <l>Die ungewi&#x017F;&#x017F;e blaue Ho&#x0364;he &#x017F;cheint in den Wolken fa&#x017F;t zu</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tehn,</hi> </l><lb/>
                <l>Man kann es hier (&#x017F;o wie mans nennet) &#x017F;ich in die Ho&#x0364;he</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">tundern &#x017F;ehn.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Nun i&#x017F;t der Grund von die&#x017F;er Jn&#x017F;el be&#x017F;onders eben, platt</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und flach,</hi> </l><lb/>
                <l>Und &#x017F;trecket &#x017F;ich, fa&#x017F;t unvermerkt, bis an das Wa&#x017F;&#x017F;er all-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gemach,</hi> </l><lb/>
                <l>So hier von einer &#x017F;olchen Breite, daß auch die aller&#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Augen</hi> </l><lb/>
                <l>Kein&#x2019; andre Schranken hier zu finden, und keinen Strand zu</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ehen taugen.</hi> </l><lb/>
                <l>Es la&#x0364;ßt, als ob die blaue Luft auf der noch dunkler blauen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Fluht,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn einem ungemeßnen Cirkel, der &#x017F;onder Grenzen, liegt und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ruht.</hi> </l><lb/>
                <l>Die gro&#x017F;&#x017F;e Breite des Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ers &#x017F;cheint hier &#x017F;ich gleich&#x017F;am</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu erho&#x0364;hen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und der zuletzt ge&#x017F;ehne Strich vom Wa&#x017F;&#x017F;er aufwerts mehr</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu &#x017F;tehen,</hi> </l><lb/>
                <l>Als der, &#x017F;o un&#x017F;erm Strande nah. Es &#x017F;cheint daher das</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wa&#x017F;&#x017F;er-Reich,</hi> </l><lb/>
                <l>Zumahl bey klarer Luft, allhier natu&#x0364;rlich einem Berge gleich,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">S 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0297] Vom Neuen-Werk. Der durch die runde Fern und Weite der Fluht und Luft verſchlungne Blick Eilt, ſonder Grenzen, immer fort, und muß doch, ſonder Ziel, zuruͤck. Hier ſieht man durch ein Perſpectiv, wenns Wetter klar iſt, mit Vergnuͤgen, Den auf neun Meil entfernten Felſen von Helgeland in Wellen liegen. Die ungewiſſe blaue Hoͤhe ſcheint in den Wolken faſt zu ſtehn, Man kann es hier (ſo wie mans nennet) ſich in die Hoͤhe tundern ſehn. Nun iſt der Grund von dieſer Jnſel beſonders eben, platt und flach, Und ſtrecket ſich, faſt unvermerkt, bis an das Waſſer all- gemach, So hier von einer ſolchen Breite, daß auch die allerſchaͤrfſten Augen Kein’ andre Schranken hier zu finden, und keinen Strand zu ſehen taugen. Es laͤßt, als ob die blaue Luft auf der noch dunkler blauen Fluht, Jn einem ungemeßnen Cirkel, der ſonder Grenzen, liegt und ruht. Die groſſe Breite des Gewaͤſſers ſcheint hier ſich gleichſam zu erhoͤhen, Und der zuletzt geſehne Strich vom Waſſer aufwerts mehr zu ſtehen, Als der, ſo unſerm Strande nah. Es ſcheint daher das Waſſer-Reich, Zumahl bey klarer Luft, allhier natuͤrlich einem Berge gleich, Der S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/297
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/297>, abgerufen am 27.11.2024.