Leicht wird, durch einen Trauer-Fall, Das, was uns lieb, zur Gruft gebracht. Jtzt sitz ich mitten im Vergnügen; allein wie schnell kann es geschehen, Daß von der Anmuht, die mich rühret, wir Wechsel und Verändrung sehen! Ja wenn ich auch so glücklich wär', sie Jahren-lang noch zu behalten; So würden wir, und ich zumahl, in nicht gar langer Zeit veralten, Und, wo sie mich nicht, ich doch sie, verlieren müssen. Dieses Denken. Fing an, recht mitten in der Lust, in Traurigkeit mich zu versenken, So, daß sogar die helle Stimme, das angenehmste Sai- ten-Spiel, Vom ersten Reiz sehr viel verlohr, und mir viel weniger gefiel.
Allein der schwarze Gram verschwand, so bald ich mich nur recht besann; Es stimmten meine Kinder eben von ungefehr dieß Lied- chen an:
Es ist nur dieß ein wahres Leben, Auf alle Schönheit Achtung geben Jn der durch GOtt geschmückten Welt. Was Seine Lieb' uns wollen zeigen, Wird uns, nur bloß im Denken, eigen, Und Jhm gefällt, wenns uns gefällt.
Laßt
7 Theil. P
entſtandene und vertriebene Traurigkeit.
Leicht wird, durch einen Trauer-Fall, Das, was uns lieb, zur Gruft gebracht. Jtzt ſitz ich mitten im Vergnuͤgen; allein wie ſchnell kann es geſchehen, Daß von der Anmuht, die mich ruͤhret, wir Wechſel und Veraͤndrung ſehen! Ja wenn ich auch ſo gluͤcklich waͤr’, ſie Jahren-lang noch zu behalten; So wuͤrden wir, und ich zumahl, in nicht gar langer Zeit veralten, Und, wo ſie mich nicht, ich doch ſie, verlieren muͤſſen. Dieſes Denken. Fing an, recht mitten in der Luſt, in Traurigkeit mich zu verſenken, So, daß ſogar die helle Stimme, das angenehmſte Sai- ten-Spiel, Vom erſten Reiz ſehr viel verlohr, und mir viel weniger gefiel.
Allein der ſchwarze Gram verſchwand, ſo bald ich mich nur recht beſann; Es ſtimmten meine Kinder eben von ungefehr dieß Lied- chen an:
Es iſt nur dieß ein wahres Leben, Auf alle Schoͤnheit Achtung geben Jn der durch GOtt geſchmuͤckten Welt. Was Seine Lieb’ uns wollen zeigen, Wird uns, nur bloß im Denken, eigen, Und Jhm gefaͤllt, wenns uns gefaͤllt.
Laßt
7 Theil. P
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entſtandene und vertriebene Traurigkeit.
Leicht wird, durch einen Trauer-Fall,
Das, was uns lieb, zur Gruft gebracht.
Jtzt ſitz ich mitten im Vergnuͤgen; allein wie ſchnell kann
es geſchehen,
Daß von der Anmuht, die mich ruͤhret, wir Wechſel und
Veraͤndrung ſehen!
Ja wenn ich auch ſo gluͤcklich waͤr’, ſie Jahren-lang noch
zu behalten;
So wuͤrden wir, und ich zumahl, in nicht gar langer
Zeit veralten,
Und, wo ſie mich nicht, ich doch ſie, verlieren muͤſſen.
Dieſes Denken.
Fing an, recht mitten in der Luſt, in Traurigkeit mich zu
verſenken,
So, daß ſogar die helle Stimme, das angenehmſte Sai-
ten-Spiel,
Vom erſten Reiz ſehr viel verlohr, und mir viel weniger
gefiel.
Allein der ſchwarze Gram verſchwand, ſo bald ich mich
nur recht beſann;
Es ſtimmten meine Kinder eben von ungefehr dieß Lied-
chen an:
Es iſt nur dieß ein wahres Leben,
Auf alle Schoͤnheit Achtung geben
Jn der durch GOtt geſchmuͤckten Welt.
Was Seine Lieb’ uns wollen zeigen,
Wird uns, nur bloß im Denken, eigen,
Und Jhm gefaͤllt, wenns uns gefaͤllt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/243>, abgerufen am 24.11.2024.
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