Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Das reifende Getrayde.
Mit einer innern Lust und Freude
Beschau ich täglich mein Getrayde,
Das heuer so vortrefflich steht,
Daß mancher, dem es nicht gehört,
Doch öfters GOtt bewundernd ehrt,
Und Jhn, durch ein GOtt Lob! erhöht.
Noch neulich sah ein Ackersmann
Bewundernd diesen Segen an,
Und sprach: Daß er sich unterstünde,
Zu wetten, daß auf hundert Meilen,
Jn allen ganz vollkommnen Theilen,
Man keinen bessern Rocken fünde.
Der Halm ist hoch, die Aehre groß,
Das Korn ist grob und ganz fast bloß,
Jndem die Eiden * von den Winden
Sich meistens abgerieben finden.
Die Körner glimmen recht und glänzen,
Durch die Behälter, welche sie,
Nicht ohne Müh,
Annoch begrenzen.
Durch ihre Grösse sind die Hülsen recht gedrengt,
Und scheinen gleichsam aufgesprengt,
So, daß man öfters nichts, als die fast güldne Saat,
So eng' gepreßt, als Körner im Granat,
An lauter grossen Aehren siehet.
Die Körner sitzen im Quadrat,
Und
* Der Landmann nennet die äusserste Spitze der Hülse,
welche das Korn einschliesset, die Eiden.
Das reifende Getrayde.
Mit einer innern Luſt und Freude
Beſchau ich taͤglich mein Getrayde,
Das heuer ſo vortrefflich ſteht,
Daß mancher, dem es nicht gehoͤrt,
Doch oͤfters GOtt bewundernd ehrt,
Und Jhn, durch ein GOtt Lob! erhoͤht.
Noch neulich ſah ein Ackersmann
Bewundernd dieſen Segen an,
Und ſprach: Daß er ſich unterſtuͤnde,
Zu wetten, daß auf hundert Meilen,
Jn allen ganz vollkommnen Theilen,
Man keinen beſſern Rocken fuͤnde.
Der Halm iſt hoch, die Aehre groß,
Das Korn iſt grob und ganz faſt bloß,
Jndem die Eiden * von den Winden
Sich meiſtens abgerieben finden.
Die Koͤrner glimmen recht und glaͤnzen,
Durch die Behaͤlter, welche ſie,
Nicht ohne Muͤh,
Annoch begrenzen.
Durch ihre Groͤſſe ſind die Huͤlſen recht gedrengt,
Und ſcheinen gleichſam aufgeſprengt,
So, daß man oͤfters nichts, als die faſt guͤldne Saat,
So eng’ gepreßt, als Koͤrner im Granat,
An lauter groſſen Aehren ſiehet.
Die Koͤrner ſitzen im Quadrat,
Und
* Der Landmann nennet die aͤuſſerſte Spitze der Huͤlſe,
welche das Korn einſchlieſſet, die Eiden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0239" n="221"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Das reifende Getrayde.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">M</hi>it einer innern Lu&#x017F;t und Freude</l><lb/>
                <l>Be&#x017F;chau ich ta&#x0364;glich mein Getrayde,</l><lb/>
                <l>Das heuer &#x017F;o vortrefflich &#x017F;teht,</l><lb/>
                <l>Daß mancher, dem es nicht geho&#x0364;rt,</l><lb/>
                <l>Doch o&#x0364;fters GOtt bewundernd ehrt,</l><lb/>
                <l>Und Jhn, durch ein GOtt Lob! erho&#x0364;ht.</l><lb/>
                <l>Noch neulich &#x017F;ah ein Ackersmann</l><lb/>
                <l>Bewundernd die&#x017F;en Segen an,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;prach: Daß er &#x017F;ich unter&#x017F;tu&#x0364;nde,</l><lb/>
                <l>Zu wetten, daß auf hundert Meilen,</l><lb/>
                <l>Jn allen ganz vollkommnen Theilen,</l><lb/>
                <l>Man keinen be&#x017F;&#x017F;ern Rocken fu&#x0364;nde.</l><lb/>
                <l>Der Halm i&#x017F;t hoch, die Aehre groß,</l><lb/>
                <l>Das Korn i&#x017F;t grob und ganz fa&#x017F;t bloß,</l><lb/>
                <l>Jndem die <hi rendition="#fr">Eiden</hi> <note place="foot" n="*">Der Landmann nennet die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Spitze der Hu&#x0364;l&#x017F;e,<lb/>
welche das Korn ein&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et, die <hi rendition="#fr">Eiden.</hi></note> von den Winden</l><lb/>
                <l>Sich mei&#x017F;tens abgerieben finden.</l><lb/>
                <l>Die Ko&#x0364;rner glimmen recht und gla&#x0364;nzen,</l><lb/>
                <l>Durch die Beha&#x0364;lter, welche &#x017F;ie,</l><lb/>
                <l>Nicht ohne Mu&#x0364;h,</l><lb/>
                <l>Annoch begrenzen.</l><lb/>
                <l>Durch ihre Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind die Hu&#x0364;l&#x017F;en recht gedrengt,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;cheinen gleich&#x017F;am aufge&#x017F;prengt,</l><lb/>
                <l>So, daß man o&#x0364;fters nichts, als die fa&#x017F;t gu&#x0364;ldne Saat,</l><lb/>
                <l>So eng&#x2019; gepreßt, als Ko&#x0364;rner im Granat,</l><lb/>
                <l>An lauter gro&#x017F;&#x017F;en Aehren &#x017F;iehet.</l><lb/>
                <l>Die Ko&#x0364;rner &#x017F;itzen im Quadrat,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0239] Das reifende Getrayde. Mit einer innern Luſt und Freude Beſchau ich taͤglich mein Getrayde, Das heuer ſo vortrefflich ſteht, Daß mancher, dem es nicht gehoͤrt, Doch oͤfters GOtt bewundernd ehrt, Und Jhn, durch ein GOtt Lob! erhoͤht. Noch neulich ſah ein Ackersmann Bewundernd dieſen Segen an, Und ſprach: Daß er ſich unterſtuͤnde, Zu wetten, daß auf hundert Meilen, Jn allen ganz vollkommnen Theilen, Man keinen beſſern Rocken fuͤnde. Der Halm iſt hoch, die Aehre groß, Das Korn iſt grob und ganz faſt bloß, Jndem die Eiden * von den Winden Sich meiſtens abgerieben finden. Die Koͤrner glimmen recht und glaͤnzen, Durch die Behaͤlter, welche ſie, Nicht ohne Muͤh, Annoch begrenzen. Durch ihre Groͤſſe ſind die Huͤlſen recht gedrengt, Und ſcheinen gleichſam aufgeſprengt, So, daß man oͤfters nichts, als die faſt guͤldne Saat, So eng’ gepreßt, als Koͤrner im Granat, An lauter groſſen Aehren ſiehet. Die Koͤrner ſitzen im Quadrat, Und * Der Landmann nennet die aͤuſſerſte Spitze der Huͤlſe, welche das Korn einſchlieſſet, die Eiden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/239
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/239>, abgerufen am 03.12.2024.