Wird früh, so bald es angestrahlt, erregt, allmählig ausge- breitet, Durch die Bewegung in der Luft wird uns ein kühler Wind bereitet, Der, da er andre Bläschen trifft, dieselben allgemach bewegt, Da denn der frische Dunst der Luft sich sanft zu uns herunter schlägt, Als eine Milch die Pflanzen säugt, die Bluhmen, Gras und Kräuter nähret, Die Felder netzt, die Erde tränkt, und ihnen Oel und Salz gewähret.
Doch dürfen wir von diesen Schätzen nicht bloß nur auf den Nutzen sehn; Bemerkt, wie das, so sie begleitet, zugleich so lieblich und so schön. Jch seh' den ganzen Horizont sich gleichsam unvermerkt entzünden Jn einer licht- und holden Röhte. Mit den erhabnen Wolken binden Sich helle Farben, Licht und Glanz, so, daß derselben dickste Grenzen, Von einem güldnen Saum umgeben, in Silber-reinem Schimmer glänzen. Die leichten Dünste, die im Osten sanft schweben, oft auch stille stehn, Sind öfters, wie das schönste Gold vermischt mit Rosen, anzusehn. Das durch des Thaues Feuchtigkeit gebrochne Grün der Felder scheinet, Als wär' ein Perlen ähnlich Weiß mit ihrer dunklen Pracht vereinet.
Wie
Die Morgen-Roͤhte.
Wird fruͤh, ſo bald es angeſtrahlt, erregt, allmaͤhlig ausge- breitet, Durch die Bewegung in der Luft wird uns ein kuͤhler Wind bereitet, Der, da er andre Blaͤschen trifft, dieſelben allgemach bewegt, Da denn der friſche Dunſt der Luft ſich ſanft zu uns herunter ſchlaͤgt, Als eine Milch die Pflanzen ſaͤugt, die Bluhmen, Gras und Kraͤuter naͤhret, Die Felder netzt, die Erde traͤnkt, und ihnen Oel und Salz gewaͤhret.
Doch duͤrfen wir von dieſen Schaͤtzen nicht bloß nur auf den Nutzen ſehn; Bemerkt, wie das, ſo ſie begleitet, zugleich ſo lieblich und ſo ſchoͤn. Jch ſeh’ den ganzen Horizont ſich gleichſam unvermerkt entzuͤnden Jn einer licht- und holden Roͤhte. Mit den erhabnen Wolken binden Sich helle Farben, Licht und Glanz, ſo, daß derſelben dickſte Grenzen, Von einem guͤldnen Saum umgeben, in Silber-reinem Schimmer glaͤnzen. Die leichten Duͤnſte, die im Oſten ſanft ſchweben, oft auch ſtille ſtehn, Sind oͤfters, wie das ſchoͤnſte Gold vermiſcht mit Roſen, anzuſehn. Das durch des Thaues Feuchtigkeit gebrochne Gruͤn der Felder ſcheinet, Als waͤr’ ein Perlen aͤhnlich Weiß mit ihrer dunklen Pracht vereinet.
Wie
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Die Morgen-Roͤhte.
Wird fruͤh, ſo bald es angeſtrahlt, erregt, allmaͤhlig ausge-
breitet,
Durch die Bewegung in der Luft wird uns ein kuͤhler Wind
bereitet,
Der, da er andre Blaͤschen trifft, dieſelben allgemach bewegt,
Da denn der friſche Dunſt der Luft ſich ſanft zu uns herunter
ſchlaͤgt,
Als eine Milch die Pflanzen ſaͤugt, die Bluhmen, Gras und
Kraͤuter naͤhret,
Die Felder netzt, die Erde traͤnkt, und ihnen Oel und Salz
gewaͤhret.
Doch duͤrfen wir von dieſen Schaͤtzen nicht bloß nur auf
den Nutzen ſehn;
Bemerkt, wie das, ſo ſie begleitet, zugleich ſo lieblich und ſo
ſchoͤn.
Jch ſeh’ den ganzen Horizont ſich gleichſam unvermerkt
entzuͤnden
Jn einer licht- und holden Roͤhte. Mit den erhabnen
Wolken binden
Sich helle Farben, Licht und Glanz, ſo, daß derſelben
dickſte Grenzen,
Von einem guͤldnen Saum umgeben, in Silber-reinem
Schimmer glaͤnzen.
Die leichten Duͤnſte, die im Oſten ſanft ſchweben, oft auch
ſtille ſtehn,
Sind oͤfters, wie das ſchoͤnſte Gold vermiſcht mit Roſen,
anzuſehn.
Das durch des Thaues Feuchtigkeit gebrochne Gruͤn der
Felder ſcheinet,
Als waͤr’ ein Perlen aͤhnlich Weiß mit ihrer dunklen Pracht
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/226>, abgerufen am 24.11.2024.
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