Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Anhang zur Wiese.
Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns so speisen
als auch kleiden,
Sind für die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von
unsern Weiden.
Wer ist, der dieses Wunder faßt, wie nemlich Gras die
Thiere nähre,
Wie sich sein bitt'rer strenger Saft in Fleisch und süsse
Milch verkehre,
Und wie es einem muntern Pferde so viele Stärk' und
Kraft gewähre?
Versuch es jemand und zerquetsche das Gras, filtrire,
preß', zerdrücke,
Ja koch' und distillir' es gar, ob sichs nur einst zur Suppe
schicke,
Die eßbar ist, da in den Eitern der Küh' es lieblich zuge-
schickt
Und wunderbar bereitet wird, daß es uns nähret und
erquickt.
Mit diesem Wunder geht es nun so, wie es mit den
meisten Werken
Des liebreich-weisen Schöpfers geht,
Daß wir darauf so wenig merken,
Weil es, ohn unsre Sorge, Müh und Fleiß, ganz von
sich selbst entsteht,
Recht unter unsern Füssen wächst, da doch daran so viel
gelegen,
Da es ein unvermißlichs Gut und ein so wunderbarer
Segen,
Daß,
Anhang zur Wieſe.
Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns ſo ſpeiſen
als auch kleiden,
Sind fuͤr die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von
unſern Weiden.
Wer iſt, der dieſes Wunder faßt, wie nemlich Gras die
Thiere naͤhre,
Wie ſich ſein bitt’rer ſtrenger Saft in Fleiſch und ſuͤſſe
Milch verkehre,
Und wie es einem muntern Pferde ſo viele Staͤrk’ und
Kraft gewaͤhre?
Verſuch es jemand und zerquetſche das Gras, filtrire,
preß’, zerdruͤcke,
Ja koch’ und diſtillir’ es gar, ob ſichs nur einſt zur Suppe
ſchicke,
Die eßbar iſt, da in den Eitern der Kuͤh’ es lieblich zuge-
ſchickt
Und wunderbar bereitet wird, daß es uns naͤhret und
erquickt.
Mit dieſem Wunder geht es nun ſo, wie es mit den
meiſten Werken
Des liebreich-weiſen Schoͤpfers geht,
Daß wir darauf ſo wenig merken,
Weil es, ohn unſre Sorge, Muͤh und Fleiß, ganz von
ſich ſelbſt entſteht,
Recht unter unſern Fuͤſſen waͤchſt, da doch daran ſo viel
gelegen,
Da es ein unvermißlichs Gut und ein ſo wunderbarer
Segen,
Daß,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0196" n="178"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anhang zur Wie&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns &#x017F;o &#x017F;pei&#x017F;en</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">als auch kleiden,</hi> </l><lb/>
                <l>Sind fu&#x0364;r die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">un&#x017F;ern Weiden.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Wer i&#x017F;t, der die&#x017F;es Wunder faßt, wie nemlich Gras die</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Thiere na&#x0364;hre,</hi> </l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;ich &#x017F;ein bitt&#x2019;rer &#x017F;trenger Saft in Flei&#x017F;ch und &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Milch verkehre,</hi> </l><lb/>
                <l>Und wie es einem muntern Pferde &#x017F;o viele Sta&#x0364;rk&#x2019; und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Kraft gewa&#x0364;hre?</hi> </l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;uch es jemand und zerquet&#x017F;che das Gras, filtrire,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">preß&#x2019;, zerdru&#x0364;cke,</hi> </l><lb/>
                <l>Ja koch&#x2019; und di&#x017F;tillir&#x2019; es gar, ob &#x017F;ichs nur ein&#x017F;t zur Suppe</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chicke,</hi> </l><lb/>
                <l>Die eßbar i&#x017F;t, da in den Eitern der Ku&#x0364;h&#x2019; es lieblich zuge-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chickt</hi> </l><lb/>
                <l>Und wunderbar bereitet wird, daß es uns na&#x0364;hret und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">erquickt.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Mit die&#x017F;em Wunder geht es nun &#x017F;o, wie es mit den</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mei&#x017F;ten Werken</hi> </l><lb/>
                <l>Des liebreich-wei&#x017F;en Scho&#x0364;pfers geht,</l><lb/>
                <l>Daß wir darauf &#x017F;o wenig merken,</l><lb/>
                <l>Weil es, ohn un&#x017F;re Sorge, Mu&#x0364;h und Fleiß, ganz von</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ent&#x017F;teht,</hi> </l><lb/>
                <l>Recht unter un&#x017F;ern Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;ch&#x017F;t, da doch daran &#x017F;o viel</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gelegen,</hi> </l><lb/>
                <l>Da es ein unvermißlichs Gut und ein &#x017F;o wunderbarer</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Segen,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Daß,</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0196] Anhang zur Wieſe. Die Wollen-reiche Zucht der Schafe, die uns ſo ſpeiſen als auch kleiden, Sind fuͤr die Gaben wohl zufrieden mit dem Genuß von unſern Weiden. Wer iſt, der dieſes Wunder faßt, wie nemlich Gras die Thiere naͤhre, Wie ſich ſein bitt’rer ſtrenger Saft in Fleiſch und ſuͤſſe Milch verkehre, Und wie es einem muntern Pferde ſo viele Staͤrk’ und Kraft gewaͤhre? Verſuch es jemand und zerquetſche das Gras, filtrire, preß’, zerdruͤcke, Ja koch’ und diſtillir’ es gar, ob ſichs nur einſt zur Suppe ſchicke, Die eßbar iſt, da in den Eitern der Kuͤh’ es lieblich zuge- ſchickt Und wunderbar bereitet wird, daß es uns naͤhret und erquickt. Mit dieſem Wunder geht es nun ſo, wie es mit den meiſten Werken Des liebreich-weiſen Schoͤpfers geht, Daß wir darauf ſo wenig merken, Weil es, ohn unſre Sorge, Muͤh und Fleiß, ganz von ſich ſelbſt entſteht, Recht unter unſern Fuͤſſen waͤchſt, da doch daran ſo viel gelegen, Da es ein unvermißlichs Gut und ein ſo wunderbarer Segen, Daß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/196
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/196>, abgerufen am 18.05.2024.