Es sieht des Meeres weite Fläch', es sieht das ganze Wasser-Reich Dem dunkel-grauen Wasser-Bley, ja gleichsam schwarzer Seifen, gleich, Wobey der Wasser-Berge Gipfel und ihre weiß beschäumten Höh'n, Als wären sie beschneyt, zwar weiß, doch noch fast greßlicher zu sehn; Jndem sie, durch ihr schreckend Licht, womit sie in die Höhe steigen, Der hohlen Tiefe dunkle Schwärze, um so viel deutlicher, noch zeigen. Wenn nun auf dieser schwarzen Fluht, von ohngefehr, der Sonnen Licht, Durch einer, oft im Augenblick, zerrißnen Wolken Oeffnung bricht; Sieht man, auf der Pech-schwarzen Fluht, ein weisses Feuer plötzlich glimmen, Und einen Silber-weissen Schein, auf ihrer ganzen Fläche, schwimmen, Sie glänzet wie ein lichter Blitz; es blendet uns der helle Schein. Allein! Jm Augenblick verschlingt und raubt ein schnelles Braun das Schimmer-Licht, Es scheint, daß eine dunkle Nacht aus dem noch dunklern Abgrund bricht. Denn scheint die schwarze Wasser-Welt sich höher als vorhin, zu thürmen, Und gleichsam, mit erneuter Kraft und Wut, die Schiffe zu bestürmen, Giebt ihnen grimmig Schlag auf Schlag, mit solcher unge- stühmen Macht, Daß auch das allerdickste Holz, der allerstärkste Balken kracht.
So
F 5
im Sturm.
Es ſieht des Meeres weite Flaͤch’, es ſieht das ganze Waſſer-Reich Dem dunkel-grauen Waſſer-Bley, ja gleichſam ſchwarzer Seifen, gleich, Wobey der Waſſer-Berge Gipfel und ihre weiß beſchaͤumten Hoͤh’n, Als waͤren ſie beſchneyt, zwar weiß, doch noch faſt greßlicher zu ſehn; Jndem ſie, durch ihr ſchreckend Licht, womit ſie in die Hoͤhe ſteigen, Der hohlen Tiefe dunkle Schwaͤrze, um ſo viel deutlicher, noch zeigen. Wenn nun auf dieſer ſchwarzen Fluht, von ohngefehr, der Sonnen Licht, Durch einer, oft im Augenblick, zerrißnen Wolken Oeffnung bricht; Sieht man, auf der Pech-ſchwarzen Fluht, ein weiſſes Feuer ploͤtzlich glimmen, Und einen Silber-weiſſen Schein, auf ihrer ganzen Flaͤche, ſchwimmen, Sie glaͤnzet wie ein lichter Blitz; es blendet uns der helle Schein. Allein! Jm Augenblick verſchlingt und raubt ein ſchnelles Braun das Schimmer-Licht, Es ſcheint, daß eine dunkle Nacht aus dem noch dunklern Abgrund bricht. Denn ſcheint die ſchwarze Waſſer-Welt ſich hoͤher als vorhin, zu thuͤrmen, Und gleichſam, mit erneuter Kraft und Wut, die Schiffe zu beſtuͤrmen, Giebt ihnen grimmig Schlag auf Schlag, mit ſolcher unge- ſtuͤhmen Macht, Daß auch das allerdickſte Holz, der allerſtaͤrkſte Balken kracht.
So
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im Sturm.
Es ſieht des Meeres weite Flaͤch’, es ſieht das ganze
Waſſer-Reich
Dem dunkel-grauen Waſſer-Bley, ja gleichſam ſchwarzer
Seifen, gleich,
Wobey der Waſſer-Berge Gipfel und ihre weiß beſchaͤumten
Hoͤh’n,
Als waͤren ſie beſchneyt, zwar weiß, doch noch faſt greßlicher
zu ſehn;
Jndem ſie, durch ihr ſchreckend Licht, womit ſie in die Hoͤhe
ſteigen,
Der hohlen Tiefe dunkle Schwaͤrze, um ſo viel deutlicher,
noch zeigen.
Wenn nun auf dieſer ſchwarzen Fluht, von ohngefehr, der
Sonnen Licht,
Durch einer, oft im Augenblick, zerrißnen Wolken Oeffnung
bricht;
Sieht man, auf der Pech-ſchwarzen Fluht, ein weiſſes Feuer
ploͤtzlich glimmen,
Und einen Silber-weiſſen Schein, auf ihrer ganzen Flaͤche,
ſchwimmen,
Sie glaͤnzet wie ein lichter Blitz; es blendet uns der helle
Schein.
Allein!
Jm Augenblick verſchlingt und raubt ein ſchnelles Braun
das Schimmer-Licht,
Es ſcheint, daß eine dunkle Nacht aus dem noch dunklern
Abgrund bricht.
Denn ſcheint die ſchwarze Waſſer-Welt ſich hoͤher als vorhin,
zu thuͤrmen,
Und gleichſam, mit erneuter Kraft und Wut, die Schiffe zu
beſtuͤrmen,
Giebt ihnen grimmig Schlag auf Schlag, mit ſolcher unge-
ſtuͤhmen Macht,
Daß auch das allerdickſte Holz, der allerſtaͤrkſte Balken kracht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/107>, abgerufen am 21.07.2024.
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