Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.Schönheit eines Gefildes mit Korn, Denn es senket sich das Licht,Das sich durch die Blätter bricht, Jn den purpurfarbnen Spitzen, ohne Rückschlag, tief hinein, Und erzeuget dadurch oben eine sanfte Dunkelheit, Aber die auch, wenn sie wallen, durch ein Weiß, das Aug erfreut. Oefters sieht man auf den Aehren, wenn die Luft mit ihnen spielet, Wie bald grün, bald weiß, bald purpur, lieblich durch einander wühlet. Bald im Licht, und bald im Schatten, scheint der Aehren re- ges Heer, Und, voll nimmer stillen Wellen, ein licht-grünlich wallend Meer Sehr natürlich vorzustellen. Wenn der Aehren Purpur sinket: Sieht man, wie, auf grünen Halmen, ein hell grüner Schimmer hlinket. Durch dieß liebliche Gemisch, da gelb, grün und weiß sich gatten, Bald mit wandelbarem Glanz, bald mit wandelbarem Schatten, Die sich unaufhörlich ändern, bald sich trennen, bald sich fügen, Rührt den Geist, durch unser Aug, ein empfindliches Vergnügen. Dieses waren die Gedanken, die der Felder grüne Schein Mir, durch ihren Schmuck, erregte: Aber dacht ich, soll der Bau Des uns nährenden Getreydes, welches ich von weiten schau, Auch nicht billig in der Nähe, Gott zum Ruhm, beschauet seyn? Rupfte drauf verschiedne aus, die vor andern aufrecht stunden, Worin viele Seltenheiten, mehr als man gedenkt, sich funden. Die ich zwar schon einst beschrieben, Aber mit Verwundrung finde, daß noch vieles überblieben, Die, in dem Bewundrungs-werthen, nett-formirten Bau der Aehren, Wenn ein Geist sie recht besieht, unsers Gottes Ruhm vermehren. Es
Schoͤnheit eines Gefildes mit Korn, Denn es ſenket ſich das Licht,Das ſich durch die Blaͤtter bricht, Jn den purpurfarbnen Spitzen, ohne Ruͤckſchlag, tief hinein, Und erzeuget dadurch oben eine ſanfte Dunkelheit, Aber die auch, wenn ſie wallen, durch ein Weiß, das Aug erfreut. Oefters ſieht man auf den Aehren, wenn die Luft mit ihnen ſpielet, Wie bald gruͤn, bald weiß, bald purpur, lieblich durch einander wuͤhlet. Bald im Licht, und bald im Schatten, ſcheint der Aehren re- ges Heer, Und, voll nimmer ſtillen Wellen, ein licht-gruͤnlich wallend Meer Sehr natuͤrlich vorzuſtellen. Wenn der Aehren Purpur ſinket: Sieht man, wie, auf gruͤnen Halmen, ein hell gruͤner Schimmer hlinket. Durch dieß liebliche Gemiſch, da gelb, gruͤn und weiß ſich gatten, Bald mit wandelbarem Glanz, bald mit wandelbarem Schatten, Die ſich unaufhoͤrlich aͤndern, bald ſich trennen, bald ſich fuͤgen, Ruͤhrt den Geiſt, durch unſer Aug, ein empfindliches Vergnuͤgen. Dieſes waren die Gedanken, die der Felder gruͤne Schein Mir, durch ihren Schmuck, erregte: Aber dacht ich, ſoll der Bau Des uns naͤhrenden Getreydes, welches ich von weiten ſchau, Auch nicht billig in der Naͤhe, Gott zum Ruhm, beſchauet ſeyn? Rupfte drauf verſchiedne aus, die vor andern aufrecht ſtunden, Worin viele Seltenheiten, mehr als man gedenkt, ſich funden. Die ich zwar ſchon einſt beſchrieben, Aber mit Verwundrung finde, daß noch vieles uͤberblieben, Die, in dem Bewundrungs-werthen, nett-formirten Bau der Aehren, Wenn ein Geiſt ſie recht beſieht, unſers Gottes Ruhm vermehren. Es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0096" n="72"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Schoͤnheit eines Gefildes mit Korn,</hi> </fw><lb/> <l>Denn es ſenket ſich das Licht,</l><lb/> <l>Das ſich durch die Blaͤtter bricht,</l><lb/> <l>Jn den purpurfarbnen Spitzen, ohne Ruͤckſchlag, tief hinein,</l><lb/> <l>Und erzeuget dadurch oben eine ſanfte Dunkelheit,</l><lb/> <l>Aber die auch, wenn ſie wallen, durch ein Weiß, das Aug<lb/><hi rendition="#et">erfreut.</hi></l><lb/> <l>Oefters ſieht man auf den Aehren, wenn die Luft mit ihnen<lb/><hi rendition="#et">ſpielet,</hi></l><lb/> <l>Wie bald gruͤn, bald weiß, bald purpur, lieblich durch einander<lb/><hi rendition="#et">wuͤhlet.</hi></l><lb/> <l>Bald im Licht, und bald im Schatten, ſcheint der Aehren re-<lb/><hi rendition="#et">ges Heer,</hi></l><lb/> <l>Und, voll nimmer ſtillen Wellen, ein licht-gruͤnlich wallend<lb/><hi rendition="#et">Meer</hi></l><lb/> <l>Sehr natuͤrlich vorzuſtellen. Wenn der Aehren Purpur ſinket:</l><lb/> <l>Sieht man, wie, auf gruͤnen Halmen, ein hell gruͤner Schimmer<lb/><hi rendition="#et">hlinket.</hi></l><lb/> <l>Durch dieß liebliche Gemiſch, da gelb, gruͤn und weiß ſich gatten,</l><lb/> <l>Bald mit wandelbarem Glanz, bald mit wandelbarem Schatten,</l><lb/> <l>Die ſich unaufhoͤrlich aͤndern, bald ſich trennen, bald ſich fuͤgen,</l><lb/> <l>Ruͤhrt den Geiſt, durch unſer Aug, ein empfindliches Vergnuͤgen.</l><lb/> <l>Dieſes waren die Gedanken, die der Felder gruͤne Schein</l><lb/> <l>Mir, durch ihren Schmuck, erregte: Aber dacht ich, ſoll der Bau</l><lb/> <l>Des uns naͤhrenden Getreydes, welches ich von weiten ſchau,</l><lb/> <l>Auch nicht billig in der Naͤhe, Gott zum Ruhm, beſchauet ſeyn?</l><lb/> <l>Rupfte drauf verſchiedne aus, die vor andern aufrecht ſtunden,</l><lb/> <l>Worin viele Seltenheiten, mehr als man gedenkt, ſich funden.</l><lb/> <l>Die ich zwar ſchon einſt beſchrieben,</l><lb/> <l>Aber mit Verwundrung finde, daß noch vieles uͤberblieben,</l><lb/> <l>Die, in dem Bewundrungs-werthen, nett-formirten Bau der<lb/><hi rendition="#et">Aehren,</hi></l><lb/> <l>Wenn ein Geiſt ſie recht beſieht, unſers Gottes Ruhm vermehren.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0096]
Schoͤnheit eines Gefildes mit Korn,
Denn es ſenket ſich das Licht,
Das ſich durch die Blaͤtter bricht,
Jn den purpurfarbnen Spitzen, ohne Ruͤckſchlag, tief hinein,
Und erzeuget dadurch oben eine ſanfte Dunkelheit,
Aber die auch, wenn ſie wallen, durch ein Weiß, das Aug
erfreut.
Oefters ſieht man auf den Aehren, wenn die Luft mit ihnen
ſpielet,
Wie bald gruͤn, bald weiß, bald purpur, lieblich durch einander
wuͤhlet.
Bald im Licht, und bald im Schatten, ſcheint der Aehren re-
ges Heer,
Und, voll nimmer ſtillen Wellen, ein licht-gruͤnlich wallend
Meer
Sehr natuͤrlich vorzuſtellen. Wenn der Aehren Purpur ſinket:
Sieht man, wie, auf gruͤnen Halmen, ein hell gruͤner Schimmer
hlinket.
Durch dieß liebliche Gemiſch, da gelb, gruͤn und weiß ſich gatten,
Bald mit wandelbarem Glanz, bald mit wandelbarem Schatten,
Die ſich unaufhoͤrlich aͤndern, bald ſich trennen, bald ſich fuͤgen,
Ruͤhrt den Geiſt, durch unſer Aug, ein empfindliches Vergnuͤgen.
Dieſes waren die Gedanken, die der Felder gruͤne Schein
Mir, durch ihren Schmuck, erregte: Aber dacht ich, ſoll der Bau
Des uns naͤhrenden Getreydes, welches ich von weiten ſchau,
Auch nicht billig in der Naͤhe, Gott zum Ruhm, beſchauet ſeyn?
Rupfte drauf verſchiedne aus, die vor andern aufrecht ſtunden,
Worin viele Seltenheiten, mehr als man gedenkt, ſich funden.
Die ich zwar ſchon einſt beſchrieben,
Aber mit Verwundrung finde, daß noch vieles uͤberblieben,
Die, in dem Bewundrungs-werthen, nett-formirten Bau der
Aehren,
Wenn ein Geiſt ſie recht beſieht, unſers Gottes Ruhm vermehren.
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |