Und mit der Welt verbinden können, sind alle Oeffnungen verstopft. Gewohnheit, Vorurtheil, Exempel, die Nahrungs-Sorge, Leidenschaft, Die haben, allem Ansehn nach, die Gänge gänzlich zuge- pfropft, So daß, für alle Wunderwerke des Schöpfers, um darauf zu achten, Um, in derselben Schmuck und Ordnung, des Ursprungs Größe zu betrachten, Durchaus kein Durchgang übrig blieben, kein Vorwurf weis sich durchzudringen, Um unsre Seelen, zur Betrachtung und zur Bewunderung zu bringen. Der Creaturen Bilder scheinen, als wie an harten Stahl zu fallen, Und, sonder unsern Geist zu rühren, schon auswerts wieder abzuprallen. Kein thierisch Ohr, kein viehisch Auge, kann minder hören, minder sehn, Als wir, was überall vor Wunder in dieser Welt von Gott geschehn. Auf welche Weise soll und kann, aus seinen wunderbaren Werken, Der Schöpfer doch geehret werden? sprich selbst, worin kann es bestehn, Wenn wir nicht ihre Schönheit, Ordnung, Nutz, Absicht, Schmuck und Zweck bemerken, Die Weisheit, Lieb und Macht des Schöpfers nicht sehen, folglich ihn nicht finden? Wird nicht der Gottheit Ehr und Ruhm, durch unterlassene Betrachtung,
Ja
Gedichte an Hrn. Reinbeck.
Und mit der Welt verbinden koͤnnen, ſind alle Oeffnungen verſtopft. Gewohnheit, Vorurtheil, Exempel, die Nahrungs-Sorge, Leidenſchaft, Die haben, allem Anſehn nach, die Gaͤnge gaͤnzlich zuge- pfropft, So daß, fuͤr alle Wunderwerke des Schoͤpfers, um darauf zu achten, Um, in derſelben Schmuck und Ordnung, des Urſprungs Groͤße zu betrachten, Durchaus kein Durchgang uͤbrig blieben, kein Vorwurf weis ſich durchzudringen, Um unſre Seelen, zur Betrachtung und zur Bewunderung zu bringen. Der Creaturen Bilder ſcheinen, als wie an harten Stahl zu fallen, Und, ſonder unſern Geiſt zu ruͤhren, ſchon auswerts wieder abzuprallen. Kein thieriſch Ohr, kein viehiſch Auge, kann minder hoͤren, minder ſehn, Als wir, was uͤberall vor Wunder in dieſer Welt von Gott geſchehn. Auf welche Weiſe ſoll und kann, aus ſeinen wunderbaren Werken, Der Schoͤpfer doch geehret werden? ſprich ſelbſt, worin kann es beſtehn, Wenn wir nicht ihre Schoͤnheit, Ordnung, Nutz, Abſicht, Schmuck und Zweck bemerken, Die Weisheit, Lieb und Macht des Schoͤpfers nicht ſehen, folglich ihn nicht finden? Wird nicht der Gottheit Ehr und Ruhm, durch unterlaſſene Betrachtung,
Ja
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Gedichte an Hrn. Reinbeck.
Und mit der Welt verbinden koͤnnen, ſind alle Oeffnungen
verſtopft.
Gewohnheit, Vorurtheil, Exempel, die Nahrungs-Sorge,
Leidenſchaft,
Die haben, allem Anſehn nach, die Gaͤnge gaͤnzlich zuge-
pfropft,
So daß, fuͤr alle Wunderwerke des Schoͤpfers, um darauf zu
achten,
Um, in derſelben Schmuck und Ordnung, des Urſprungs Groͤße
zu betrachten,
Durchaus kein Durchgang uͤbrig blieben, kein Vorwurf weis
ſich durchzudringen,
Um unſre Seelen, zur Betrachtung und zur Bewunderung
zu bringen.
Der Creaturen Bilder ſcheinen, als wie an harten Stahl zu
fallen,
Und, ſonder unſern Geiſt zu ruͤhren, ſchon auswerts wieder
abzuprallen.
Kein thieriſch Ohr, kein viehiſch Auge, kann minder hoͤren,
minder ſehn,
Als wir, was uͤberall vor Wunder in dieſer Welt von Gott
geſchehn.
Auf welche Weiſe ſoll und kann, aus ſeinen wunderbaren
Werken,
Der Schoͤpfer doch geehret werden? ſprich ſelbſt, worin kann
es beſtehn,
Wenn wir nicht ihre Schoͤnheit, Ordnung, Nutz, Abſicht,
Schmuck und Zweck bemerken,
Die Weisheit, Lieb und Macht des Schoͤpfers nicht ſehen,
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Wird nicht der Gottheit Ehr und Ruhm, durch unterlaſſene
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/755>, abgerufen am 22.11.2024.
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