Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Betrachtung vom Nichts.
Was unendlich, was von Engeln selbst sich nicht kann fassen
lassen,
Doch verwegen zu begreifen, und den innern Grund zu fassen,
Unvernünftig sich bestrebt. Mit dem endlichen Verstande,
Was unendlich, fassen wollen, das gereicht uns selbst nicht nur,
(Da wir bloß aus Stolz und Hochmuth, wider unsere Natur,
Ohne Flügel fliegen wollen,) fast der Gottheit selbst zur
Schande,

Da wir doch gestehen müssen, daß wir, ihm zur Ehr, allein,
Unsern Geist empfangen haben, mit Vernunft begabet seyn.

Wenn wir unsers Geistes Kräfte über ihren Werth nicht
schätzen,

Wenn wir, wie er Gränzen hat, ihm auch wirklich Gränzen
setzen,

Es erkennen und bekennen, daß er zum Begreifen nicht,
Sondern um dasjenige, was durch Gottes Macht geschicht,
Zu betrachten, zu empfinden, zu bewundern, zu erheben,
Uns daran in Lust und Ehrfurcht zu vergnügen, uns gegeben,
So, (und nicht durch das Ergrübeln,) handeln wir nach un-
srer Pflicht.
Jm erkenntlichen Vergnügen, im Verwundern bloß allein
Kann die Gottheit von der Menschheit würdiglich verehret
seyn.

Dieses wirket Ehrfurcht, Andacht, Demuth, Lob und Dank,
Vertrauen,

Ehrerbietge Gegenliebe, wenn wir, in der Werke Pracht,
Einer unbegreiflichen Gottheit Liebe, Weisheit, Macht,
Mit bewunderndem Vergnügen, und mit froher Andacht,
schauen.
Ja, wenn wir, auf diese Weise, uns in vielen andern Dingen,
Deren eine solche Menge, mit einander auch begingen,
Und
X x 4

in der Betrachtung vom Nichts.
Was unendlich, was von Engeln ſelbſt ſich nicht kann faſſen
laſſen,
Doch verwegen zu begreifen, und den innern Grund zu faſſen,
Unvernuͤnftig ſich beſtrebt. Mit dem endlichen Verſtande,
Was unendlich, faſſen wollen, das gereicht uns ſelbſt nicht nur,
(Da wir bloß aus Stolz und Hochmuth, wider unſere Natur,
Ohne Fluͤgel fliegen wollen,) faſt der Gottheit ſelbſt zur
Schande,

Da wir doch geſtehen muͤſſen, daß wir, ihm zur Ehr, allein,
Unſern Geiſt empfangen haben, mit Vernunft begabet ſeyn.

Wenn wir unſers Geiſtes Kraͤfte uͤber ihren Werth nicht
ſchaͤtzen,

Wenn wir, wie er Graͤnzen hat, ihm auch wirklich Graͤnzen
ſetzen,

Es erkennen und bekennen, daß er zum Begreifen nicht,
Sondern um dasjenige, was durch Gottes Macht geſchicht,
Zu betrachten, zu empfinden, zu bewundern, zu erheben,
Uns daran in Luſt und Ehrfurcht zu vergnuͤgen, uns gegeben,
So, (und nicht durch das Ergruͤbeln,) handeln wir nach un-
ſrer Pflicht.
Jm erkenntlichen Vergnuͤgen, im Verwundern bloß allein
Kann die Gottheit von der Menſchheit wuͤrdiglich verehret
ſeyn.

Dieſes wirket Ehrfurcht, Andacht, Demuth, Lob und Dank,
Vertrauen,

Ehrerbietge Gegenliebe, wenn wir, in der Werke Pracht,
Einer unbegreiflichen Gottheit Liebe, Weisheit, Macht,
Mit bewunderndem Vergnuͤgen, und mit froher Andacht,
ſchauen.
Ja, wenn wir, auf dieſe Weiſe, uns in vielen andern Dingen,
Deren eine ſolche Menge, mit einander auch begingen,
Und
X x 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="51">
            <l><pb facs="#f0719" n="695"/><fw place="top" type="header">in der Betrachtung vom Nichts.</fw><lb/>
Was unendlich, was von Engeln &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich nicht kann fa&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">la&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Doch verwegen zu begreifen, und den innern Grund zu fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Unvernu&#x0364;nftig &#x017F;ich be&#x017F;trebt. Mit dem endlichen Ver&#x017F;tande,</l><lb/>
            <l>Was unendlich, fa&#x017F;&#x017F;en wollen, das gereicht uns &#x017F;elb&#x017F;t nicht nur,</l><lb/>
            <l>(Da wir bloß aus Stolz und Hochmuth, wider un&#x017F;ere Natur,</l><lb/>
            <l>Ohne Flu&#x0364;gel fliegen wollen,) fa&#x017F;t der Gottheit &#x017F;elb&#x017F;t zur<lb/><hi rendition="#et">Schande,</hi></l><lb/>
            <l>Da wir doch ge&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß wir, ihm zur Ehr, allein,</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;ern Gei&#x017F;t empfangen haben, mit Vernunft begabet &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="52">
            <l>Wenn wir un&#x017F;ers Gei&#x017F;tes Kra&#x0364;fte u&#x0364;ber ihren Werth nicht<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;cha&#x0364;tzen,</hi></l><lb/>
            <l>Wenn wir, wie er Gra&#x0364;nzen hat, ihm auch wirklich Gra&#x0364;nzen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;etzen,</hi></l><lb/>
            <l>Es erkennen und bekennen, daß er zum Begreifen nicht,</l><lb/>
            <l>Sondern um dasjenige, was durch Gottes Macht ge&#x017F;chicht,</l><lb/>
            <l>Zu betrachten, zu empfinden, zu bewundern, zu erheben,</l><lb/>
            <l>Uns daran in Lu&#x017F;t und Ehrfurcht zu vergnu&#x0364;gen, uns gegeben,</l><lb/>
            <l>So, (und nicht durch das Ergru&#x0364;beln,) handeln wir nach un-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;rer Pflicht.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="53">
            <l>Jm erkenntlichen Vergnu&#x0364;gen, im Verwundern bloß allein</l><lb/>
            <l>Kann die Gottheit von der Men&#x017F;chheit wu&#x0364;rdiglich verehret<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
            <l>Die&#x017F;es wirket Ehrfurcht, Andacht, Demuth, Lob und Dank,<lb/><hi rendition="#et">Vertrauen,</hi></l><lb/>
            <l>Ehrerbietge Gegenliebe, wenn wir, in der Werke Pracht,</l><lb/>
            <l>Einer unbegreiflichen Gottheit Liebe, Weisheit, Macht,</l><lb/>
            <l>Mit bewunderndem Vergnu&#x0364;gen, und mit froher Andacht,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chauen.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="54">
            <l>Ja, wenn wir, auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e, uns in vielen andern Dingen,</l><lb/>
            <l>Deren eine &#x017F;olche Menge, mit einander auch begingen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[695/0719] in der Betrachtung vom Nichts. Was unendlich, was von Engeln ſelbſt ſich nicht kann faſſen laſſen, Doch verwegen zu begreifen, und den innern Grund zu faſſen, Unvernuͤnftig ſich beſtrebt. Mit dem endlichen Verſtande, Was unendlich, faſſen wollen, das gereicht uns ſelbſt nicht nur, (Da wir bloß aus Stolz und Hochmuth, wider unſere Natur, Ohne Fluͤgel fliegen wollen,) faſt der Gottheit ſelbſt zur Schande, Da wir doch geſtehen muͤſſen, daß wir, ihm zur Ehr, allein, Unſern Geiſt empfangen haben, mit Vernunft begabet ſeyn. Wenn wir unſers Geiſtes Kraͤfte uͤber ihren Werth nicht ſchaͤtzen, Wenn wir, wie er Graͤnzen hat, ihm auch wirklich Graͤnzen ſetzen, Es erkennen und bekennen, daß er zum Begreifen nicht, Sondern um dasjenige, was durch Gottes Macht geſchicht, Zu betrachten, zu empfinden, zu bewundern, zu erheben, Uns daran in Luſt und Ehrfurcht zu vergnuͤgen, uns gegeben, So, (und nicht durch das Ergruͤbeln,) handeln wir nach un- ſrer Pflicht. Jm erkenntlichen Vergnuͤgen, im Verwundern bloß allein Kann die Gottheit von der Menſchheit wuͤrdiglich verehret ſeyn. Dieſes wirket Ehrfurcht, Andacht, Demuth, Lob und Dank, Vertrauen, Ehrerbietge Gegenliebe, wenn wir, in der Werke Pracht, Einer unbegreiflichen Gottheit Liebe, Weisheit, Macht, Mit bewunderndem Vergnuͤgen, und mit froher Andacht, ſchauen. Ja, wenn wir, auf dieſe Weiſe, uns in vielen andern Dingen, Deren eine ſolche Menge, mit einander auch begingen, Und X x 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/719
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/719>, abgerufen am 26.06.2024.