Versuch, ob, ausser der Lehre von den Contin- genzen, ein Atheist nicht könne mit unumstößli- chen Gründen convinciret werden.
Der allergröbste Atheist muß dieß unleugbar zugestehn, Daß wir in allen irdschen Dingen, die auf der ganzen Welt geschehn, Natur und Kunst nicht leugnen können. Denn alle Dinge, die wir sehn, Sind künstlich oder sind natürlich. Nun laßt uns erst die Kunst betrachten, Als welche wir am besten kennen. Wenn wir, was künstlich ist, beachten: So finden wir, es sey nichts anders, als, was, durch mensch- lichen Verstand, Zu einer ordentlichen Absicht, vermittelst seiner regen Hand, Gewirkt ist und hervorgebracht, zum Beyspiel, eine Schilderey, Ein künst- und zierliches Gebäude. Das ersters nicht von ungefehr, Durch den Zusammenlauf der Farben, gewirket und entstan- den sey, Und letzters durch des festen Kalks und Stein ihr ungefeh- rigs Fügen, Da sie, in solcher klugen Ordnung, und rechten Maß, zusam- men liegen,
Nicht
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Verſuch, ob, auſſer der Lehre von den Contin- genzen, ein Atheiſt nicht koͤnne mit unumſtoͤßli- chen Gruͤnden convinciret werden.
Der allergroͤbſte Atheiſt muß dieß unleugbar zugeſtehn, Daß wir in allen irdſchen Dingen, die auf der ganzen Welt geſchehn, Natur und Kunſt nicht leugnen koͤnnen. Denn alle Dinge, die wir ſehn, Sind kuͤnſtlich oder ſind natuͤrlich. Nun laßt uns erſt die Kunſt betrachten, Als welche wir am beſten kennen. Wenn wir, was kuͤnſtlich iſt, beachten: So finden wir, es ſey nichts anders, als, was, durch menſch- lichen Verſtand, Zu einer ordentlichen Abſicht, vermittelſt ſeiner regen Hand, Gewirkt iſt und hervorgebracht, zum Beyſpiel, eine Schilderey, Ein kuͤnſt- und zierliches Gebaͤude. Das erſters nicht von ungefehr, Durch den Zuſammenlauf der Farben, gewirket und entſtan- den ſey, Und letzters durch des feſten Kalks und Stein ihr ungefeh- rigs Fuͤgen, Da ſie, in ſolcher klugen Ordnung, und rechten Maß, zuſam- men liegen,
Nicht
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0631"n="607"/><fwplace="top"type="header">Verſuch einer gewiſſen Lehre.</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Verſuch,</hi><lb/>
ob, auſſer der Lehre von den Contin-</hi><lb/>
genzen, ein Atheiſt nicht koͤnne mit unumſtoͤßli-<lb/>
chen Gruͤnden convinciret werden.</head><lb/><lgn="10"><l><hirendition="#in">D</hi>er allergroͤbſte Atheiſt muß dieß unleugbar zugeſtehn,</l><lb/><l>Daß wir in allen irdſchen Dingen, die auf der ganzen<lb/><hirendition="#et">Welt geſchehn,</hi><lb/><hirendition="#fr">Natur</hi> und <hirendition="#fr">Kunſt</hi> nicht leugnen koͤnnen. Denn alle Dinge,<lb/><hirendition="#et">die wir ſehn,</hi></l><lb/><l>Sind <hirendition="#fr">kuͤnſtlich</hi> oder ſind <hirendition="#fr">natuͤrlich</hi>. Nun laßt uns erſt die<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Kunſt</hi> betrachten,</hi></l><lb/><l>Als welche wir am beſten kennen. Wenn wir, was kuͤnſtlich<lb/><hirendition="#et">iſt, beachten:</hi></l><lb/><l>So finden wir, es ſey nichts anders, als, was, <hirendition="#fr">durch menſch-<lb/><hirendition="#et">lichen Verſtand,</hi></hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Zu einer ordentlichen Abſicht, vermittelſt ſeiner<lb/><hirendition="#et">regen Hand,</hi></hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Gewirkt iſt und hervorgebracht,</hi> zum Beyſpiel, eine<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Schilderey,</hi></hi></l><lb/><l>Ein kuͤnſt- und zierliches <hirendition="#fr">Gebaͤude.</hi> Das erſters nicht von<lb/><hirendition="#et">ungefehr,</hi></l><lb/><l>Durch den Zuſammenlauf der Farben, gewirket und entſtan-<lb/><hirendition="#et">den ſey,</hi></l><lb/><l>Und letzters durch des feſten Kalks und Stein ihr ungefeh-<lb/><hirendition="#et">rigs Fuͤgen,</hi></l><lb/><l>Da ſie, in ſolcher klugen Ordnung, und rechten Maß, zuſam-<lb/><hirendition="#et">men liegen,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Nicht</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[607/0631]
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Verſuch,
ob, auſſer der Lehre von den Contin-
genzen, ein Atheiſt nicht koͤnne mit unumſtoͤßli-
chen Gruͤnden convinciret werden.
Der allergroͤbſte Atheiſt muß dieß unleugbar zugeſtehn,
Daß wir in allen irdſchen Dingen, die auf der ganzen
Welt geſchehn,
Natur und Kunſt nicht leugnen koͤnnen. Denn alle Dinge,
die wir ſehn,
Sind kuͤnſtlich oder ſind natuͤrlich. Nun laßt uns erſt die
Kunſt betrachten,
Als welche wir am beſten kennen. Wenn wir, was kuͤnſtlich
iſt, beachten:
So finden wir, es ſey nichts anders, als, was, durch menſch-
lichen Verſtand,
Zu einer ordentlichen Abſicht, vermittelſt ſeiner
regen Hand,
Gewirkt iſt und hervorgebracht, zum Beyſpiel, eine
Schilderey,
Ein kuͤnſt- und zierliches Gebaͤude. Das erſters nicht von
ungefehr,
Durch den Zuſammenlauf der Farben, gewirket und entſtan-
den ſey,
Und letzters durch des feſten Kalks und Stein ihr ungefeh-
rigs Fuͤgen,
Da ſie, in ſolcher klugen Ordnung, und rechten Maß, zuſam-
men liegen,
Nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/631>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.