Ohn Hoffnung einer Besserung. Wann will ein Meta- physicus, Nachdem er sich ins tiefe Meer, ohn Ufer, sonder Grund und Schluß Der schwebenden Subtilitäten, hineingewaget, rückwerts kehren, Und den so lang-und fernen Weg, den er mit so viel Müh geschwommen, Von neuen wieder rückwerts schwimmen, um wieder zu sich selbst zu kommen?
Wie oder wie wird man doch können, von einem solchen Geist begehren, Der sich, mit solcher großen Mühe, so viele Jahre, Tag und Nacht, Zu einer Höh empor geschwungen, und sich auf einen Berg gebracht, Daß er sich wieder abwerts senken, und bloß mit seiner Bes- serung, Sich was zu schaffen machen solle? Dieß scheinet ihm nicht groß genung.
Der Fehler unsrer ersten Eltern, die ihrem Schöpfer gleichen wollten, Muß solchen steigenden Gelehrten nicht sündlich und nicht sträflich scheinen, Jndem sie für erlaubet halten, und sich dazu befugt vermeynen, Zu untersuchen, wie der Schöpfer regier; und dieses nicht allein, Sie wollten dergestalt ihn kennen, daß er, nur so, und anders nicht, Hab schaffen und regieren können, auch daß er alles, was geschicht,
Wie
Verſteigen des menſchlichen Geiſtes.
Ohn Hoffnung einer Beſſerung. Wann will ein Meta- phyſicus, Nachdem er ſich ins tiefe Meer, ohn Ufer, ſonder Grund und Schluß Der ſchwebenden Subtilitaͤten, hineingewaget, ruͤckwerts kehren, Und den ſo lang-und fernen Weg, den er mit ſo viel Muͤh geſchwommen, Von neuen wieder ruͤckwerts ſchwimmen, um wieder zu ſich ſelbſt zu kommen?
Wie oder wie wird man doch koͤnnen, von einem ſolchen Geiſt begehren, Der ſich, mit ſolcher großen Muͤhe, ſo viele Jahre, Tag und Nacht, Zu einer Hoͤh empor geſchwungen, und ſich auf einen Berg gebracht, Daß er ſich wieder abwerts ſenken, und bloß mit ſeiner Beſ- ſerung, Sich was zu ſchaffen machen ſolle? Dieß ſcheinet ihm nicht groß genung.
Der Fehler unſrer erſten Eltern, die ihrem Schoͤpfer gleichen wollten, Muß ſolchen ſteigenden Gelehrten nicht ſuͤndlich und nicht ſtraͤflich ſcheinen, Jndem ſie fuͤr erlaubet halten, und ſich dazu befugt vermeynen, Zu unterſuchen, wie der Schoͤpfer regier; und dieſes nicht allein, Sie wollten dergeſtalt ihn kennen, daß er, nur ſo, und anders nicht, Hab ſchaffen und regieren koͤnnen, auch daß er alles, was geſchicht,
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="1"><l><pbfacs="#f0620"n="596"/><fwplace="top"type="header">Verſteigen des menſchlichen Geiſtes.</fw><lb/>
Ohn Hoffnung einer Beſſerung. Wann will ein Meta-<lb/><hirendition="#et">phyſicus,</hi></l><lb/><l>Nachdem er ſich ins tiefe Meer, ohn Ufer, ſonder Grund und<lb/><hirendition="#et">Schluß</hi></l><lb/><l>Der ſchwebenden Subtilitaͤten, hineingewaget, ruͤckwerts<lb/><hirendition="#et">kehren,</hi></l><lb/><l>Und den ſo lang-und fernen Weg, den er mit ſo viel Muͤh<lb/><hirendition="#et">geſchwommen,</hi></l><lb/><l>Von neuen wieder ruͤckwerts ſchwimmen, um wieder zu ſich<lb/><hirendition="#et">ſelbſt zu kommen?</hi></l></lg><lb/><lgn="2"><l>Wie oder wie wird man doch koͤnnen, von einem ſolchen<lb/><hirendition="#et">Geiſt begehren,</hi></l><lb/><l>Der ſich, mit ſolcher großen Muͤhe, ſo viele Jahre, Tag und<lb/><hirendition="#et">Nacht,</hi></l><lb/><l>Zu einer Hoͤh empor geſchwungen, und ſich auf einen Berg<lb/><hirendition="#et">gebracht,</hi></l><lb/><l>Daß er ſich wieder abwerts ſenken, und bloß mit ſeiner Beſ-<lb/><hirendition="#et">ſerung,</hi></l><lb/><l>Sich was zu ſchaffen machen ſolle? Dieß ſcheinet ihm nicht<lb/><hirendition="#et">groß genung.</hi></l></lg><lb/><lgn="3"><l>Der Fehler unſrer erſten Eltern, die ihrem Schoͤpfer<lb/><hirendition="#et">gleichen wollten,</hi></l><lb/><l>Muß ſolchen ſteigenden Gelehrten nicht ſuͤndlich und nicht<lb/><hirendition="#et">ſtraͤflich ſcheinen,</hi></l><lb/><l>Jndem ſie fuͤr erlaubet halten, und ſich dazu befugt vermeynen,</l><lb/><l>Zu unterſuchen, wie der Schoͤpfer regier; und dieſes nicht allein,</l><lb/><l>Sie wollten dergeſtalt ihn kennen, daß er, nur ſo, und anders<lb/><hirendition="#et">nicht,</hi></l><lb/><l>Hab ſchaffen und regieren koͤnnen, auch daß er alles, was<lb/><hirendition="#et">geſchicht,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[596/0620]
Verſteigen des menſchlichen Geiſtes.
Ohn Hoffnung einer Beſſerung. Wann will ein Meta-
phyſicus,
Nachdem er ſich ins tiefe Meer, ohn Ufer, ſonder Grund und
Schluß
Der ſchwebenden Subtilitaͤten, hineingewaget, ruͤckwerts
kehren,
Und den ſo lang-und fernen Weg, den er mit ſo viel Muͤh
geſchwommen,
Von neuen wieder ruͤckwerts ſchwimmen, um wieder zu ſich
ſelbſt zu kommen?
Wie oder wie wird man doch koͤnnen, von einem ſolchen
Geiſt begehren,
Der ſich, mit ſolcher großen Muͤhe, ſo viele Jahre, Tag und
Nacht,
Zu einer Hoͤh empor geſchwungen, und ſich auf einen Berg
gebracht,
Daß er ſich wieder abwerts ſenken, und bloß mit ſeiner Beſ-
ſerung,
Sich was zu ſchaffen machen ſolle? Dieß ſcheinet ihm nicht
groß genung.
Der Fehler unſrer erſten Eltern, die ihrem Schoͤpfer
gleichen wollten,
Muß ſolchen ſteigenden Gelehrten nicht ſuͤndlich und nicht
ſtraͤflich ſcheinen,
Jndem ſie fuͤr erlaubet halten, und ſich dazu befugt vermeynen,
Zu unterſuchen, wie der Schoͤpfer regier; und dieſes nicht allein,
Sie wollten dergeſtalt ihn kennen, daß er, nur ſo, und anders
nicht,
Hab ſchaffen und regieren koͤnnen, auch daß er alles, was
geſchicht,
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/620>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.