Wird Gott, als ein unendlich All, wofern er Menschengei- ster quälen, Und nach Verdienst bestrafen will, so unanständge Plagen wählen? Kann ein verklärter Leib und Geist nicht, als von Marter- Art, auf Erden, Durch andre Plag und andres Leiden, schon scharf genug bestrafet werden?
Muß ein mit Fleiß verewigt Fleisch, von einer ewgen Flamme Pein, Zertrennet, und doch nicht zertrennet, verbrennt, und nicht ver- brennet seyn? Scheint dieses uns nicht überzeuglich recht gegen alle Wür- digkeit Der Gottheit, gegen ihre Lieb, auch gegen die Beschaffenheit Der ewgen Weisheit? ewge Thiere in ein verzehrend Feur zu setzen, Um der Verdammten ewge Leiber, und Geister ewig zu ver- letzen?
B.
Du übereilest dich, mein Freund, in deinem Urtheil. Denkst du nicht, Daß selbst die Schrift, an manchem Ort, von Flammen und von Drachen spricht?
A.
Jch weis es: Aber weist du auch, daß es ja den Orientalen Ganz eigen ist, den Sinn der Wahrheit in vielen Bildern vorzumalen? Die werden in der ganzen Schrift, daß solch ein Bild was anders lehrt, Durch die vernünftgen Geistlichen vernünftig überall erklärt.
Soll
Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Wird Gott, als ein unendlich All, wofern er Menſchengei- ſter quaͤlen, Und nach Verdienſt beſtrafen will, ſo unanſtaͤndge Plagen waͤhlen? Kann ein verklaͤrter Leib und Geiſt nicht, als von Marter- Art, auf Erden, Durch andre Plag und andres Leiden, ſchon ſcharf genug beſtrafet werden?
Muß ein mit Fleiß verewigt Fleiſch, von einer ewgen Flamme Pein, Zertrennet, und doch nicht zertrennet, verbrennt, und nicht ver- brennet ſeyn? Scheint dieſes uns nicht uͤberzeuglich recht gegen alle Wuͤr- digkeit Der Gottheit, gegen ihre Lieb, auch gegen die Beſchaffenheit Der ewgen Weisheit? ewge Thiere in ein verzehrend Feur zu ſetzen, Um der Verdammten ewge Leiber, und Geiſter ewig zu ver- letzen?
B.
Du uͤbereileſt dich, mein Freund, in deinem Urtheil. Denkſt du nicht, Daß ſelbſt die Schrift, an manchem Ort, von Flammen und von Drachen ſpricht?
A.
Jch weis es: Aber weiſt du auch, daß es ja den Orientalen Ganz eigen iſt, den Sinn der Wahrheit in vielen Bildern vorzumalen? Die werden in der ganzen Schrift, daß ſolch ein Bild was anders lehrt, Durch die vernuͤnftgen Geiſtlichen vernuͤnftig uͤberall erklaͤrt.
Soll
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Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Wird Gott, als ein unendlich All, wofern er Menſchengei-
ſter quaͤlen,
Und nach Verdienſt beſtrafen will, ſo unanſtaͤndge Plagen waͤhlen?
Kann ein verklaͤrter Leib und Geiſt nicht, als von Marter-
Art, auf Erden,
Durch andre Plag und andres Leiden, ſchon ſcharf genug
beſtrafet werden?
Muß ein mit Fleiß verewigt Fleiſch, von einer ewgen
Flamme Pein,
Zertrennet, und doch nicht zertrennet, verbrennt, und nicht ver-
brennet ſeyn?
Scheint dieſes uns nicht uͤberzeuglich recht gegen alle Wuͤr-
digkeit
Der Gottheit, gegen ihre Lieb, auch gegen die Beſchaffenheit
Der ewgen Weisheit? ewge Thiere in ein verzehrend Feur
zu ſetzen,
Um der Verdammten ewge Leiber, und Geiſter ewig zu ver-
letzen?
B.
Du uͤbereileſt dich, mein Freund, in deinem Urtheil. Denkſt
du nicht,
Daß ſelbſt die Schrift, an manchem Ort, von Flammen und
von Drachen ſpricht?
A.
Jch weis es: Aber weiſt du auch, daß es ja den Orientalen
Ganz eigen iſt, den Sinn der Wahrheit in vielen Bildern
vorzumalen?
Die werden in der ganzen Schrift, daß ſolch ein Bild was
anders lehrt,
Durch die vernuͤnftgen Geiſtlichen vernuͤnftig uͤberall erklaͤrt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/604>, abgerufen am 25.11.2024.
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