Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Gedanken über den Tod der Belise.
Bey so viel Leibes- und Gemüths-, vor andern ganz besondern,
Gaben,
Wir oft ein fast zu ernsthaft Wesen, an ihr auch wahrgenom-
men haben,

Daß sie, wenn sie allein, betrübt, daß sie auch in Gesellschaft
gar,

Von einer stillen Traurigkeit, nur selten aufzumuntern war,
Daß sie, durch ein beständig Bethen, behindert war, an denen
Schätzen,

Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank sich
zu ergetzen,

Wie gern sie auch zuweilen wollte. Daß sie an dem, was Gott
uns gönnte,

Und zwar in solchem Ueberfluß, sehr selten sich vergnügen
könnte.

B.
So fremd, geliebter Agathander, dein Trost auch ist;
so sonderlich,

Und unerwartet er mir kömmt: Gesteh ich dir; er rühret mich.
Jch find ihn nach des Menschen Geists Natur und Wesen ein-
gerichtet,

Und mich daher, so viel mein Leid es mir erlauben will,
verpflichtet,

Den Schlüssen weiter nach zu denken, und sie zu brauchen,
um so mehr,

Als ich darin zu meinem Trost, zugleich auch zu Belisen Ehr,
Daß, wie im Leben, durch ihr Beyspiel, sie auch annoch im
Tode lehr;

Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch sie denn, in meinem
Singen,
Zwar

Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Bey ſo viel Leibes- und Gemuͤths-, vor andern ganz beſondern,
Gaben,
Wir oft ein faſt zu ernſthaft Weſen, an ihr auch wahrgenom-
men haben,

Daß ſie, wenn ſie allein, betruͤbt, daß ſie auch in Geſellſchaft
gar,

Von einer ſtillen Traurigkeit, nur ſelten aufzumuntern war,
Daß ſie, durch ein beſtaͤndig Bethen, behindert war, an denen
Schaͤtzen,

Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank ſich
zu ergetzen,

Wie gern ſie auch zuweilen wollte. Daß ſie an dem, was Gott
uns goͤnnte,

Und zwar in ſolchem Ueberfluß, ſehr ſelten ſich vergnuͤgen
koͤnnte.

B.
So fremd, geliebter Agathander, dein Troſt auch iſt;
ſo ſonderlich,

Und unerwartet er mir koͤmmt: Geſteh ich dir; er ruͤhret mich.
Jch find ihn nach des Menſchen Geiſts Natur und Weſen ein-
gerichtet,

Und mich daher, ſo viel mein Leid es mir erlauben will,
verpflichtet,

Den Schluͤſſen weiter nach zu denken, und ſie zu brauchen,
um ſo mehr,

Als ich darin zu meinem Troſt, zugleich auch zu Beliſen Ehr,
Daß, wie im Leben, durch ihr Beyſpiel, ſie auch annoch im
Tode lehr;

Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch ſie denn, in meinem
Singen,
Zwar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="4">
            <l><pb facs="#f0598" n="574"/><fw place="top" type="header">Gedanken u&#x0364;ber den Tod der Beli&#x017F;e.</fw><lb/>
Bey &#x017F;o viel Leibes- und Gemu&#x0364;ths-, vor andern ganz be&#x017F;ondern,<lb/><hi rendition="#et">Gaben,</hi></l><lb/>
            <l>Wir oft ein fa&#x017F;t zu ern&#x017F;thaft We&#x017F;en, an ihr auch wahrgenom-<lb/><hi rendition="#et">men haben,</hi></l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie allein, betru&#x0364;bt, daß &#x017F;ie auch in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/><hi rendition="#et">gar,</hi></l><lb/>
            <l>Von einer &#x017F;tillen Traurigkeit, nur &#x017F;elten aufzumuntern war,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie, durch ein be&#x017F;ta&#x0364;ndig Bethen, behindert war, an denen<lb/><hi rendition="#et">Scha&#x0364;tzen,</hi></l><lb/>
            <l>Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">zu ergetzen,</hi></l><lb/>
            <l>Wie gern &#x017F;ie auch zuweilen wollte. Daß &#x017F;ie an dem, was Gott<lb/><hi rendition="#et">uns go&#x0364;nnte,</hi></l><lb/>
            <l>Und zwar in &#x017F;olchem Ueberfluß, &#x017F;ehr &#x017F;elten &#x017F;ich vergnu&#x0364;gen<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnte.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">B.</hi> </hi> </head><lb/>
            <l>So fremd, geliebter <hi rendition="#fr">Agathander,</hi> dein Tro&#x017F;t auch i&#x017F;t;<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o &#x017F;onderlich,</hi></l><lb/>
            <l>Und unerwartet er mir ko&#x0364;mmt: Ge&#x017F;teh ich dir; er ru&#x0364;hret mich.</l><lb/>
            <l>Jch find ihn nach des Men&#x017F;chen Gei&#x017F;ts Natur und We&#x017F;en ein-<lb/><hi rendition="#et">gerichtet,</hi></l><lb/>
            <l>Und mich daher, &#x017F;o viel mein Leid es mir erlauben will,<lb/><hi rendition="#et">verpflichtet,</hi></l><lb/>
            <l>Den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en weiter nach zu denken, und &#x017F;ie zu brauchen,<lb/><hi rendition="#et">um &#x017F;o mehr,</hi></l><lb/>
            <l>Als ich darin zu meinem Tro&#x017F;t, zugleich auch zu <hi rendition="#fr">Beli&#x017F;en</hi> Ehr,</l><lb/>
            <l>Daß, wie im Leben, durch ihr Bey&#x017F;piel, &#x017F;ie auch annoch im<lb/><hi rendition="#et">Tode lehr;</hi></l><lb/>
            <l>Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch &#x017F;ie denn, in meinem<lb/><hi rendition="#et">Singen,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zwar</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[574/0598] Gedanken uͤber den Tod der Beliſe. Bey ſo viel Leibes- und Gemuͤths-, vor andern ganz beſondern, Gaben, Wir oft ein faſt zu ernſthaft Weſen, an ihr auch wahrgenom- men haben, Daß ſie, wenn ſie allein, betruͤbt, daß ſie auch in Geſellſchaft gar, Von einer ſtillen Traurigkeit, nur ſelten aufzumuntern war, Daß ſie, durch ein beſtaͤndig Bethen, behindert war, an denen Schaͤtzen, Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank ſich zu ergetzen, Wie gern ſie auch zuweilen wollte. Daß ſie an dem, was Gott uns goͤnnte, Und zwar in ſolchem Ueberfluß, ſehr ſelten ſich vergnuͤgen koͤnnte. B. So fremd, geliebter Agathander, dein Troſt auch iſt; ſo ſonderlich, Und unerwartet er mir koͤmmt: Geſteh ich dir; er ruͤhret mich. Jch find ihn nach des Menſchen Geiſts Natur und Weſen ein- gerichtet, Und mich daher, ſo viel mein Leid es mir erlauben will, verpflichtet, Den Schluͤſſen weiter nach zu denken, und ſie zu brauchen, um ſo mehr, Als ich darin zu meinem Troſt, zugleich auch zu Beliſen Ehr, Daß, wie im Leben, durch ihr Beyſpiel, ſie auch annoch im Tode lehr; Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch ſie denn, in meinem Singen, Zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/598
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/598>, abgerufen am 22.11.2024.