Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Trost.
Trost,
aus der Erkenntniß unserer Kleinheit.
Auf einem kleinen Stück Papier
Sah ich ein großes Wunderthier,
Von ungeheurer Größ und Höh,
So schäumend aus der tiefen See
Hervorbrach, künstlich abgerissen.
Jch dachte, wie der Augenschein
Doch könne so betrüglich seyn,
Und war mit allem Ernst beflissen,
Von dem Betrug den Grund zu wissen.
Jndem, da doch das ganze Blatt
Nicht einer Spannen Länge hat,
Das Thier doch eine Größe zeiget,
Die Bäum und Häuser übersteiget.
Nachdem ich nun die Ursach fand,
Daß bloß allein der Gegenstand
(Da Bäume, Männ-und Häuserchen so klein,
Bey diesem Thier gemalet seyn,)
Die Ursach dieses Wunders war:
Fiel mir ein ander Kunststück ein,
Da einer aus der Maler Schaar
Gar einen ungeheuren Riesen
Auf einem kleinen Platz gewiesen,
Dadurch, daß er solch einen Stab
Zween Männern in die Hände gab,
Der noch einmal so lang, als sie.
Mit diesem maßen diese hie
Den
Troſt.
Troſt,
aus der Erkenntniß unſerer Kleinheit.
Auf einem kleinen Stuͤck Papier
Sah ich ein großes Wunderthier,
Von ungeheurer Groͤß und Hoͤh,
So ſchaͤumend aus der tiefen See
Hervorbrach, kuͤnſtlich abgeriſſen.
Jch dachte, wie der Augenſchein
Doch koͤnne ſo betruͤglich ſeyn,
Und war mit allem Ernſt befliſſen,
Von dem Betrug den Grund zu wiſſen.
Jndem, da doch das ganze Blatt
Nicht einer Spannen Laͤnge hat,
Das Thier doch eine Groͤße zeiget,
Die Baͤum und Haͤuſer uͤberſteiget.
Nachdem ich nun die Urſach fand,
Daß bloß allein der Gegenſtand
(Da Baͤume, Maͤnn-und Haͤuſerchen ſo klein,
Bey dieſem Thier gemalet ſeyn,)
Die Urſach dieſes Wunders war:
Fiel mir ein ander Kunſtſtuͤck ein,
Da einer aus der Maler Schaar
Gar einen ungeheuren Rieſen
Auf einem kleinen Platz gewieſen,
Dadurch, daß er ſolch einen Stab
Zween Maͤnnern in die Haͤnde gab,
Der noch einmal ſo lang, als ſie.
Mit dieſem maßen dieſe hie
Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0566" n="542"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Tro&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Tro&#x017F;t,</hi><lb/>
aus der Erkenntniß un&#x017F;erer Kleinheit.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">A</hi>uf einem kleinen Stu&#x0364;ck Papier</l><lb/>
            <l>Sah ich ein großes Wunderthier,</l><lb/>
            <l>Von ungeheurer Gro&#x0364;ß und Ho&#x0364;h,</l><lb/>
            <l>So &#x017F;cha&#x0364;umend aus der tiefen See</l><lb/>
            <l>Hervorbrach, ku&#x0364;n&#x017F;tlich abgeri&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Jch dachte, wie der Augen&#x017F;chein</l><lb/>
            <l>Doch ko&#x0364;nne &#x017F;o betru&#x0364;glich &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Und war mit allem Ern&#x017F;t befli&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Von dem Betrug den Grund zu wi&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Jndem, da doch das ganze Blatt</l><lb/>
            <l>Nicht einer Spannen La&#x0364;nge hat,</l><lb/>
            <l>Das Thier doch eine Gro&#x0364;ße zeiget,</l><lb/>
            <l>Die Ba&#x0364;um und Ha&#x0364;u&#x017F;er u&#x0364;ber&#x017F;teiget.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Nachdem ich nun die Ur&#x017F;ach fand,</l><lb/>
            <l>Daß bloß allein der Gegen&#x017F;tand</l><lb/>
            <l>(Da Ba&#x0364;ume, Ma&#x0364;nn-und Ha&#x0364;u&#x017F;erchen &#x017F;o klein,</l><lb/>
            <l>Bey die&#x017F;em Thier gemalet &#x017F;eyn,)</l><lb/>
            <l>Die Ur&#x017F;ach die&#x017F;es Wunders war:</l><lb/>
            <l>Fiel mir ein ander Kun&#x017F;t&#x017F;tu&#x0364;ck ein,</l><lb/>
            <l>Da einer aus der Maler Schaar</l><lb/>
            <l>Gar einen ungeheuren Rie&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Auf einem kleinen Platz gewie&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Dadurch, daß er &#x017F;olch einen Stab</l><lb/>
            <l>Zween Ma&#x0364;nnern in die Ha&#x0364;nde gab,</l><lb/>
            <l>Der noch einmal &#x017F;o lang, als &#x017F;ie.</l><lb/>
            <l>Mit die&#x017F;em maßen die&#x017F;e hie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[542/0566] Troſt. Troſt, aus der Erkenntniß unſerer Kleinheit. Auf einem kleinen Stuͤck Papier Sah ich ein großes Wunderthier, Von ungeheurer Groͤß und Hoͤh, So ſchaͤumend aus der tiefen See Hervorbrach, kuͤnſtlich abgeriſſen. Jch dachte, wie der Augenſchein Doch koͤnne ſo betruͤglich ſeyn, Und war mit allem Ernſt befliſſen, Von dem Betrug den Grund zu wiſſen. Jndem, da doch das ganze Blatt Nicht einer Spannen Laͤnge hat, Das Thier doch eine Groͤße zeiget, Die Baͤum und Haͤuſer uͤberſteiget. Nachdem ich nun die Urſach fand, Daß bloß allein der Gegenſtand (Da Baͤume, Maͤnn-und Haͤuſerchen ſo klein, Bey dieſem Thier gemalet ſeyn,) Die Urſach dieſes Wunders war: Fiel mir ein ander Kunſtſtuͤck ein, Da einer aus der Maler Schaar Gar einen ungeheuren Rieſen Auf einem kleinen Platz gewieſen, Dadurch, daß er ſolch einen Stab Zween Maͤnnern in die Haͤnde gab, Der noch einmal ſo lang, als ſie. Mit dieſem maßen dieſe hie Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/566
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/566>, abgerufen am 22.11.2024.