Auf einem kleinen Stück Papier Sah ich ein großes Wunderthier, Von ungeheurer Größ und Höh, So schäumend aus der tiefen See Hervorbrach, künstlich abgerissen. Jch dachte, wie der Augenschein Doch könne so betrüglich seyn, Und war mit allem Ernst beflissen, Von dem Betrug den Grund zu wissen. Jndem, da doch das ganze Blatt Nicht einer Spannen Länge hat, Das Thier doch eine Größe zeiget, Die Bäum und Häuser übersteiget.
Nachdem ich nun die Ursach fand, Daß bloß allein der Gegenstand (Da Bäume, Männ-und Häuserchen so klein, Bey diesem Thier gemalet seyn,) Die Ursach dieses Wunders war: Fiel mir ein ander Kunststück ein, Da einer aus der Maler Schaar Gar einen ungeheuren Riesen Auf einem kleinen Platz gewiesen, Dadurch, daß er solch einen Stab Zween Männern in die Hände gab, Der noch einmal so lang, als sie. Mit diesem maßen diese hie
Den
Troſt.
Troſt, aus der Erkenntniß unſerer Kleinheit.
Auf einem kleinen Stuͤck Papier Sah ich ein großes Wunderthier, Von ungeheurer Groͤß und Hoͤh, So ſchaͤumend aus der tiefen See Hervorbrach, kuͤnſtlich abgeriſſen. Jch dachte, wie der Augenſchein Doch koͤnne ſo betruͤglich ſeyn, Und war mit allem Ernſt befliſſen, Von dem Betrug den Grund zu wiſſen. Jndem, da doch das ganze Blatt Nicht einer Spannen Laͤnge hat, Das Thier doch eine Groͤße zeiget, Die Baͤum und Haͤuſer uͤberſteiget.
Nachdem ich nun die Urſach fand, Daß bloß allein der Gegenſtand (Da Baͤume, Maͤnn-und Haͤuſerchen ſo klein, Bey dieſem Thier gemalet ſeyn,) Die Urſach dieſes Wunders war: Fiel mir ein ander Kunſtſtuͤck ein, Da einer aus der Maler Schaar Gar einen ungeheuren Rieſen Auf einem kleinen Platz gewieſen, Dadurch, daß er ſolch einen Stab Zween Maͤnnern in die Haͤnde gab, Der noch einmal ſo lang, als ſie. Mit dieſem maßen dieſe hie
Den
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[542/0566]
Troſt.
Troſt,
aus der Erkenntniß unſerer Kleinheit.
Auf einem kleinen Stuͤck Papier
Sah ich ein großes Wunderthier,
Von ungeheurer Groͤß und Hoͤh,
So ſchaͤumend aus der tiefen See
Hervorbrach, kuͤnſtlich abgeriſſen.
Jch dachte, wie der Augenſchein
Doch koͤnne ſo betruͤglich ſeyn,
Und war mit allem Ernſt befliſſen,
Von dem Betrug den Grund zu wiſſen.
Jndem, da doch das ganze Blatt
Nicht einer Spannen Laͤnge hat,
Das Thier doch eine Groͤße zeiget,
Die Baͤum und Haͤuſer uͤberſteiget.
Nachdem ich nun die Urſach fand,
Daß bloß allein der Gegenſtand
(Da Baͤume, Maͤnn-und Haͤuſerchen ſo klein,
Bey dieſem Thier gemalet ſeyn,)
Die Urſach dieſes Wunders war:
Fiel mir ein ander Kunſtſtuͤck ein,
Da einer aus der Maler Schaar
Gar einen ungeheuren Rieſen
Auf einem kleinen Platz gewieſen,
Dadurch, daß er ſolch einen Stab
Zween Maͤnnern in die Haͤnde gab,
Der noch einmal ſo lang, als ſie.
Mit dieſem maßen dieſe hie
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/566>, abgerufen am 22.11.2024.
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