Betrachtet und zugleich dabey, was ich geschrieben, überlase; Mit einem spitzigen Gelächter, mich meine Müh zu sparen bat. Jch sahe ja, an dieser Blum, sprach er, ein' unleugbare Spur, Sie sey ein Fehler, eine Schwäche, und bloß ein Jrrthum der Natur, Den sie, indem sie blindlings wirkte, und oft sich von der Richtschnur trennte, Aus Mangel einer klugen Einsicht, wie hier, gar leicht bege- hen könnte.
Jch stutzte; nicht so sehr darum, daß er so frech mir wider- sprach, Und unverhofft mich lügen hieß, mich einer Schwäch und Thor- heit zeihte, Und, durch solch unverschämt Betragen, mir die Gedanken ganz zerstreute. Jch dachte seinen wilden Schlüssen und seinem Unfug ernstlich nach, So viel der Unmuth mirs erlaubte; bezwang mein Feuer, das schon brannte; Und fieng mit aller Sanftmuth an: Kann es wohl möglich seyn, mein Freund! Daß du dich nicht entsiehst, des Schöpfers, der Menschen, ja dein eigner Feind, So ganz unüberlegt zu werden? Was dir ein Fehl und Jrr- thum scheint, Und was, aus übereiltem Sinn, dein Geist erst Schwäch und Mangel nannte, Zeigt, in dem so genannten Jrrthum, den allerzierlichsten Verband, Und weist, in seiner Symmetrie, nicht minder Ordnung und Verstand,
Als
Auſſerordentliche Kaiſerkrone.
Betrachtet und zugleich dabey, was ich geſchrieben, uͤberlaſe; Mit einem ſpitzigen Gelaͤchter, mich meine Muͤh zu ſparen bat. Jch ſahe ja, an dieſer Blum, ſprach er, ein’ unleugbare Spur, Sie ſey ein Fehler, eine Schwaͤche, und bloß ein Jrrthum der Natur, Den ſie, indem ſie blindlings wirkte, und oft ſich von der Richtſchnur trennte, Aus Mangel einer klugen Einſicht, wie hier, gar leicht bege- hen koͤnnte.
Jch ſtutzte; nicht ſo ſehr darum, daß er ſo frech mir wider- ſprach, Und unverhofft mich luͤgen hieß, mich einer Schwaͤch und Thor- heit zeihte, Und, durch ſolch unverſchaͤmt Betragen, mir die Gedanken ganz zerſtreute. Jch dachte ſeinen wilden Schluͤſſen und ſeinem Unfug ernſtlich nach, So viel der Unmuth mirs erlaubte; bezwang mein Feuer, das ſchon brannte; Und fieng mit aller Sanftmuth an: Kann es wohl moͤglich ſeyn, mein Freund! Daß du dich nicht entſiehſt, des Schoͤpfers, der Menſchen, ja dein eigner Feind, So ganz unuͤberlegt zu werden? Was dir ein Fehl und Jrr- thum ſcheint, Und was, aus uͤbereiltem Sinn, dein Geiſt erſt Schwaͤch und Mangel nannte, Zeigt, in dem ſo genannten Jrrthum, den allerzierlichſten Verband, Und weiſt, in ſeiner Symmetrie, nicht minder Ordnung und Verſtand,
Als
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Auſſerordentliche Kaiſerkrone.
Betrachtet und zugleich dabey, was ich geſchrieben, uͤberlaſe;
Mit einem ſpitzigen Gelaͤchter, mich meine Muͤh zu ſparen bat.
Jch ſahe ja, an dieſer Blum, ſprach er, ein’ unleugbare
Spur,
Sie ſey ein Fehler, eine Schwaͤche, und bloß ein Jrrthum
der Natur,
Den ſie, indem ſie blindlings wirkte, und oft ſich von der
Richtſchnur trennte,
Aus Mangel einer klugen Einſicht, wie hier, gar leicht bege-
hen koͤnnte.
Jch ſtutzte; nicht ſo ſehr darum, daß er ſo frech mir wider-
ſprach,
Und unverhofft mich luͤgen hieß, mich einer Schwaͤch und Thor-
heit zeihte,
Und, durch ſolch unverſchaͤmt Betragen, mir die Gedanken ganz
zerſtreute.
Jch dachte ſeinen wilden Schluͤſſen und ſeinem Unfug ernſtlich
nach,
So viel der Unmuth mirs erlaubte; bezwang mein Feuer,
das ſchon brannte;
Und fieng mit aller Sanftmuth an: Kann es wohl moͤglich
ſeyn, mein Freund!
Daß du dich nicht entſiehſt, des Schoͤpfers, der Menſchen, ja dein
eigner Feind,
So ganz unuͤberlegt zu werden? Was dir ein Fehl und Jrr-
thum ſcheint,
Und was, aus uͤbereiltem Sinn, dein Geiſt erſt Schwaͤch und
Mangel nannte,
Zeigt, in dem ſo genannten Jrrthum, den allerzierlichſten Verband,
Und weiſt, in ſeiner Symmetrie, nicht minder Ordnung und
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/48>, abgerufen am 23.11.2024.
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