Die der allein nur spielen siehet, und sah, dem unsers Herzens Grund, Und die verborgensten Gedanken so gut, als wie uns selber, kund.
Noch mehr, was sieht dieß große Wesen, was so auf Er- den, als dem Meer, Noch künftig wird, an gut und bösen, gespielet werden, schon vorher? Laßt, um von einem einzigen nur was zu sehen, uns bemühn, Jn die Comödie zu gehn, die Deck ein wenig aufzuziehn, Und was wir sehen und verstehn, was wir vernehmen, was wir hören, So viel es unsre Kräfte leiden, so andern, als uns selbst, er- klären.
Daß ich nun mag, so viel mir möglich, den vorgestreckten Zweck erzielen, Und mich und andere belehren: So will ich vor mir selber spielen.
Jch kehr das Fernglas auf mich selbst. Auf mit dem Vor- hang! alles frey! Damit, was sich so gern verbirgt, was deutlicher zu sehen sey. Und mich kein Vorurtheil verwirre! Wie aber geht denn die- ses an, Daß ich der Schauplatz, Spieler, Schauer, zugleich auf ein- mal, werden kann? O ja, daß dieß, wovon ich handle, selbst der Natur der Men- schen eigen; Davon kann auch so gar ein Traum dir eine klare Probe zeigen.
Kann
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Die Werkſtatt der Seelen.
Die der allein nur ſpielen ſiehet, und ſah, dem unſers Herzens Grund, Und die verborgenſten Gedanken ſo gut, als wie uns ſelber, kund.
Noch mehr, was ſieht dieß große Weſen, was ſo auf Er- den, als dem Meer, Noch kuͤnftig wird, an gut und boͤſen, geſpielet werden, ſchon vorher? Laßt, um von einem einzigen nur was zu ſehen, uns bemuͤhn, Jn die Comoͤdie zu gehn, die Deck ein wenig aufzuziehn, Und was wir ſehen und verſtehn, was wir vernehmen, was wir hoͤren, So viel es unſre Kraͤfte leiden, ſo andern, als uns ſelbſt, er- klaͤren.
Daß ich nun mag, ſo viel mir moͤglich, den vorgeſtreckten Zweck erzielen, Und mich und andere belehren: So will ich vor mir ſelber ſpielen.
Jch kehr das Fernglas auf mich ſelbſt. Auf mit dem Vor- hang! alles frey! Damit, was ſich ſo gern verbirgt, was deutlicher zu ſehen ſey. Und mich kein Vorurtheil verwirre! Wie aber geht denn die- ſes an, Daß ich der Schauplatz, Spieler, Schauer, zugleich auf ein- mal, werden kann? O ja, daß dieß, wovon ich handle, ſelbſt der Natur der Men- ſchen eigen; Davon kann auch ſo gar ein Traum dir eine klare Probe zeigen.
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Die Werkſtatt der Seelen.
Die der allein nur ſpielen ſiehet, und ſah, dem unſers Herzens
Grund,
Und die verborgenſten Gedanken ſo gut, als wie uns ſelber,
kund.
Noch mehr, was ſieht dieß große Weſen, was ſo auf Er-
den, als dem Meer,
Noch kuͤnftig wird, an gut und boͤſen, geſpielet werden, ſchon
vorher?
Laßt, um von einem einzigen nur was zu ſehen, uns bemuͤhn,
Jn die Comoͤdie zu gehn, die Deck ein wenig aufzuziehn,
Und was wir ſehen und verſtehn, was wir vernehmen, was
wir hoͤren,
So viel es unſre Kraͤfte leiden, ſo andern, als uns ſelbſt, er-
klaͤren.
Daß ich nun mag, ſo viel mir moͤglich, den vorgeſtreckten
Zweck erzielen,
Und mich und andere belehren: So will ich vor mir ſelber
ſpielen.
Jch kehr das Fernglas auf mich ſelbſt. Auf mit dem Vor-
hang! alles frey!
Damit, was ſich ſo gern verbirgt, was deutlicher zu ſehen ſey.
Und mich kein Vorurtheil verwirre! Wie aber geht denn die-
ſes an,
Daß ich der Schauplatz, Spieler, Schauer, zugleich auf ein-
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O ja, daß dieß, wovon ich handle, ſelbſt der Natur der Men-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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