Verfaulen und verderben würde, die Wind' und ihre strenge Wuth, Aus weiser Absicht zugetheilet. Er hat, weil diese noch zu flüchtig Und ungewiß, ein andres Mittel, das unveränderlich und richtig, Das Meer in stetiger Bewegung zu unterhalten, ausgefunden, Und dadurch Nutzen und Ergetzen recht unverbesserlich ver- bunden.
Daß wir den eigentlichen Grund von diesem Wunder nun nicht fassen, Soll jemand, der es untersucht, sich billig nicht befremden lassen. Denn, alle Dinge fassen wollen, ist stolzer Hochmuth; und hingegen Das, so wir unserm Schöpfer schuldig, für seine Führung, nicht erwegen, Jst ein fast mehr als viehisches Betragen und Unwissenheit, Ja gegen seine Macht und Liebe, Verachtung und Undank- barkeit.
Sind solche große Wunderwerke nicht unserer Betrachtung werth, Und daß man dessen Weisheit, Ordnung, Regierung, Führung, Lieb und Macht, Der den Zusammenhang der Dinge geordnet und hervorge- bracht, Nach allen unsers Geistes Kräften, in frölicher Bewundrung, ehrt?
Dieß Meer-Salz nun, das alle Wasser, auch Fisch, in ih- rer Daur erhält, Hat, ausser diesen Nutzbarkeiten, zu der Erhaltung unsrer Welt,
Noch
Betrachtung des Weltmeers.
Verfaulen und verderben wuͤrde, die Wind’ und ihre ſtrenge Wuth, Aus weiſer Abſicht zugetheilet. Er hat, weil dieſe noch zu fluͤchtig Und ungewiß, ein andres Mittel, das unveraͤnderlich und richtig, Das Meer in ſtetiger Bewegung zu unterhalten, ausgefunden, Und dadurch Nutzen und Ergetzen recht unverbeſſerlich ver- bunden.
Daß wir den eigentlichen Grund von dieſem Wunder nun nicht faſſen, Soll jemand, der es unterſucht, ſich billig nicht befremden laſſen. Denn, alle Dinge faſſen wollen, iſt ſtolzer Hochmuth; und hingegen Das, ſo wir unſerm Schoͤpfer ſchuldig, fuͤr ſeine Fuͤhrung, nicht erwegen, Jſt ein faſt mehr als viehiſches Betragen und Unwiſſenheit, Ja gegen ſeine Macht und Liebe, Verachtung und Undank- barkeit.
Sind ſolche große Wunderwerke nicht unſerer Betrachtung werth, Und daß man deſſen Weisheit, Ordnung, Regierung, Fuͤhrung, Lieb und Macht, Der den Zuſammenhang der Dinge geordnet und hervorge- bracht, Nach allen unſers Geiſtes Kraͤften, in froͤlicher Bewundrung, ehrt?
Dieß Meer-Salz nun, das alle Waſſer, auch Fiſch, in ih- rer Daur erhaͤlt, Hat, auſſer dieſen Nutzbarkeiten, zu der Erhaltung unſrer Welt,
Noch
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Betrachtung des Weltmeers.
Verfaulen und verderben wuͤrde, die Wind’ und ihre ſtrenge
Wuth,
Aus weiſer Abſicht zugetheilet. Er hat, weil dieſe noch zu
fluͤchtig
Und ungewiß, ein andres Mittel, das unveraͤnderlich und richtig,
Das Meer in ſtetiger Bewegung zu unterhalten, ausgefunden,
Und dadurch Nutzen und Ergetzen recht unverbeſſerlich ver-
bunden.
Daß wir den eigentlichen Grund von dieſem Wunder nun
nicht faſſen,
Soll jemand, der es unterſucht, ſich billig nicht befremden
laſſen.
Denn, alle Dinge faſſen wollen, iſt ſtolzer Hochmuth; und
hingegen
Das, ſo wir unſerm Schoͤpfer ſchuldig, fuͤr ſeine Fuͤhrung,
nicht erwegen,
Jſt ein faſt mehr als viehiſches Betragen und Unwiſſenheit,
Ja gegen ſeine Macht und Liebe, Verachtung und Undank-
barkeit.
Sind ſolche große Wunderwerke nicht unſerer Betrachtung
werth,
Und daß man deſſen Weisheit, Ordnung, Regierung, Fuͤhrung,
Lieb und Macht,
Der den Zuſammenhang der Dinge geordnet und hervorge-
bracht,
Nach allen unſers Geiſtes Kraͤften, in froͤlicher Bewundrung,
ehrt?
Dieß Meer-Salz nun, das alle Waſſer, auch Fiſch, in ih-
rer Daur erhaͤlt,
Hat, auſſer dieſen Nutzbarkeiten, zu der Erhaltung unſrer
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/444>, abgerufen am 22.11.2024.
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