So mir, als dir zur Lehr, mein Leser, unterwinden, Und uns dazu verbunden schätzen.
So bilde dir denn ein, und stelle dir, Zum Beyspiel, eine Feldmaus für, Die etwan in der Höh, auf einem Hügel, säße, Woselbst, voll Gram, voll schwarzer Traurigkeit, Und bittrer Unzufriedenheit, Sie, halb erstarrt, die Grausamkeit ermäße, Von einem Menschen, der sein Feld, Jn welchem ungezählte Schaaren Von Mäusen, schon seit vielen Jahren, Den Aufenthalt gehabt, mit Wasser überlaufen, Und ganz bedecken hieß, sie sähe selbst, mit Haufen, So alt, als jung, ersticken und ersaufen, Die Nester umgekehrt, verheeret, Die ganze Republik verstöret; Hierüber ganz erstaunt, fing sie, voll Eifer, an: O welch ein grausames Verfahren! O welche Tyranney! Wer lebet auf der Welt, der solche Barbarey, Ohn eine billige Verzweiflung, sehen kann? Was meynst du: Könnte wohl die Maus mit Recht Nicht Klagen, Seufzen, Gram, Grimm und Verzweiflung sparen?
Du wendest nun vielleicht hiegegen ein: Wie können Mäus und Menschen doch Jm Ernst von dir verglichen seyn; Was vor ein Unterscheid von Menschen zu den Mäusen?
Der Zwischenstand zum menschlichen Geschlecht Von Mäusen, ist zwar groß: Allein, es ist annoch Der Zwischenstand, von uns zu Gott, unendlich größer, Es bleibt auch, ohn Vergleich, der Menschen Zustand besser; Jndem sie, wie die Mäus, im Sterben nicht vergehn, Und sich vernichtigen, nein, ewiglich bestehn.
Da
Zweifelmuth.
So mir, als dir zur Lehr, mein Leſer, unterwinden, Und uns dazu verbunden ſchaͤtzen.
So bilde dir denn ein, und ſtelle dir, Zum Beyſpiel, eine Feldmaus fuͤr, Die etwan in der Hoͤh, auf einem Huͤgel, ſaͤße, Woſelbſt, voll Gram, voll ſchwarzer Traurigkeit, Und bittrer Unzufriedenheit, Sie, halb erſtarrt, die Grauſamkeit ermaͤße, Von einem Menſchen, der ſein Feld, Jn welchem ungezaͤhlte Schaaren Von Maͤuſen, ſchon ſeit vielen Jahren, Den Aufenthalt gehabt, mit Waſſer uͤberlaufen, Und ganz bedecken hieß, ſie ſaͤhe ſelbſt, mit Haufen, So alt, als jung, erſticken und erſaufen, Die Neſter umgekehrt, verheeret, Die ganze Republik verſtoͤret; Hieruͤber ganz erſtaunt, fing ſie, voll Eifer, an: O welch ein grauſames Verfahren! O welche Tyranney! Wer lebet auf der Welt, der ſolche Barbarey, Ohn eine billige Verzweiflung, ſehen kann? Was meynſt du: Koͤnnte wohl die Maus mit Recht Nicht Klagen, Seufzen, Gram, Grimm und Verzweiflung ſparen?
Du wendeſt nun vielleicht hiegegen ein: Wie koͤnnen Maͤuſ und Menſchen doch Jm Ernſt von dir verglichen ſeyn; Was vor ein Unterſcheid von Menſchen zu den Maͤuſen?
Der Zwiſchenſtand zum menſchlichen Geſchlecht Von Maͤuſen, iſt zwar groß: Allein, es iſt annoch Der Zwiſchenſtand, von uns zu Gott, unendlich groͤßer, Es bleibt auch, ohn Vergleich, der Menſchen Zuſtand beſſer; Jndem ſie, wie die Maͤuſ, im Sterben nicht vergehn, Und ſich vernichtigen, nein, ewiglich beſtehn.
Da
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Zweifelmuth.
So mir, als dir zur Lehr, mein Leſer, unterwinden,
Und uns dazu verbunden ſchaͤtzen.
So bilde dir denn ein, und ſtelle dir,
Zum Beyſpiel, eine Feldmaus fuͤr,
Die etwan in der Hoͤh, auf einem Huͤgel, ſaͤße,
Woſelbſt, voll Gram, voll ſchwarzer Traurigkeit,
Und bittrer Unzufriedenheit,
Sie, halb erſtarrt, die Grauſamkeit ermaͤße,
Von einem Menſchen, der ſein Feld,
Jn welchem ungezaͤhlte Schaaren
Von Maͤuſen, ſchon ſeit vielen Jahren,
Den Aufenthalt gehabt, mit Waſſer uͤberlaufen,
Und ganz bedecken hieß, ſie ſaͤhe ſelbſt, mit Haufen,
So alt, als jung, erſticken und erſaufen,
Die Neſter umgekehrt, verheeret,
Die ganze Republik verſtoͤret;
Hieruͤber ganz erſtaunt, fing ſie, voll Eifer, an:
O welch ein grauſames Verfahren!
O welche Tyranney!
Wer lebet auf der Welt, der ſolche Barbarey,
Ohn eine billige Verzweiflung, ſehen kann?
Was meynſt du: Koͤnnte wohl die Maus mit Recht
Nicht Klagen, Seufzen, Gram, Grimm und Verzweiflung ſparen?
Du wendeſt nun vielleicht hiegegen ein:
Wie koͤnnen Maͤuſ und Menſchen doch
Jm Ernſt von dir verglichen ſeyn;
Was vor ein Unterſcheid von Menſchen zu den Maͤuſen?
Der Zwiſchenſtand zum menſchlichen Geſchlecht
Von Maͤuſen, iſt zwar groß: Allein, es iſt annoch
Der Zwiſchenſtand, von uns zu Gott, unendlich groͤßer,
Es bleibt auch, ohn Vergleich, der Menſchen Zuſtand beſſer;
Jndem ſie, wie die Maͤuſ, im Sterben nicht vergehn,
Und ſich vernichtigen, nein, ewiglich beſtehn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/424>, abgerufen am 16.07.2024.
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