So beydes Gotteslästerlich. Sprich nicht: Jndem die Bibel spricht: Gott schuf dem Menschen, ihm zum Bilde; so wär es auch der Menschen Pflicht, Von Gott was menschlichs zu gedenken. Denn hör: Wenn du den Ort erwegest, Und Mosis Worte mit Bedacht, ohn Vorurtheil, recht über- legest: So wirst du überzeuglich finden, daß sie unmöglich ei- gentlich Von uns verstanden werden können. Denn erstlich hat ja Gott kein Bild. Dieß wirst du wohl nicht leugnen dürfen. Der die Unend- lichkeit erfüllt, Kann keine Bildungs-Gränzen haben; dieß zeigt die Schrift an tausend Orten, Es zeigt uns Gott und die Vernunft. Allein, es steckt in diesen Worten, Wirfst du vielleicht mir ferner ein, doch wenigstens so viel, daß man Doch etwas Göttliches in uns mit Fuge folgern muß und kann: So will ich dieß zwar nicht verneinen. Doch geht dieß Gleich- niß weiter nicht, Als wenn die Schrift, an vielen Stellen, mit fast denselben Worten spricht: Es habe Gott der Obrigkeit sein Bild auf Erden angehangen. Die Richter wären alle Görter. Kann nun ein Rich- ter wohl verlangen, Er habe von der Gottheit Wesen ein wesentliches Theil em- pfangen;
Und
Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
So beydes Gotteslaͤſterlich. Sprich nicht: Jndem die Bibel ſpricht: Gott ſchuf dem Menſchen, ihm zum Bilde; ſo waͤr es auch der Menſchen Pflicht, Von Gott was menſchlichs zu gedenken. Denn hoͤr: Wenn du den Ort erwegeſt, Und Moſis Worte mit Bedacht, ohn Vorurtheil, recht uͤber- legeſt: So wirſt du uͤberzeuglich finden, daß ſie unmoͤglich ei- gentlich Von uns verſtanden werden koͤnnen. Denn erſtlich hat ja Gott kein Bild. Dieß wirſt du wohl nicht leugnen duͤrfen. Der die Unend- lichkeit erfuͤllt, Kann keine Bildungs-Graͤnzen haben; dieß zeigt die Schrift an tauſend Orten, Es zeigt uns Gott und die Vernunft. Allein, es ſteckt in dieſen Worten, Wirfſt du vielleicht mir ferner ein, doch wenigſtens ſo viel, daß man Doch etwas Goͤttliches in uns mit Fuge folgern muß und kann: So will ich dieß zwar nicht verneinen. Doch geht dieß Gleich- niß weiter nicht, Als wenn die Schrift, an vielen Stellen, mit faſt denſelben Worten ſpricht: Es habe Gott der Obrigkeit ſein Bild auf Erden angehangen. Die Richter waͤren alle Goͤrter. Kann nun ein Rich- ter wohl verlangen, Er habe von der Gottheit Weſen ein weſentliches Theil em- pfangen;
Und
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Die ſchlimmſte Abgoͤtterey.
So beydes Gotteslaͤſterlich. Sprich nicht: Jndem die
Bibel ſpricht:
Gott ſchuf dem Menſchen, ihm zum Bilde; ſo waͤr
es auch der Menſchen Pflicht,
Von Gott was menſchlichs zu gedenken. Denn hoͤr:
Wenn du den Ort erwegeſt,
Und Moſis Worte mit Bedacht, ohn Vorurtheil, recht uͤber-
legeſt:
So wirſt du uͤberzeuglich finden, daß ſie unmoͤglich ei-
gentlich
Von uns verſtanden werden koͤnnen. Denn erſtlich hat ja
Gott kein Bild.
Dieß wirſt du wohl nicht leugnen duͤrfen. Der die Unend-
lichkeit erfuͤllt,
Kann keine Bildungs-Graͤnzen haben; dieß zeigt die Schrift
an tauſend Orten,
Es zeigt uns Gott und die Vernunft. Allein, es ſteckt in
dieſen Worten,
Wirfſt du vielleicht mir ferner ein, doch wenigſtens ſo
viel, daß man
Doch etwas Goͤttliches in uns mit Fuge folgern
muß und kann:
So will ich dieß zwar nicht verneinen. Doch geht dieß Gleich-
niß weiter nicht,
Als wenn die Schrift, an vielen Stellen, mit faſt denſelben
Worten ſpricht:
Es habe Gott der Obrigkeit ſein Bild auf Erden
angehangen.
Die Richter waͤren alle Goͤrter. Kann nun ein Rich-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/341>, abgerufen am 23.11.2024.
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