Als daß man sich mit sich allein So sehr beschäfftigt, wohl zu seyn.
Jn der Geschöpfe Herrlichkeit, Jn ihrer Anmuth, Zier und Pracht, Die Herrlichkeit des, der sie macht, Zu sehen, hat man keine Zeit. Man hat für sie nicht Aug, nicht Ohren, Da man sie nicht mit Lust erwegt, Dadurch wird, was Gott drin gelegt, Ja Gott fast selbst für uns verlohren. So hab ich oftermals gedacht; So hab ich oftermals gelehret. Doch alles schlägt man aus der Acht, Und hat sich nicht daran gekehret.
Jch schliesse dann hieraus mit Recht, Daß es in unsrer Kraft nicht stehe, Und daß das menschliche Geschlecht Sich nicht, durch sich, zu Gott erhöhe. Jch sage denn: Es bleibt dabey, Daß an des Schöpfers Wundergaben Mit Seel und Sinnen sich zu laben, Ein' eigne Gottesgabe sey.* So laßt uns dann zu Gott uns lenken, Um ihn in Demuth anzuflehn, Er woll uns diese Gabe schenken, Jhn überall mit Lust zu sehn!
Be-
* Ein hörend Ohr und sehend Auge, die machet beyde der Herr. Proverb. 20, 21.
Br.VI.Th. U
Vergnuͤgen an Gottes Werk.
Als daß man ſich mit ſich allein So ſehr beſchaͤfftigt, wohl zu ſeyn.
Jn der Geſchoͤpfe Herrlichkeit, Jn ihrer Anmuth, Zier und Pracht, Die Herrlichkeit des, der ſie macht, Zu ſehen, hat man keine Zeit. Man hat fuͤr ſie nicht Aug, nicht Ohren, Da man ſie nicht mit Luſt erwegt, Dadurch wird, was Gott drin gelegt, Ja Gott faſt ſelbſt fuͤr uns verlohren. So hab ich oftermals gedacht; So hab ich oftermals gelehret. Doch alles ſchlaͤgt man aus der Acht, Und hat ſich nicht daran gekehret.
Jch ſchlieſſe dann hieraus mit Recht, Daß es in unſrer Kraft nicht ſtehe, Und daß das menſchliche Geſchlecht Sich nicht, durch ſich, zu Gott erhoͤhe. Jch ſage denn: Es bleibt dabey, Daß an des Schoͤpfers Wundergaben Mit Seel und Sinnen ſich zu laben, Ein’ eigne Gottesgabe ſey.* So laßt uns dann zu Gott uns lenken, Um ihn in Demuth anzuflehn, Er woll uns dieſe Gabe ſchenken, Jhn uͤberall mit Luſt zu ſehn!
Be-
* Ein hoͤrend Ohr und ſehend Auge, die machet beyde der Herr. Proverb. 20, 21.
Br.VI.Th. U
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="2"><l><pbfacs="#f0329"n="305"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vergnuͤgen an Gottes Werk.</hi></fw><lb/>
Als daß man ſich mit ſich allein</l><lb/><l>So ſehr beſchaͤfftigt, wohl zu ſeyn.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Jn der Geſchoͤpfe Herrlichkeit,</l><lb/><l>Jn ihrer Anmuth, Zier und Pracht,</l><lb/><l>Die Herrlichkeit des, der ſie macht,</l><lb/><l>Zu ſehen, hat man keine Zeit.</l><lb/><l>Man hat fuͤr ſie nicht Aug, nicht Ohren,</l><lb/><l>Da man ſie nicht mit Luſt erwegt,</l><lb/><l>Dadurch wird, was Gott drin gelegt,</l><lb/><l>Ja Gott faſt ſelbſt fuͤr uns verlohren.</l><lb/><l>So hab ich oftermals gedacht;</l><lb/><l>So hab ich oftermals gelehret.</l><lb/><l>Doch alles ſchlaͤgt man aus der Acht,</l><lb/><l>Und hat ſich nicht daran gekehret.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Jch ſchlieſſe dann hieraus mit Recht,</l><lb/><l>Daß es in unſrer Kraft nicht ſtehe,</l><lb/><l>Und daß das menſchliche Geſchlecht</l><lb/><l>Sich nicht, durch ſich, zu Gott erhoͤhe.</l><lb/><l>Jch ſage denn: Es bleibt dabey,</l><lb/><l>Daß an des Schoͤpfers Wundergaben</l><lb/><l>Mit Seel und Sinnen ſich zu laben,</l><lb/><l>Ein’ eigne Gottesgabe ſey.<noteplace="foot"n="*">Ein hoͤrend Ohr und ſehend Auge, die machet beyde der Herr.<lb/><hirendition="#fr">Proverb.</hi> 20, 21.</note><lb/>
So laßt uns dann zu Gott uns lenken,</l><lb/><l>Um ihn in Demuth anzuflehn,</l><lb/><l>Er woll uns dieſe Gabe ſchenken,</l><lb/><l>Jhn uͤberall mit Luſt zu ſehn!</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Br.</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><hirendition="#fr">Th.</hi> U</fw><fwplace="bottom"type="catch">Be-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[305/0329]
Vergnuͤgen an Gottes Werk.
Als daß man ſich mit ſich allein
So ſehr beſchaͤfftigt, wohl zu ſeyn.
Jn der Geſchoͤpfe Herrlichkeit,
Jn ihrer Anmuth, Zier und Pracht,
Die Herrlichkeit des, der ſie macht,
Zu ſehen, hat man keine Zeit.
Man hat fuͤr ſie nicht Aug, nicht Ohren,
Da man ſie nicht mit Luſt erwegt,
Dadurch wird, was Gott drin gelegt,
Ja Gott faſt ſelbſt fuͤr uns verlohren.
So hab ich oftermals gedacht;
So hab ich oftermals gelehret.
Doch alles ſchlaͤgt man aus der Acht,
Und hat ſich nicht daran gekehret.
Jch ſchlieſſe dann hieraus mit Recht,
Daß es in unſrer Kraft nicht ſtehe,
Und daß das menſchliche Geſchlecht
Sich nicht, durch ſich, zu Gott erhoͤhe.
Jch ſage denn: Es bleibt dabey,
Daß an des Schoͤpfers Wundergaben
Mit Seel und Sinnen ſich zu laben,
Ein’ eigne Gottesgabe ſey. *
So laßt uns dann zu Gott uns lenken,
Um ihn in Demuth anzuflehn,
Er woll uns dieſe Gabe ſchenken,
Jhn uͤberall mit Luſt zu ſehn!
Be-
* Ein hoͤrend Ohr und ſehend Auge, die machet beyde der Herr.
Proverb. 20, 21.
Br. VI. Th. U
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/329>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.