Zusatz ad p. 337. Tom. IV. des irdischen Vergnügens.
Wirfst du vielleicht mir hierauf ein: Dein Schluß hat nur vom Trost den Schein; Denn, wird gleich aus jedwedem Heut Ein baldigs Gestern; wird jedoch Ein Heut aus jedem Morgen wieder, Und so drückt uns des Leidens Joch Nicht minder heut, als gestern, nieder: So muß ich dieß gestehn. Doch ist auch dieses klar, Und von der Tage Fluß unwidersprechlich wahr. Es ist ein Fluß, der nie verweilet, Der unaufhörlich vorwerts eilet, Und wie der Schöpfer es bestimmt, Ein ganz gewisses Ende nimmt. Zu welchem Ende dich, nicht nur jedwede Stunde, So gar ein jegliche Secunde, Die sich all Augenblick verliert, Unwidersprechlich näher führt. Wann nun der schnelle Lauf vorbey: So findet sich, daß auch die allerlängste Zeit, Bey der gewissen Ewigkeit, Wahrhaftig nicht einmal ein Punkt gewesen sey.
Ver-
Zuſatz.
Zuſatz ad p. 337. Tom. IV. des irdiſchen Vergnuͤgens.
Wirfſt du vielleicht mir hierauf ein: Dein Schluß hat nur vom Troſt den Schein; Denn, wird gleich aus jedwedem Heut Ein baldigs Geſtern; wird jedoch Ein Heut aus jedem Morgen wieder, Und ſo druͤckt uns des Leidens Joch Nicht minder heut, als geſtern, nieder: So muß ich dieß geſtehn. Doch iſt auch dieſes klar, Und von der Tage Fluß unwiderſprechlich wahr. Es iſt ein Fluß, der nie verweilet, Der unaufhoͤrlich vorwerts eilet, Und wie der Schoͤpfer es beſtimmt, Ein ganz gewiſſes Ende nimmt. Zu welchem Ende dich, nicht nur jedwede Stunde, So gar ein jegliche Secunde, Die ſich all Augenblick verliert, Unwiderſprechlich naͤher fuͤhrt. Wann nun der ſchnelle Lauf vorbey: So findet ſich, daß auch die allerlaͤngſte Zeit, Bey der gewiſſen Ewigkeit, Wahrhaftig nicht einmal ein Punkt geweſen ſey.
Ver-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0327"n="303"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zuſatz.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Zuſatz</hi></hi><lb/><hirendition="#aq">ad p. 337. Tom. IV.</hi> des irdiſchen Vergnuͤgens.</head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">W</hi>irfſt du vielleicht mir hierauf ein:</l><lb/><l>Dein Schluß hat nur vom Troſt den Schein;</l><lb/><l>Denn, wird gleich aus jedwedem Heut</l><lb/><l>Ein baldigs Geſtern; wird jedoch</l><lb/><l>Ein Heut aus jedem Morgen wieder,</l><lb/><l>Und ſo druͤckt uns des Leidens Joch</l><lb/><l>Nicht minder heut, als geſtern, nieder:</l><lb/><l>So muß ich dieß geſtehn. Doch iſt auch dieſes klar,</l><lb/><l>Und von der Tage Fluß unwiderſprechlich wahr.</l><lb/><l>Es iſt ein Fluß, der nie verweilet,</l><lb/><l>Der unaufhoͤrlich vorwerts eilet,</l><lb/><l>Und wie der Schoͤpfer es beſtimmt,</l><lb/><l>Ein ganz gewiſſes Ende nimmt.</l><lb/><l>Zu welchem Ende dich, nicht nur jedwede Stunde,</l><lb/><l>So gar ein jegliche Secunde,</l><lb/><l>Die ſich all Augenblick verliert,</l><lb/><l>Unwiderſprechlich naͤher fuͤhrt.</l><lb/><l>Wann nun der ſchnelle Lauf vorbey:</l><lb/><l>So findet ſich, daß auch die allerlaͤngſte Zeit,</l><lb/><l>Bey der gewiſſen Ewigkeit,</l><lb/><l>Wahrhaftig nicht einmal ein Punkt geweſen ſey.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[303/0327]
Zuſatz.
Zuſatz
ad p. 337. Tom. IV. des irdiſchen Vergnuͤgens.
Wirfſt du vielleicht mir hierauf ein:
Dein Schluß hat nur vom Troſt den Schein;
Denn, wird gleich aus jedwedem Heut
Ein baldigs Geſtern; wird jedoch
Ein Heut aus jedem Morgen wieder,
Und ſo druͤckt uns des Leidens Joch
Nicht minder heut, als geſtern, nieder:
So muß ich dieß geſtehn. Doch iſt auch dieſes klar,
Und von der Tage Fluß unwiderſprechlich wahr.
Es iſt ein Fluß, der nie verweilet,
Der unaufhoͤrlich vorwerts eilet,
Und wie der Schoͤpfer es beſtimmt,
Ein ganz gewiſſes Ende nimmt.
Zu welchem Ende dich, nicht nur jedwede Stunde,
So gar ein jegliche Secunde,
Die ſich all Augenblick verliert,
Unwiderſprechlich naͤher fuͤhrt.
Wann nun der ſchnelle Lauf vorbey:
So findet ſich, daß auch die allerlaͤngſte Zeit,
Bey der gewiſſen Ewigkeit,
Wahrhaftig nicht einmal ein Punkt geweſen ſey.
Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/327>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.