Recht wie die Bogen nach dem Regen, Mit ihrem bunten Glanz, uns zu ergetzen pflegen.
Ein Engel war es nicht; Er hatte keine Flügel; Auch sprach er nicht, wie wir, doch kunnt ich ihn verstehn, Und seine Meynungen, als wie in einem Spiegel, Auf seiner hellen Stirne sehn. Jch sahe denn ganz deutlich seinen Sinn.
Wir kommen beyde jetzt von einem Orte her, Und eilen allebeyde nun nach einem Orte hin. Wir kommen aus der Erd, und gehn zum Jupiter, Woselbst mein Vaterland. Man hat von dorten mich, nach eure Welt, gesandt, Um von der Menschen Thun und Stand, So uns bishero nicht bekannt, Auch etwas zu erfahren.
Jch sagte nichts, doch kunnt er, ohn mein Sagen, So wohl, als ich an ihm, auch was ich dacht, entdecken. Jch konnte nichts vor ihm verstecken, Und sah die Antwort schon auf meine Fragen, Die ich noch nicht gefragt. Die Erde find ich schön, (Ließ er aufs neue mich an seiner Stirne sehn) Und dient euch euer Kreis, Die Herrlichkeit, den Ruhm und Preis Des großen Schöpfers zu erhöhn. Allein ich kunnt, oft sonder Grauen, Oft sonder Lachen nicht, der Menschen Thun beschauen. Wie mußt ich oftermals bedauren, Daß aller Menschen Lust und Trauren, So seltsam wunderlich und eitle Dinge seyn. Vom Wesen haben sie ja nicht einmal den Schein. Die Vorwürf ihrer Lust (und, wenn sie sie entbehren,
Auch
Traum-Geſicht.
Recht wie die Bogen nach dem Regen, Mit ihrem bunten Glanz, uns zu ergetzen pflegen.
Ein Engel war es nicht; Er hatte keine Fluͤgel; Auch ſprach er nicht, wie wir, doch kunnt ich ihn verſtehn, Und ſeine Meynungen, als wie in einem Spiegel, Auf ſeiner hellen Stirne ſehn. Jch ſahe denn ganz deutlich ſeinen Sinn.
Wir kommen beyde jetzt von einem Orte her, Und eilen allebeyde nun nach einem Orte hin. Wir kommen aus der Erd, und gehn zum Jupiter, Woſelbſt mein Vaterland. Man hat von dorten mich, nach eure Welt, geſandt, Um von der Menſchen Thun und Stand, So uns bishero nicht bekannt, Auch etwas zu erfahren.
Jch ſagte nichts, doch kunnt er, ohn mein Sagen, So wohl, als ich an ihm, auch was ich dacht, entdecken. Jch konnte nichts vor ihm verſtecken, Und ſah die Antwort ſchon auf meine Fragen, Die ich noch nicht gefragt. Die Erde find ich ſchoͤn, (Ließ er aufs neue mich an ſeiner Stirne ſehn) Und dient euch euer Kreis, Die Herrlichkeit, den Ruhm und Preis Des großen Schoͤpfers zu erhoͤhn. Allein ich kunnt, oft ſonder Grauen, Oft ſonder Lachen nicht, der Menſchen Thun beſchauen. Wie mußt ich oftermals bedauren, Daß aller Menſchen Luſt und Trauren, So ſeltſam wunderlich und eitle Dinge ſeyn. Vom Weſen haben ſie ja nicht einmal den Schein. Die Vorwuͤrf ihrer Luſt (und, wenn ſie ſie entbehren,
Auch
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Traum-Geſicht.
Recht wie die Bogen nach dem Regen,
Mit ihrem bunten Glanz, uns zu ergetzen pflegen.
Ein Engel war es nicht;
Er hatte keine Fluͤgel;
Auch ſprach er nicht, wie wir, doch kunnt ich ihn verſtehn,
Und ſeine Meynungen, als wie in einem Spiegel,
Auf ſeiner hellen Stirne ſehn.
Jch ſahe denn ganz deutlich ſeinen Sinn.
Wir kommen beyde jetzt von einem Orte her,
Und eilen allebeyde nun nach einem Orte hin.
Wir kommen aus der Erd, und gehn zum Jupiter,
Woſelbſt mein Vaterland.
Man hat von dorten mich, nach eure Welt, geſandt,
Um von der Menſchen Thun und Stand,
So uns bishero nicht bekannt,
Auch etwas zu erfahren.
Jch ſagte nichts, doch kunnt er, ohn mein Sagen,
So wohl, als ich an ihm, auch was ich dacht, entdecken.
Jch konnte nichts vor ihm verſtecken,
Und ſah die Antwort ſchon auf meine Fragen,
Die ich noch nicht gefragt. Die Erde find ich ſchoͤn,
(Ließ er aufs neue mich an ſeiner Stirne ſehn)
Und dient euch euer Kreis,
Die Herrlichkeit, den Ruhm und Preis
Des großen Schoͤpfers zu erhoͤhn.
Allein ich kunnt, oft ſonder Grauen,
Oft ſonder Lachen nicht, der Menſchen Thun beſchauen.
Wie mußt ich oftermals bedauren,
Daß aller Menſchen Luſt und Trauren,
So ſeltſam wunderlich und eitle Dinge ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/316>, abgerufen am 24.11.2024.
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