Darin bezeugen, zu vergleichen. Jch stutz und ich erstaune schier. Die Menschen, die in solcher Blindheit und dicksten Finsternissen leben, Die lassen eine solche Sucht, der Gottheit zu gefallen, sehn, Ein solches brennendes Verlangen, und solch ein feuriges Be- streben, Mit dem sich wieder zu vereinen, aus dem sie glauben zu entstehn. Wir aber, die wir uns im Licht und mitten in der heilgen Klarheit Des Evangelii befinden, betragen uns in unsrer Wahrheit, Dem äusserlichen Ansehn nach, nicht anders, als wenn unsre Lehre Ein Unglaub, und der andern Unglaub ein recht-und wahrer Glaube wäre. Man kann, aus dieser Handlung, noch ein überzeuglich Bey- spiel nehmen, Zu welchen irrigen Jdeen der Menschen Seelen sich bequemen, Wenn ihnen etwas in der Jugend, und ehe sie zum Denken tüchtig, Als Wahrheit vorgestellet wird. Man nimmt so Wahr-als Thorheit an, Und beydes klebt so fest an uns, daß man sich nicht befreyen kann, So lange man hier lebt, es sey die Meynung närrisch oder richtig.
Un-
Macht des Aberglaubens.
Darin bezeugen, zu vergleichen. Jch ſtutz und ich erſtaune ſchier. Die Menſchen, die in ſolcher Blindheit und dickſten Finſterniſſen leben, Die laſſen eine ſolche Sucht, der Gottheit zu gefallen, ſehn, Ein ſolches brennendes Verlangen, und ſolch ein feuriges Be- ſtreben, Mit dem ſich wieder zu vereinen, aus dem ſie glauben zu entſtehn. Wir aber, die wir uns im Licht und mitten in der heilgen Klarheit Des Evangelii befinden, betragen uns in unſrer Wahrheit, Dem aͤuſſerlichen Anſehn nach, nicht anders, als wenn unſre Lehre Ein Unglaub, und der andern Unglaub ein recht-und wahrer Glaube waͤre. Man kann, aus dieſer Handlung, noch ein uͤberzeuglich Bey- ſpiel nehmen, Zu welchen irrigen Jdeen der Menſchen Seelen ſich bequemen, Wenn ihnen etwas in der Jugend, und ehe ſie zum Denken tuͤchtig, Als Wahrheit vorgeſtellet wird. Man nimmt ſo Wahr-als Thorheit an, Und beydes klebt ſo feſt an uns, daß man ſich nicht befreyen kann, So lange man hier lebt, es ſey die Meynung naͤrriſch oder richtig.
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Macht des Aberglaubens.
Darin bezeugen, zu vergleichen. Jch ſtutz und ich erſtaune
ſchier.
Die Menſchen, die in ſolcher Blindheit und dickſten Finſterniſſen
leben,
Die laſſen eine ſolche Sucht, der Gottheit zu gefallen, ſehn,
Ein ſolches brennendes Verlangen, und ſolch ein feuriges Be-
ſtreben,
Mit dem ſich wieder zu vereinen, aus dem ſie glauben zu
entſtehn.
Wir aber, die wir uns im Licht und mitten in der heilgen
Klarheit
Des Evangelii befinden, betragen uns in unſrer Wahrheit,
Dem aͤuſſerlichen Anſehn nach, nicht anders, als wenn unſre
Lehre
Ein Unglaub, und der andern Unglaub ein recht-und wahrer
Glaube waͤre.
Man kann, aus dieſer Handlung, noch ein uͤberzeuglich Bey-
ſpiel nehmen,
Zu welchen irrigen Jdeen der Menſchen Seelen ſich bequemen,
Wenn ihnen etwas in der Jugend, und ehe ſie zum Denken
tuͤchtig,
Als Wahrheit vorgeſtellet wird. Man nimmt ſo Wahr-als
Thorheit an,
Und beydes klebt ſo feſt an uns, daß man ſich nicht befreyen kann,
So lange man hier lebt, es ſey die Meynung naͤrriſch oder
richtig.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/302>, abgerufen am 18.12.2024.
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