Recht mitten in vergnügter Lust, umringt mit tausendfachen Segen, Mit vielem Guten überschüttet, empfind ich eine Traurigkeit, Weil für so unverdientes Glück, so ungezählter Gaben wegen, So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieser holden Zeit, Jch nichts dem großen Gober habe, zu schenken, oder zu erwiedern.
Denn Danken, wodurch bloß allein, Es sey in Schriften oder Liedern, Wir uns zuweilen überreden, dem Schöpfer angenehm zu seyn, Jst ja von so geringem Werth, daß wir uns billig schämen müssen, Als wenn dieß unsre Schuld bezahlte, und Gott vergnüget sey, zu schliessen.
Jedoch, ein sonderbarer Trost fällt mir in diesem Trau- ren bey. Es fragt sich, ob dieß mein Betrüben nicht eine Frucht des Hochmuths sey? Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schöpfer Him- mels und der Erden Will, soll, und kann derselbe wohl von einem Wurm belohnet werden?
Aus lauter Gnad und Liebe schenken, nicht, um Belohnung zu geniessen, Jst eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott- heit fliessen. Da ich mich nun noch einst bemühe, ob denn so gar nichts auszudenken: So fällt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude schenken.
Ver-
R 3
Ein Gott-gewidmetes Herz.
Ein der Gottheit gewidmetes Geſchenk.
Recht mitten in vergnuͤgter Luſt, umringt mit tauſendfachen Segen, Mit vielem Guten uͤberſchuͤttet, empfind ich eine Traurigkeit, Weil fuͤr ſo unverdientes Gluͤck, ſo ungezaͤhlter Gaben wegen, So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieſer holden Zeit, Jch nichts dem großen Gober habe, zu ſchenken, oder zu erwiedern.
Denn Danken, wodurch bloß allein, Es ſey in Schriften oder Liedern, Wir uns zuweilen uͤberreden, dem Schoͤpfer angenehm zu ſeyn, Jſt ja von ſo geringem Werth, daß wir uns billig ſchaͤmen muͤſſen, Als wenn dieß unſre Schuld bezahlte, und Gott vergnuͤget ſey, zu ſchlieſſen.
Jedoch, ein ſonderbarer Troſt faͤllt mir in dieſem Trau- ren bey. Es fragt ſich, ob dieß mein Betruͤben nicht eine Frucht des Hochmuths ſey? Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schoͤpfer Him- mels und der Erden Will, ſoll, und kann derſelbe wohl von einem Wurm belohnet werden?
Aus lauter Gnad und Liebe ſchenken, nicht, um Belohnung zu genieſſen, Jſt eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott- heit flieſſen. Da ich mich nun noch einſt bemuͤhe, ob denn ſo gar nichts auszudenken: So faͤllt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude ſchenken.
Ver-
R 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0285"n="261"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ein Gott-gewidmetes Herz.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Ein<lb/>
der Gottheit gewidmetes Geſchenk.</hi></head><lb/><lgn="1"><l><hirendition="#in">R</hi>echt mitten in vergnuͤgter Luſt, umringt mit tauſendfachen<lb/><hirendition="#et">Segen,</hi></l><lb/><l>Mit vielem Guten uͤberſchuͤttet, empfind ich eine Traurigkeit,</l><lb/><l>Weil fuͤr ſo unverdientes Gluͤck, ſo ungezaͤhlter Gaben wegen,</l><lb/><l>So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieſer holden Zeit,</l><lb/><l>Jch nichts dem großen Gober habe, zu ſchenken, oder zu erwiedern.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Denn Danken, wodurch bloß allein,</l><lb/><l>Es ſey in Schriften oder Liedern,</l><lb/><l>Wir uns zuweilen uͤberreden, dem Schoͤpfer angenehm zu ſeyn,</l><lb/><l>Jſt ja von ſo geringem Werth, daß wir uns billig ſchaͤmen muͤſſen,</l><lb/><l>Als wenn dieß unſre Schuld bezahlte, und Gott vergnuͤget<lb/><hirendition="#et">ſey, zu ſchlieſſen.</hi></l></lg><lb/><lgn="3"><l>Jedoch, ein ſonderbarer Troſt faͤllt mir in dieſem Trau-<lb/><hirendition="#et">ren bey.</hi></l><lb/><l>Es fragt ſich, ob dieß mein Betruͤben nicht eine Frucht des<lb/><hirendition="#et">Hochmuths ſey?</hi></l><lb/><l>Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schoͤpfer Him-<lb/><hirendition="#et">mels und der Erden</hi></l><lb/><l>Will, ſoll, und kann derſelbe wohl von einem Wurm belohnet<lb/><hirendition="#et">werden?</hi></l></lg><lb/><lgn="4"><l>Aus lauter Gnad und Liebe ſchenken, nicht, um Belohnung<lb/><hirendition="#et">zu genieſſen,</hi></l><lb/><l>Jſt eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott-<lb/><hirendition="#et">heit flieſſen.</hi></l><lb/><l>Da ich mich nun noch einſt bemuͤhe, ob denn ſo gar nichts<lb/><hirendition="#et">auszudenken:</hi></l><lb/><l>So faͤllt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude<lb/><hirendition="#et">ſchenken.</hi></l></lg></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">R 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[261/0285]
Ein Gott-gewidmetes Herz.
Ein
der Gottheit gewidmetes Geſchenk.
Recht mitten in vergnuͤgter Luſt, umringt mit tauſendfachen
Segen,
Mit vielem Guten uͤberſchuͤttet, empfind ich eine Traurigkeit,
Weil fuͤr ſo unverdientes Gluͤck, ſo ungezaͤhlter Gaben wegen,
So mancher großen Wohlthat halber, zumal in dieſer holden Zeit,
Jch nichts dem großen Gober habe, zu ſchenken, oder zu erwiedern.
Denn Danken, wodurch bloß allein,
Es ſey in Schriften oder Liedern,
Wir uns zuweilen uͤberreden, dem Schoͤpfer angenehm zu ſeyn,
Jſt ja von ſo geringem Werth, daß wir uns billig ſchaͤmen muͤſſen,
Als wenn dieß unſre Schuld bezahlte, und Gott vergnuͤget
ſey, zu ſchlieſſen.
Jedoch, ein ſonderbarer Troſt faͤllt mir in dieſem Trau-
ren bey.
Es fragt ſich, ob dieß mein Betruͤben nicht eine Frucht des
Hochmuths ſey?
Will ich der Gottheit was vergelten? Der Schoͤpfer Him-
mels und der Erden
Will, ſoll, und kann derſelbe wohl von einem Wurm belohnet
werden?
Aus lauter Gnad und Liebe ſchenken, nicht, um Belohnung
zu genieſſen,
Jſt eigenklich der Gottheit eigen, und kann nur aus der Gott-
heit flieſſen.
Da ich mich nun noch einſt bemuͤhe, ob denn ſo gar nichts
auszudenken:
So faͤllt mir doch ein einzigs ein: Jch will ihm meine Freude
ſchenken.
Ver-
R 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/285>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.