Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Hirten-Gedicht.
Die, sag ich, sassen bey einander auf einer Banck' aus grü-
nen Rasen,

Die an dem angenehmen Orte nur neulich erst verfertigt
war,

Sie sahen, nebst den muntern Ziegen, der Wollen-rei-
chen Schaafe Schaar

Bald zwischen jungen Büschen klettern, bald in beblühm-
ten Kräntern grasen,

Die dort, mit unterbrochnem Meckern, durch dicht-ge-
schlungne Sträucher schlupfen,

Die hier das feinste Gras, den Klee mit regen Kiefern
ämsig rupfen;

Zur Lincken lagen hohe Hügel, so sich mit dichter Wal-
dung deckten,

Worauf der Wipfel halbe Circkel sich immer höher auf-
wärts streckten.

Dort theilt, von schon gereiften Korn, ein groß- und brei-
ter gelber Strich

Das helle Grün beblühmter Wiesen, am Fusse dunckel-
grüner Wälder,

Hier streckt, von kleinen Büschen, sich
Ein langer grüner Strich hingegen durch Aeren-schwan-
gre gelbe Felder.
Die Schönheit sahe Hirtenau mit inniglich gerührten
Blicken,

Und wieß sie Segenfeld mit Fingern, der auch, wie er,
fast mit Entzücken

Sein Aug an diesem Vorwurf labt'. Es herrscht' in ihrer
Beider Brust,

Ein' aus den Wercken der Natur, zu dessen Ruhm, ent-
standne Lust,
Der
F
Hirten-Gedicht.
Die, ſag ich, ſaſſen bey einander auf einer Banck’ aus gruͤ-
nen Raſen,

Die an dem angenehmen Orte nur neulich erſt verfertigt
war,

Sie ſahen, nebſt den muntern Ziegen, der Wollen-rei-
chen Schaafe Schaar

Bald zwiſchen jungen Buͤſchen klettern, bald in bebluͤhm-
ten Kraͤntern graſen,

Die dort, mit unterbrochnem Meckern, durch dicht-ge-
ſchlungne Straͤucher ſchlupfen,

Die hier das feinſte Gras, den Klee mit regen Kiefern
aͤmſig rupfen;

Zur Lincken lagen hohe Huͤgel, ſo ſich mit dichter Wal-
dung deckten,

Worauf der Wipfel halbe Circkel ſich immer hoͤher auf-
waͤrts ſtreckten.

Dort theilt, von ſchon gereiften Korn, ein groß- und brei-
ter gelber Strich

Das helle Gruͤn bebluͤhmter Wieſen, am Fuſſe dunckel-
gruͤner Waͤlder,

Hier ſtreckt, von kleinen Buͤſchen, ſich
Ein langer gruͤner Strich hingegen durch Aeren-ſchwan-
gre gelbe Felder.
Die Schoͤnheit ſahe Hirtenau mit inniglich geruͤhrten
Blicken,

Und wieß ſie Segenfeld mit Fingern, der auch, wie er,
faſt mit Entzuͤcken

Sein Aug an dieſem Vorwurf labt’. Es herrſcht’ in ihrer
Beider Bruſt,

Ein’ aus den Wercken der Natur, zu deſſen Ruhm, ent-
ſtandne Luſt,
Der
F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0097" n="81"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hirten-Gedicht.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Die, &#x017F;ag ich, &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en bey einander auf einer Banck&#x2019; aus gru&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">nen Ra&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Die an dem angenehmen Orte nur neulich er&#x017F;t verfertigt<lb/><hi rendition="#et">war,</hi></l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;ahen, neb&#x017F;t den muntern Ziegen, der Wollen-rei-<lb/><hi rendition="#et">chen Schaafe Schaar</hi></l><lb/>
            <l>Bald zwi&#x017F;chen jungen Bu&#x0364;&#x017F;chen klettern, bald in beblu&#x0364;hm-<lb/><hi rendition="#et">ten Kra&#x0364;ntern gra&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Die dort, mit unterbrochnem Meckern, durch dicht-ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlungne Stra&#x0364;ucher &#x017F;chlupfen,</hi></l><lb/>
            <l>Die hier das fein&#x017F;te Gras, den Klee mit regen Kiefern<lb/><hi rendition="#et">a&#x0364;m&#x017F;ig rupfen;</hi></l><lb/>
            <l>Zur Lincken lagen hohe Hu&#x0364;gel, &#x017F;o &#x017F;ich mit dichter Wal-<lb/><hi rendition="#et">dung deckten,</hi></l><lb/>
            <l>Worauf der Wipfel halbe Circkel &#x017F;ich immer ho&#x0364;her auf-<lb/><hi rendition="#et">wa&#x0364;rts &#x017F;treckten.</hi></l><lb/>
            <l>Dort theilt, von &#x017F;chon gereiften Korn, ein groß- und brei-<lb/><hi rendition="#et">ter gelber Strich</hi></l><lb/>
            <l>Das helle Gru&#x0364;n beblu&#x0364;hmter Wie&#x017F;en, am Fu&#x017F;&#x017F;e dunckel-<lb/><hi rendition="#et">gru&#x0364;ner Wa&#x0364;lder,</hi></l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;treckt, von kleinen Bu&#x0364;&#x017F;chen, &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Ein langer gru&#x0364;ner Strich hingegen durch Aeren-&#x017F;chwan-<lb/><hi rendition="#et">gre gelbe Felder.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Die Scho&#x0364;nheit &#x017F;ahe <hi rendition="#fr">Hirtenau</hi> mit inniglich geru&#x0364;hrten<lb/><hi rendition="#et">Blicken,</hi></l><lb/>
            <l>Und wieß &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Segenfeld</hi> mit Fingern, der auch, wie er,<lb/><hi rendition="#et">fa&#x017F;t mit Entzu&#x0364;cken</hi></l><lb/>
            <l>Sein Aug an die&#x017F;em Vorwurf labt&#x2019;. Es herr&#x017F;cht&#x2019; in ihrer<lb/><hi rendition="#et">Beider Bru&#x017F;t,</hi></l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; aus den Wercken der Natur, zu de&#x017F;&#x017F;en Ruhm, ent-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tandne Lu&#x017F;t,</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0097] Hirten-Gedicht. Die, ſag ich, ſaſſen bey einander auf einer Banck’ aus gruͤ- nen Raſen, Die an dem angenehmen Orte nur neulich erſt verfertigt war, Sie ſahen, nebſt den muntern Ziegen, der Wollen-rei- chen Schaafe Schaar Bald zwiſchen jungen Buͤſchen klettern, bald in bebluͤhm- ten Kraͤntern graſen, Die dort, mit unterbrochnem Meckern, durch dicht-ge- ſchlungne Straͤucher ſchlupfen, Die hier das feinſte Gras, den Klee mit regen Kiefern aͤmſig rupfen; Zur Lincken lagen hohe Huͤgel, ſo ſich mit dichter Wal- dung deckten, Worauf der Wipfel halbe Circkel ſich immer hoͤher auf- waͤrts ſtreckten. Dort theilt, von ſchon gereiften Korn, ein groß- und brei- ter gelber Strich Das helle Gruͤn bebluͤhmter Wieſen, am Fuſſe dunckel- gruͤner Waͤlder, Hier ſtreckt, von kleinen Buͤſchen, ſich Ein langer gruͤner Strich hingegen durch Aeren-ſchwan- gre gelbe Felder. Die Schoͤnheit ſahe Hirtenau mit inniglich geruͤhrten Blicken, Und wieß ſie Segenfeld mit Fingern, der auch, wie er, faſt mit Entzuͤcken Sein Aug an dieſem Vorwurf labt’. Es herrſcht’ in ihrer Beider Bruſt, Ein’ aus den Wercken der Natur, zu deſſen Ruhm, ent- ſtandne Luſt, Der F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/97
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/97>, abgerufen am 14.10.2024.