Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Anemonen.
Die Anemonen.
Mir hat, GOtt Lob! der Schmcuk, der bunte Blu-
men ziert,

Das innerste der Seelen oft gerührt;
Allein, dieß ist gewiß: noch nimmer
Bin ich von ihrem Glantz und angenehmen Schimmer,
Von ihrer Zierlichkeit und tausendfacher Pracht
So lieblich angestrahlt und fast bestürtzt gemacht,
Als heute, da ich kaum im Garten eingetreten,
Und mir ein buntes Feur von Anemonen-Beeten
Das Aug' auf einmahl traf. Jch stutzt'! Es blieb mein
Fuß,

Der halb gehoben war, so, halb gehoben, stehn,
Und kont ich, vor der Pracht und Schönheit Ueberfluß,
Der mich recht blendete, nicht vor- nicht rückwärts gehn.
"Liebster GOTT! kan wol auf Erden
"Etwas, das so wunderschön,
"Bunt und zierlich ist, gesehn;
"Lieblichers gefunden werden?
So rief ich, halb entzückt vor überhäufter Lust,
Und ließ den frohen Blick den bunt-gefärbten Hauffen
Auf einmahl überlauffen.
Ein gleichsam bunter Schwall drang in die rege Brust,
Mit einem tausendfach-gefärbten Glantz und Schein,
So heftig und so kräftig ein,
Daß fast die Seele selbst, von Anmuth überhäuft,
Vor übermäßigem Vergnügen, nichts begreift,
Und nur, wie alles hier bunt durch einander spielet,
Jn einer lieblichen Verwirrung, frölich fühlet.
Es
E
Die Anemonen.
Die Anemonen.
Mir hat, GOtt Lob! der Schmcuk, der bunte Blu-
men ziert,

Das innerſte der Seelen oft geruͤhrt;
Allein, dieß iſt gewiß: noch nimmer
Bin ich von ihrem Glantz und angenehmen Schimmer,
Von ihrer Zierlichkeit und tauſendfacher Pracht
So lieblich angeſtrahlt und faſt beſtuͤrtzt gemacht,
Als heute, da ich kaum im Garten eingetreten,
Und mir ein buntes Feur von Anemonen-Beeten
Das Aug’ auf einmahl traf. Jch ſtutzt’! Es blieb mein
Fuß,

Der halb gehoben war, ſo, halb gehoben, ſtehn,
Und kont ich, vor der Pracht und Schoͤnheit Ueberfluß,
Der mich recht blendete, nicht vor- nicht ruͤckwaͤrts gehn.
„Liebſter GOTT! kan wol auf Erden
„Etwas, das ſo wunderſchoͤn,
„Bunt und zierlich iſt, geſehn;
„Lieblichers gefunden werden?
So rief ich, halb entzuͤckt vor uͤberhaͤufter Luſt,
Und ließ den frohen Blick den bunt-gefaͤrbten Hauffen
Auf einmahl uͤberlauffen.
Ein gleichſam bunter Schwall drang in die rege Bruſt,
Mit einem tauſendfach-gefaͤrbten Glantz und Schein,
So heftig und ſo kraͤftig ein,
Daß faſt die Seele ſelbſt, von Anmuth uͤberhaͤuft,
Vor uͤbermaͤßigem Vergnuͤgen, nichts begreift,
Und nur, wie alles hier bunt durch einander ſpielet,
Jn einer lieblichen Verwirrung, froͤlich fuͤhlet.
Es
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0081" n="65"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Anemonen.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Die Anemonen.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>ir hat, GOtt Lob! der Schmcuk, der bunte Blu-<lb/><hi rendition="#et">men ziert,</hi></l><lb/>
            <l>Das inner&#x017F;te der Seelen oft geru&#x0364;hrt;</l><lb/>
            <l>Allein, dieß i&#x017F;t gewiß: noch nimmer</l><lb/>
            <l>Bin ich von ihrem Glantz und angenehmen Schimmer,</l><lb/>
            <l>Von ihrer Zierlichkeit und tau&#x017F;endfacher Pracht</l><lb/>
            <l>So lieblich ange&#x017F;trahlt und fa&#x017F;t be&#x017F;tu&#x0364;rtzt gemacht,</l><lb/>
            <l>Als heute, da ich kaum im Garten eingetreten,</l><lb/>
            <l>Und mir ein buntes Feur von Anemonen-Beeten</l><lb/>
            <l>Das Aug&#x2019; auf einmahl traf. Jch &#x017F;tutzt&#x2019;! Es blieb mein<lb/><hi rendition="#et">Fuß,</hi></l><lb/>
            <l>Der halb gehoben war, &#x017F;o, halb gehoben, &#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>Und kont ich, vor der Pracht und Scho&#x0364;nheit Ueberfluß,</l><lb/>
            <l>Der mich recht blendete, nicht vor- nicht ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts gehn.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Lieb&#x017F;ter GOTT! kan wol auf Erden</l><lb/>
            <l>&#x201E;Etwas, das &#x017F;o wunder&#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Bunt und zierlich i&#x017F;t, ge&#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Lieblichers gefunden werden?</l><lb/>
            <l>So rief ich, halb entzu&#x0364;ckt vor u&#x0364;berha&#x0364;ufter Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Und ließ den frohen Blick den bunt-gefa&#x0364;rbten Hauffen</l><lb/>
            <l>Auf einmahl u&#x0364;berlauffen.</l><lb/>
            <l>Ein gleich&#x017F;am bunter Schwall drang in die rege Bru&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Mit einem tau&#x017F;endfach-gefa&#x0364;rbten Glantz und Schein,</l><lb/>
            <l>So heftig und &#x017F;o kra&#x0364;ftig ein,</l><lb/>
            <l>Daß fa&#x017F;t die Seele &#x017F;elb&#x017F;t, von Anmuth u&#x0364;berha&#x0364;uft,</l><lb/>
            <l>Vor u&#x0364;berma&#x0364;ßigem Vergnu&#x0364;gen, nichts begreift,</l><lb/>
            <l>Und nur, wie alles hier bunt durch einander &#x017F;pielet,</l><lb/>
            <l>Jn einer lieblichen Verwirrung, fro&#x0364;lich fu&#x0364;hlet.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">E</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0081] Die Anemonen. Die Anemonen. Mir hat, GOtt Lob! der Schmcuk, der bunte Blu- men ziert, Das innerſte der Seelen oft geruͤhrt; Allein, dieß iſt gewiß: noch nimmer Bin ich von ihrem Glantz und angenehmen Schimmer, Von ihrer Zierlichkeit und tauſendfacher Pracht So lieblich angeſtrahlt und faſt beſtuͤrtzt gemacht, Als heute, da ich kaum im Garten eingetreten, Und mir ein buntes Feur von Anemonen-Beeten Das Aug’ auf einmahl traf. Jch ſtutzt’! Es blieb mein Fuß, Der halb gehoben war, ſo, halb gehoben, ſtehn, Und kont ich, vor der Pracht und Schoͤnheit Ueberfluß, Der mich recht blendete, nicht vor- nicht ruͤckwaͤrts gehn. „Liebſter GOTT! kan wol auf Erden „Etwas, das ſo wunderſchoͤn, „Bunt und zierlich iſt, geſehn; „Lieblichers gefunden werden? So rief ich, halb entzuͤckt vor uͤberhaͤufter Luſt, Und ließ den frohen Blick den bunt-gefaͤrbten Hauffen Auf einmahl uͤberlauffen. Ein gleichſam bunter Schwall drang in die rege Bruſt, Mit einem tauſendfach-gefaͤrbten Glantz und Schein, So heftig und ſo kraͤftig ein, Daß faſt die Seele ſelbſt, von Anmuth uͤberhaͤuft, Vor uͤbermaͤßigem Vergnuͤgen, nichts begreift, Und nur, wie alles hier bunt durch einander ſpielet, Jn einer lieblichen Verwirrung, froͤlich fuͤhlet. Es E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/81
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/81>, abgerufen am 12.10.2024.