Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Die Luft im Frühling. Zuweilen sich zusammen setzen, den gantzen Kreis der Lüf- te füllen Und oft der Sonnen glantz dadurch verdecken, und oft gantz verhüllen. Doch ist der Duft nicht dicht und schwartz, wie er vorhin im Winter war, Er ist, mit Glantz und Licht vermischt, zwar trüb' und falb' und dennoch klar, Es scheint dieß dämmricht-sanfte Wesen von Fruchtbarkeit, von Licht und Schein, Von Hofnung und von Seegen schwanger, und schwer vom Ueber-Fluß zu seyn. Man sieht, nicht sonder sanfte Freude, sie sanft bald hie, bald dort hin, ziehn, Und einen kleinen lauen Regen bald hie, bald da, bald dorten, sprüh'n. Jn solcher trüben Frühlings-Zeit empfindet man, wie eine Stille, So wie sie dort das Firmament, auch unsre Seele lieb- lich fülle. Ein angenehm ich wei nicht was, so Cörper, Geist und Nerven rührt, Wird, so wie überall empfunden, auch überall von uns verspührt. Ach mögten wir die sanfte Schönheit der lauen Luft im fro- hen Lentzen, Worinn voll Anmuth, Wärm und Seegen, der Sonnen helle Strahlen gläntzen, Der Sonnen Sonn' und HErrn zu Ehren, mit innigli- cher Anmuth sehn, Und seine Weisheit, Lieb und Allmacht, in unsrer frohen Seel' erhöhn! Wir-
Die Luft im Fruͤhling. Zuweilen ſich zuſammen ſetzen, den gantzen Kreis der Luͤf- te fuͤllen Und oft der Sonnen glantz dadurch verdecken, und oft gantz verhuͤllen. Doch iſt der Duft nicht dicht und ſchwartz, wie er vorhin im Winter war, Er iſt, mit Glantz und Licht vermiſcht, zwar truͤb’ und falb’ und dennoch klar, Es ſcheint dieß daͤmmricht-ſanfte Weſen von Fruchtbarkeit, von Licht und Schein, Von Hofnung und von Seegen ſchwanger, und ſchwer vom Ueber-Fluß zu ſeyn. Man ſieht, nicht ſonder ſanfte Freude, ſie ſanft bald hie, bald dort hin, ziehn, Und einen kleinen lauen Regen bald hie, bald da, bald dorten, ſpruͤh’n. Jn ſolcher truͤben Fruͤhlings-Zeit empfindet man, wie eine Stille, So wie ſie dort das Firmament, auch unſre Seele lieb- lich fuͤlle. Ein angenehm ich wei nicht was, ſo Coͤrper, Geiſt und Nerven ruͤhrt, Wird, ſo wie uͤberall empfunden, auch uͤberall von uns verſpuͤhrt. Ach moͤgten wir die ſanfte Schoͤnheit der lauen Luft im fro- hen Lentzen, Worinn voll Anmuth, Waͤrm und Seegen, der Sonnen helle Strahlen glaͤntzen, Der Sonnen Sonn’ und HErrn zu Ehren, mit innigli- cher Anmuth ſehn, Und ſeine Weisheit, Lieb und Allmacht, in unſrer frohen Seel’ erhoͤhn! Wir-
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Die Luft im Fruͤhling.
Zuweilen ſich zuſammen ſetzen, den gantzen Kreis der Luͤf-
te fuͤllen
Und oft der Sonnen glantz dadurch verdecken, und oft
gantz verhuͤllen.
Doch iſt der Duft nicht dicht und ſchwartz, wie er vorhin
im Winter war,
Er iſt, mit Glantz und Licht vermiſcht, zwar truͤb’ und falb’
und dennoch klar,
Es ſcheint dieß daͤmmricht-ſanfte Weſen von Fruchtbarkeit,
von Licht und Schein,
Von Hofnung und von Seegen ſchwanger, und ſchwer vom
Ueber-Fluß zu ſeyn.
Man ſieht, nicht ſonder ſanfte Freude, ſie ſanft bald hie, bald
dort hin, ziehn,
Und einen kleinen lauen Regen bald hie, bald da, bald
dorten, ſpruͤh’n.
Jn ſolcher truͤben Fruͤhlings-Zeit empfindet man, wie eine
Stille,
So wie ſie dort das Firmament, auch unſre Seele lieb-
lich fuͤlle.
Ein angenehm ich wei nicht was, ſo Coͤrper, Geiſt und
Nerven ruͤhrt,
Wird, ſo wie uͤberall empfunden, auch uͤberall von uns
verſpuͤhrt.
Ach moͤgten wir die ſanfte Schoͤnheit der lauen Luft im fro-
hen Lentzen,
Worinn voll Anmuth, Waͤrm und Seegen, der Sonnen
helle Strahlen glaͤntzen,
Der Sonnen Sonn’ und HErrn zu Ehren, mit innigli-
cher Anmuth ſehn,
Und ſeine Weisheit, Lieb und Allmacht, in unſrer frohen
Seel’ erhoͤhn!
Wir-
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