Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Anderweitige Betrachtung Anderweitige Betrachtung der Mein GOtt, da ich hier stille stehe,Kirsch-Blüthe. Und, mit für Lust erstarrten Blicken, Die Blüthe, womit sich die Kirschen-Bäume schmücken, Mit billiger Aufmercksamheit, besehe; Entdeck' ich auf das neu und mercke Noch nie bemerckte Wunder-Wercke, Die, daß man deine Macht und Lieb' in ihnen ehrt, Auf gantz besondre Weise, wehrt. Es öfnen sich die braunen Knospen kaum Die, wie wir einsten schon besehen, Aus manchem künstlichem Gewebe selbst bestehen; So wird man in derselben innerm Raum Drey grüne Blätterchen gewahr, So hohl und gantz erfüllt mit zartem Haar: Die, wenn sie von einander gehn, Wie grüne Blumen anzusehn. Aus diesen siehet man drey andre steigen, Die länglichter, und die sich in der Mitten Als wie ein Hertz durchschnitten, Und, aus dem Schnitt, ein nettes Blätchen zeigen. Nachhero werden noch drey andre, welche grösser, Fast von derselben Art erblickt, Nur daß darin die Form von Blättern besser Und deutlicher schon ausgedrückt. An eines jeden Fuß, die Frucht noch mehr zu schützen, Sieht man aufs neu zwey grüne Spitzgen sitzen; Noch über diesen steht ein Blatt, Das rings um seinen Fuß vier kleine Spitzen Als ein absonderlich Gewächse hat; Jn
Anderweitige Betrachtung Anderweitige Betrachtung der Mein GOtt, da ich hier ſtille ſtehe,Kirſch-Bluͤthe. Und, mit fuͤr Luſt erſtarrten Blicken, Die Bluͤthe, womit ſich die Kirſchen-Baͤume ſchmuͤcken, Mit billiger Aufmerckſamheit, beſehe; Entdeck’ ich auf das neu und mercke Noch nie bemerckte Wunder-Wercke, Die, daß man deine Macht und Lieb’ in ihnen ehrt, Auf gantz beſondre Weiſe, wehrt. Es oͤfnen ſich die braunen Knoſpen kaum Die, wie wir einſten ſchon beſehen, Aus manchem kuͤnſtlichem Gewebe ſelbſt beſtehen; So wird man in derſelben innerm Raum Drey gruͤne Blaͤtterchen gewahr, So hohl und gantz erfuͤllt mit zartem Haar: Die, wenn ſie von einander gehn, Wie gruͤne Blumen anzuſehn. Aus dieſen ſiehet man drey andre ſteigen, Die laͤnglichter, und die ſich in der Mitten Als wie ein Hertz durchſchnitten, Und, aus dem Schnitt, ein nettes Blaͤtchen zeigen. Nachhero werden noch drey andre, welche groͤſſer, Faſt von derſelben Art erblickt, Nur daß darin die Form von Blaͤttern beſſer Und deutlicher ſchon ausgedruͤckt. An eines jeden Fuß, die Frucht noch mehr zu ſchuͤtzen, Sieht man aufs neu zwey gruͤne Spitzgen ſitzen; Noch uͤber dieſen ſteht ein Blatt, Das rings um ſeinen Fuß vier kleine Spitzen Als ein abſonderlich Gewaͤchſe hat; Jn
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Anderweitige Betrachtung
Anderweitige Betrachtung der
Kirſch-Bluͤthe.
Mein GOtt, da ich hier ſtille ſtehe,
Und, mit fuͤr Luſt erſtarrten Blicken,
Die Bluͤthe, womit ſich die Kirſchen-Baͤume ſchmuͤcken,
Mit billiger Aufmerckſamheit, beſehe;
Entdeck’ ich auf das neu und mercke
Noch nie bemerckte Wunder-Wercke,
Die, daß man deine Macht und Lieb’ in ihnen ehrt,
Auf gantz beſondre Weiſe, wehrt.
Es oͤfnen ſich die braunen Knoſpen kaum
Die, wie wir einſten ſchon beſehen,
Aus manchem kuͤnſtlichem Gewebe ſelbſt beſtehen;
So wird man in derſelben innerm Raum
Drey gruͤne Blaͤtterchen gewahr,
So hohl und gantz erfuͤllt mit zartem Haar:
Die, wenn ſie von einander gehn,
Wie gruͤne Blumen anzuſehn.
Aus dieſen ſiehet man drey andre ſteigen,
Die laͤnglichter, und die ſich in der Mitten
Als wie ein Hertz durchſchnitten,
Und, aus dem Schnitt, ein nettes Blaͤtchen zeigen.
Nachhero werden noch drey andre, welche groͤſſer,
Faſt von derſelben Art erblickt,
Nur daß darin die Form von Blaͤttern beſſer
Und deutlicher ſchon ausgedruͤckt.
An eines jeden Fuß, die Frucht noch mehr zu ſchuͤtzen,
Sieht man aufs neu zwey gruͤne Spitzgen ſitzen;
Noch uͤber dieſen ſteht ein Blatt,
Das rings um ſeinen Fuß vier kleine Spitzen
Als ein abſonderlich Gewaͤchſe hat;
Jn
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