Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Frühlings-Betrachtung. Sonderlich scheint ihre Glut Herrlich auf der klaren Fluth, Als im Berg-Cristallnen Spiegel, Da wo ihr beflammtes Bild Jhre glatte Fläche füllt. Wenn auch ihre rege Hügel Hin und wieder sich erhöhn, Sieht man plötzlich auf den Spitzen Tausend kleine Lichter blitzen, Schnell entstehn und schnell vergehn; Jhre nimmer stille Wellen Scheinen darum sanft zu schwellen, Um dem menschlichen Gesicht Sonnen-Spiegel vorzustellen. Ja mich deucht ob sagten sie: Sucht bey uns, als der Copie, Aller Schönheit Urbild nicht: Droben ist das wahre Licht. Seht, wie dort die Rehe springen! Hört, wie hier die Vögel singen! Wie so hell, wie rein, wie klar! Hört, wie sie die Töne kräuseln! Hört der lauen Winde säuseln! Hört der Bienen muntre Schaar! Hört, wie über glatte Kiesel, Mit sanft murmelndem Geriesel, Das geschwinde Bächlein eilet, Und bald einen gelben Sand, Bald ein grün-beblühmtes Land Mit beschäumten Wirbeln theilet! Riecht
Fruͤhlings-Betrachtung. Sonderlich ſcheint ihre Glut Herrlich auf der klaren Fluth, Als im Berg-Criſtallnen Spiegel, Da wo ihr beflammtes Bild Jhre glatte Flaͤche fuͤllt. Wenn auch ihre rege Huͤgel Hin und wieder ſich erhoͤhn, Sieht man ploͤtzlich auf den Spitzen Tauſend kleine Lichter blitzen, Schnell entſtehn und ſchnell vergehn; Jhre nimmer ſtille Wellen Scheinen darum ſanft zu ſchwellen, Um dem menſchlichen Geſicht Sonnen-Spiegel vorzuſtellen. Ja mich deucht ob ſagten ſie: Sucht bey uns, als der Copie, Aller Schoͤnheit Urbild nicht: Droben iſt das wahre Licht. Seht, wie dort die Rehe ſpringen! Hoͤrt, wie hier die Voͤgel ſingen! Wie ſo hell, wie rein, wie klar! Hoͤrt, wie ſie die Toͤne kraͤuſeln! Hoͤrt der lauen Winde ſaͤuſeln! Hoͤrt der Bienen muntre Schaar! Hoͤrt, wie uͤber glatte Kieſel, Mit ſanft murmelndem Gerieſel, Das geſchwinde Baͤchlein eilet, Und bald einen gelben Sand, Bald ein gruͤn-bebluͤhmtes Land Mit beſchaͤumten Wirbeln theilet! Riecht
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Fruͤhlings-Betrachtung.
Sonderlich ſcheint ihre Glut
Herrlich auf der klaren Fluth,
Als im Berg-Criſtallnen Spiegel,
Da wo ihr beflammtes Bild
Jhre glatte Flaͤche fuͤllt.
Wenn auch ihre rege Huͤgel
Hin und wieder ſich erhoͤhn,
Sieht man ploͤtzlich auf den Spitzen
Tauſend kleine Lichter blitzen,
Schnell entſtehn und ſchnell vergehn;
Jhre nimmer ſtille Wellen
Scheinen darum ſanft zu ſchwellen,
Um dem menſchlichen Geſicht
Sonnen-Spiegel vorzuſtellen.
Ja mich deucht ob ſagten ſie:
Sucht bey uns, als der Copie,
Aller Schoͤnheit Urbild nicht:
Droben iſt das wahre Licht.
Seht, wie dort die Rehe ſpringen!
Hoͤrt, wie hier die Voͤgel ſingen!
Wie ſo hell, wie rein, wie klar!
Hoͤrt, wie ſie die Toͤne kraͤuſeln!
Hoͤrt der lauen Winde ſaͤuſeln!
Hoͤrt der Bienen muntre Schaar!
Hoͤrt, wie uͤber glatte Kieſel,
Mit ſanft murmelndem Gerieſel,
Das geſchwinde Baͤchlein eilet,
Und bald einen gelben Sand,
Bald ein gruͤn-bebluͤhmtes Land
Mit beſchaͤumten Wirbeln theilet!
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