Wir nicht erschaffen seynd; Es haben die Gedancken Des Menschlichen Geschlechts gewisse Schrancken, Worüber sie mit ihren Schlüssen Nicht kommen müssen. Laß unserm GOtt dergleichen Seelen über, Der wird, nach seinem weisen Rath, Auch ihnen einen solchen Grad Von Straff' und von Belohnung, geben, Die, mit dem hier geführten Leben, Und auch mit der Beschaffenheit Schon eine bill'ge Gleichheit haben. Vielleicht gefällt es GOtt, daß, mit der Zeit, Auch ihm zum Preise, Auf eine uns gantz unbekannte Weise Der Seelen Kräfte sich vermehren, Erhöhen und verbessern, Und daß sie an Vollkommenheit, Es sey auch wo es sey, geschickt sich zu vergrössern. Sollt alles dieses auch, geliebter Freund, Dir allen Zweifel noch nicht heben, Den dir der Seelen Daur bißher gegeben; So will ich mich zuletzt annoch bestreben, Dir einen Grund, der stärcker, als er scheint, Und in der Seelen selbst gegründet, vorzutragen. Doch hoff ich, daß du mir vorhero wirst versprechen, Mein Reden nicht zu unterbrechen.
A.
O! fahr nur ferner fort, ich will aufmercksam hören, Und dich durch Wiederspruch nicht stöhren.
B.
Erweißlich ist, daß GOtt, zu seinem Preise, Die Welten, deren wir so viele sehn,
Um
Neu-Jahrs Gedichte.
Wir nicht erſchaffen ſeynd; Es haben die Gedancken Des Menſchlichen Geſchlechts gewiſſe Schrancken, Woruͤber ſie mit ihren Schluͤſſen Nicht kommen muͤſſen. Laß unſerm GOtt dergleichen Seelen uͤber, Der wird, nach ſeinem weiſen Rath, Auch ihnen einen ſolchen Grad Von Straff’ und von Belohnung, geben, Die, mit dem hier gefuͤhrten Leben, Und auch mit der Beſchaffenheit Schon eine bill’ge Gleichheit haben. Vielleicht gefaͤllt es GOtt, daß, mit der Zeit, Auch ihm zum Preiſe, Auf eine uns gantz unbekannte Weiſe Der Seelen Kraͤfte ſich vermehren, Erhoͤhen und verbeſſern, Und daß ſie an Vollkommenheit, Es ſey auch wo es ſey, geſchickt ſich zu vergroͤſſern. Sollt alles dieſes auch, geliebter Freund, Dir allen Zweifel noch nicht heben, Den dir der Seelen Daur bißher gegeben; So will ich mich zuletzt annoch beſtreben, Dir einen Grund, der ſtaͤrcker, als er ſcheint, Und in der Seelen ſelbſt gegruͤndet, vorzutragen. Doch hoff ich, daß du mir vorhero wirſt verſprechen, Mein Reden nicht zu unterbrechen.
A.
O! fahr nur ferner fort, ich will aufmerckſam hoͤren, Und dich durch Wiederſpruch nicht ſtoͤhren.
B.
Erweißlich iſt, daß GOtt, zu ſeinem Preiſe, Die Welten, deren wir ſo viele ſehn,
Um
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Neu-Jahrs Gedichte.
Wir nicht erſchaffen ſeynd; Es haben die Gedancken
Des Menſchlichen Geſchlechts gewiſſe Schrancken,
Woruͤber ſie mit ihren Schluͤſſen
Nicht kommen muͤſſen.
Laß unſerm GOtt dergleichen Seelen uͤber,
Der wird, nach ſeinem weiſen Rath,
Auch ihnen einen ſolchen Grad
Von Straff’ und von Belohnung, geben,
Die, mit dem hier gefuͤhrten Leben,
Und auch mit der Beſchaffenheit
Schon eine bill’ge Gleichheit haben.
Vielleicht gefaͤllt es GOtt, daß, mit der Zeit,
Auch ihm zum Preiſe,
Auf eine uns gantz unbekannte Weiſe
Der Seelen Kraͤfte ſich vermehren,
Erhoͤhen und verbeſſern,
Und daß ſie an Vollkommenheit,
Es ſey auch wo es ſey, geſchickt ſich zu vergroͤſſern.
Sollt alles dieſes auch, geliebter Freund,
Dir allen Zweifel noch nicht heben,
Den dir der Seelen Daur bißher gegeben;
So will ich mich zuletzt annoch beſtreben,
Dir einen Grund, der ſtaͤrcker, als er ſcheint,
Und in der Seelen ſelbſt gegruͤndet, vorzutragen.
Doch hoff ich, daß du mir vorhero wirſt verſprechen,
Mein Reden nicht zu unterbrechen.
A. O! fahr nur ferner fort, ich will aufmerckſam hoͤren,
Und dich durch Wiederſpruch nicht ſtoͤhren.
B. Erweißlich iſt, daß GOtt, zu ſeinem Preiſe,
Die Welten, deren wir ſo viele ſehn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/460>, abgerufen am 22.11.2024.
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