Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Frühlings-Ergötzlichkeiten. Frühlings-Ergötzlichkeiten. Kein Wunder ist es ja, daß uns die WeltJm Frühling etwas mehr, als sonst, gefällt. Nur ist es desto mehr noch zu beklagen, Daß alle Wunder uns nicht noch weit mehr behagen. Jm Frühling spührt man dreyerley Vergnügen. Man verspührt, da Frost und Eis vorbey, Aus ihrer fast noch nahen Wiedrigkeit, Jm Gegenhalt der angenehmen Zeit, Wie in der Aendrung selbst was angenehmes stecke, Und sich im Wechsel noch um desto mehr entdecke. Man spührt fürs andere der Anmuth Würcklichkeit, Und bey derselben steht noch ein Vergnügen offen: Es läßt uns die Natur bey dem Genuß Und bey der Lieblichkeit so holdem Uberfluß Noch immer etwas bessers hoffen; Da Knosp' und Blüht', die auf- und von einander brechen, Viel zeigen, doch noch mehr versprechen. Auf laßt uns denn von allem, was so schön, Doch etwas wenigstens bedachtsam sehn! Man siehet jetzt auf allen Zweigen Ein liebliches Gemisch von braun und grün sich zeigen, Und wird, nicht sonder Lust, an vielen, Wie braun und grün recht durch einander spielen, Jn einem bunten Glantz, gewahr. Wie gläntzen in entwölcktem Wetter, Jn dieser holden Frühlings-Zeit, Der glatten Knospen Heer, die zarten Blätter! Der ofnen Knospen Meng', an denen jedes Blatt Sich noch nicht recht formirt und ausgebreitet hat, For-
Fruͤhlings-Ergoͤtzlichkeiten. Fruͤhlings-Ergoͤtzlichkeiten. Kein Wunder iſt es ja, daß uns die WeltJm Fruͤhling etwas mehr, als ſonſt, gefaͤllt. Nur iſt es deſto mehr noch zu beklagen, Daß alle Wunder uns nicht noch weit mehr behagen. Jm Fruͤhling ſpuͤhrt man dreyerley Vergnuͤgen. Man verſpuͤhrt, da Froſt und Eis vorbey, Aus ihrer faſt noch nahen Wiedrigkeit, Jm Gegenhalt der angenehmen Zeit, Wie in der Aendrung ſelbſt was angenehmes ſtecke, Und ſich im Wechſel noch um deſto mehr entdecke. Man ſpuͤhrt fuͤrs andere der Anmuth Wuͤrcklichkeit, Und bey derſelben ſteht noch ein Vergnuͤgen offen: Es laͤßt uns die Natur bey dem Genuß Und bey der Lieblichkeit ſo holdem Uberfluß Noch immer etwas beſſers hoffen; Da Knoſp’ und Bluͤht’, die auf- und von einander brechen, Viel zeigen, doch noch mehr verſprechen. Auf laßt uns denn von allem, was ſo ſchoͤn, Doch etwas wenigſtens bedachtſam ſehn! Man ſiehet jetzt auf allen Zweigen Ein liebliches Gemiſch von braun und gruͤn ſich zeigen, Und wird, nicht ſonder Luſt, an vielen, Wie braun und gruͤn recht durch einander ſpielen, Jn einem bunten Glantz, gewahr. Wie glaͤntzen in entwoͤlcktem Wetter, Jn dieſer holden Fruͤhlings-Zeit, Der glatten Knoſpen Heer, die zarten Blaͤtter! Der ofnen Knoſpen Meng’, an denen jedes Blatt Sich noch nicht recht formirt und ausgebreitet hat, For-
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Fruͤhlings-Ergoͤtzlichkeiten.
Fruͤhlings-Ergoͤtzlichkeiten.
Kein Wunder iſt es ja, daß uns die Welt
Jm Fruͤhling etwas mehr, als ſonſt, gefaͤllt.
Nur iſt es deſto mehr noch zu beklagen,
Daß alle Wunder uns nicht noch weit mehr behagen.
Jm Fruͤhling ſpuͤhrt man dreyerley
Vergnuͤgen. Man verſpuͤhrt, da Froſt und Eis vorbey,
Aus ihrer faſt noch nahen Wiedrigkeit,
Jm Gegenhalt der angenehmen Zeit,
Wie in der Aendrung ſelbſt was angenehmes ſtecke,
Und ſich im Wechſel noch um deſto mehr entdecke.
Man ſpuͤhrt fuͤrs andere der Anmuth Wuͤrcklichkeit,
Und bey derſelben ſteht noch ein Vergnuͤgen offen:
Es laͤßt uns die Natur bey dem Genuß
Und bey der Lieblichkeit ſo holdem Uberfluß
Noch immer etwas beſſers hoffen;
Da Knoſp’ und Bluͤht’, die auf- und von einander brechen,
Viel zeigen, doch noch mehr verſprechen.
Auf laßt uns denn von allem, was ſo ſchoͤn,
Doch etwas wenigſtens bedachtſam ſehn!
Man ſiehet jetzt auf allen Zweigen
Ein liebliches Gemiſch von braun und gruͤn ſich zeigen,
Und wird, nicht ſonder Luſt, an vielen,
Wie braun und gruͤn recht durch einander ſpielen,
Jn einem bunten Glantz, gewahr.
Wie glaͤntzen in entwoͤlcktem Wetter,
Jn dieſer holden Fruͤhlings-Zeit,
Der glatten Knoſpen Heer, die zarten Blaͤtter!
Der ofnen Knoſpen Meng’, an denen jedes Blatt
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