Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Neu-Jahrs Gedichte. Daß wir sonder GOttes Vorsorg' und von ungefähr nur sterben. Solt' ein kluger Künstler wol ein sehr künstlich Werck ver- derben, Welches er mit Fleiß verfertigt? oder, wo ers hindern kann, Leiden, daß es andre thun, wo er nicht mit Fleis daran Einen Endzweck, und zwar solchen, welcher wichtiger und besser Als des Wercks Erhaltung, sucht? Nun ist GOtt, wie wir gesehn, Ja der Schöpfer unsers Leibes. Lässet er uns nun vergehn, Durch uns zugeschickte Kranckheit, oder Zufäll, als: Gewässer, Feuers-Brunst, Blitz, Sturm und Hagel, oder läßt er auch geschehn, Daß uns andre Menschen tödten; könnt er letzters leicht verwehren, Ersteres leicht unterlassen. Wenn nun aber GOtt, der HErr, Ersters selber wirckt und thut, letzteres geschehen läßt, Da ers leichtlich hindern könnte; stehet dieser Schluß ja fest: Daß es zu besondrer Absicht, und zwar welche wichtiger, Als der Nutzen der Erhaltung dies- und jenes in der Welt, Seyn und sich erstrecken würde. Zeigt sichs also Sonnen-klar, Daß auch selbst der Tod des Menschen, da er jetzt, nicht mor- gen, fällt; Da er so, nicht anders, stirbt; allerdings, zu GOttes Ehre, Unter seine Providentz, so wie alles, auch gehöre. Menschen, die GOtt sterben läßt, sind entweder bös' und schädlich, Oder sie sind fromm und nützlich. Sind sie ersters, und sie sterben; Zeigt sich Göttliche Vorsehung in denselben offenbar. Manchen Redlichen entreißt ihr Verderben dem Verderben! Wie D d 3
Neu-Jahrs Gedichte. Daß wir ſonder GOttes Vorſorg’ und von ungefaͤhr nur ſterben. Solt’ ein kluger Kuͤnſtler wol ein ſehr kuͤnſtlich Werck ver- derben, Welches er mit Fleiß verfertigt? oder, wo ers hindern kann, Leiden, daß es andre thun, wo er nicht mit Fleis daran Einen Endzweck, uñ zwar ſolchen, welcher wichtiger und beſſer Als des Wercks Erhaltung, ſucht? Nun iſt GOtt, wie wir geſehn, Ja der Schoͤpfer unſers Leibes. Laͤſſet er uns nun vergehn, Durch uns zugeſchickte Kranckheit, oder Zufaͤll, als: Gewaͤſſer, Feuers-Brunſt, Blitz, Sturm und Hagel, oder laͤßt er auch geſchehn, Daß uns andre Menſchen toͤdten; koͤnnt er letzters leicht verwehren, Erſteres leicht unterlaſſen. Wenn nun aber GOtt, der HErr, Erſters ſelber wirckt und thut, letzteres geſchehen laͤßt, Da ers leichtlich hindern koͤnnte; ſtehet dieſer Schluß ja feſt: Daß es zu beſondrer Abſicht, und zwar welche wichtiger, Als der Nutzen der Erhaltung dieſ- und jenes in der Welt, Seyn und ſich erſtrecken wuͤrde. Zeigt ſichs alſo Sonnen-klar, Daß auch ſelbſt der Tod des Menſchen, da er jetzt, nicht mor- gen, faͤllt; Da er ſo, nicht anders, ſtirbt; allerdings, zu GOttes Ehre, Unter ſeine Providentz, ſo wie alles, auch gehoͤre. Menſchen, die GOtt ſterben laͤßt, ſind entweder boͤſ’ und ſchaͤdlich, Oder ſie ſind fromm und nuͤtzlich. Sind ſie erſters, und ſie ſterben; Zeigt ſich Goͤttliche Vorſehung in denſelben offenbar. Manchen Redlichen entreißt ihr Verderben dem Verderben! Wie D d 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0437" n="421"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neu-Jahrs Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg n="48"> <l>Daß wir ſonder GOttes Vorſorg’ und von ungefaͤhr nur<lb/><hi rendition="#et">ſterben.</hi></l><lb/> <l>Solt’ ein kluger Kuͤnſtler wol ein ſehr kuͤnſtlich Werck ver-<lb/><hi rendition="#et">derben,</hi></l><lb/> <l>Welches er mit Fleiß verfertigt? oder, wo ers hindern kann,</l><lb/> <l>Leiden, daß es andre thun, wo er nicht mit Fleis daran</l><lb/> <l>Einen Endzweck, uñ zwar ſolchen, welcher wichtiger und beſſer</l><lb/> <l>Als des Wercks Erhaltung, ſucht? Nun iſt GOtt, wie wir<lb/><hi rendition="#et">geſehn,</hi></l><lb/> <l>Ja der Schoͤpfer unſers Leibes. Laͤſſet er uns nun vergehn,</l><lb/> <l>Durch uns zugeſchickte Kranckheit, oder Zufaͤll, als: Gewaͤſſer,</l><lb/> <l>Feuers-Brunſt, Blitz, Sturm und Hagel, oder laͤßt er<lb/><hi rendition="#et">auch geſchehn,</hi></l><lb/> <l>Daß uns andre Menſchen toͤdten; koͤnnt er letzters leicht<lb/><hi rendition="#et">verwehren,</hi></l><lb/> <l>Erſteres leicht unterlaſſen. Wenn nun aber GOtt, der HErr,</l><lb/> <l>Erſters ſelber wirckt und thut, letzteres geſchehen laͤßt,</l><lb/> <l>Da ers leichtlich hindern koͤnnte; ſtehet dieſer Schluß ja feſt:</l><lb/> <l>Daß es zu beſondrer Abſicht, und zwar welche wichtiger,</l><lb/> <l>Als der Nutzen der Erhaltung dieſ- und jenes in der Welt,</l><lb/> <l>Seyn und ſich erſtrecken wuͤrde. Zeigt ſichs alſo Sonnen-klar,</l><lb/> <l>Daß auch ſelbſt der Tod des Menſchen, da er jetzt, nicht mor-<lb/><hi rendition="#et">gen, faͤllt;</hi></l><lb/> <l>Da er ſo, nicht anders, ſtirbt; allerdings, zu GOttes Ehre,</l><lb/> <l>Unter ſeine Providentz, ſo wie alles, auch gehoͤre.</l> </lg><lb/> <lg n="49"> <l>Menſchen, die GOtt ſterben laͤßt, ſind entweder boͤſ’<lb/><hi rendition="#et">und ſchaͤdlich,</hi></l><lb/> <l>Oder ſie ſind fromm und nuͤtzlich. Sind ſie erſters, und ſie<lb/><hi rendition="#et">ſterben;</hi></l><lb/> <l>Zeigt ſich Goͤttliche Vorſehung in denſelben offenbar.</l><lb/> <l>Manchen Redlichen entreißt ihr Verderben dem Verderben!</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D d 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [421/0437]
Neu-Jahrs Gedichte.
Daß wir ſonder GOttes Vorſorg’ und von ungefaͤhr nur
ſterben.
Solt’ ein kluger Kuͤnſtler wol ein ſehr kuͤnſtlich Werck ver-
derben,
Welches er mit Fleiß verfertigt? oder, wo ers hindern kann,
Leiden, daß es andre thun, wo er nicht mit Fleis daran
Einen Endzweck, uñ zwar ſolchen, welcher wichtiger und beſſer
Als des Wercks Erhaltung, ſucht? Nun iſt GOtt, wie wir
geſehn,
Ja der Schoͤpfer unſers Leibes. Laͤſſet er uns nun vergehn,
Durch uns zugeſchickte Kranckheit, oder Zufaͤll, als: Gewaͤſſer,
Feuers-Brunſt, Blitz, Sturm und Hagel, oder laͤßt er
auch geſchehn,
Daß uns andre Menſchen toͤdten; koͤnnt er letzters leicht
verwehren,
Erſteres leicht unterlaſſen. Wenn nun aber GOtt, der HErr,
Erſters ſelber wirckt und thut, letzteres geſchehen laͤßt,
Da ers leichtlich hindern koͤnnte; ſtehet dieſer Schluß ja feſt:
Daß es zu beſondrer Abſicht, und zwar welche wichtiger,
Als der Nutzen der Erhaltung dieſ- und jenes in der Welt,
Seyn und ſich erſtrecken wuͤrde. Zeigt ſichs alſo Sonnen-klar,
Daß auch ſelbſt der Tod des Menſchen, da er jetzt, nicht mor-
gen, faͤllt;
Da er ſo, nicht anders, ſtirbt; allerdings, zu GOttes Ehre,
Unter ſeine Providentz, ſo wie alles, auch gehoͤre.
Menſchen, die GOtt ſterben laͤßt, ſind entweder boͤſ’
und ſchaͤdlich,
Oder ſie ſind fromm und nuͤtzlich. Sind ſie erſters, und ſie
ſterben;
Zeigt ſich Goͤttliche Vorſehung in denſelben offenbar.
Manchen Redlichen entreißt ihr Verderben dem Verderben!
Wie
D d 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |