Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Neu-Jahrs Gedichte.
Solches wird mit allem Recht einer Göttlichen Regirung
Und besondren Providentz, einer Göttlich-weisen Führung,
Zugeschrieben werden müssen. Wenn wir ernstlich überlegen
Und, was die Gebuhrt des Menschen für gewalt'gen Einfluß
hat

Fast in alle Handlungen; und von einer jeden That
Jhren Ursprung, ihre Mittel, Hülf und Hindrungen erwegen,
Von den Zustand eines jeden den Zusammenhang ergründen;
Werden wir gar leicht befinden,
Daß, am Umstand, an dem Ort, und zumahlen an der
Zeit,

Als womit, unwiedersprechlich, eins sich an das andre füget,
Alles sonderbar gebunden, alles wunderbarlich lieget.
Denn es ist unläugbar wahr, daß Verändrungen auf Erden
Durch die Umständ fast noch mehr, als sich selbst, gewircket
werden.

Scheuen wir uns nun nicht, alles, als von ungefähr geschehn
Und vom blinden Zufall bloß unterhalten, anzusehn;
Müssen wir, ohn Wiederspruch, dieß unfehlbar zugestehn,
Daß, bey unserer Gebuhrt, auch ein Göttliches Regiren
Eine weise Providentz augenscheinlich zu verspühren.
Bey dem Fortgang eines Menschen muß man dreyerley
erwegen:

Theils desselbigen Erhaltung, theils die Handlungen; sie
mögen

Gut seyn, oder etwan böse: theils auch etwan ihr Geschick,
Welches man bald Zufäll heisset, bald Verhängniß oder Glück.
Die Erhaltung nun belangend, findet sich, wenn mans
bedencket,

Daß sie blos vom Schöpfer stammet; daß, auf eine weise
Weise,

Er dem Leben und dem Leib, so die Kleidung, als die Speise,
Da wir sind, ja eh' wir wurden, schon bereitet und geschencket.
Denn
Neu-Jahrs Gedichte.
Solches wird mit allem Recht einer Goͤttlichen Regirung
Und beſondren Providentz, einer Goͤttlich-weiſen Fuͤhrung,
Zugeſchrieben werden muͤſſen. Wenn wir ernſtlich uͤberlegen
Und, was die Gebuhrt des Menſchen fuͤr gewalt’gen Einfluß
hat

Faſt in alle Handlungen; und von einer jeden That
Jhren Urſprung, ihre Mittel, Huͤlf und Hindrungen erwegen,
Von den Zuſtand eines jeden den Zuſammenhang ergruͤnden;
Werden wir gar leicht befinden,
Daß, am Umſtand, an dem Ort, und zumahlen an der
Zeit,

Als womit, unwiederſprechlich, eins ſich an das andre fuͤget,
Alles ſonderbar gebunden, alles wunderbarlich lieget.
Denn es iſt unlaͤugbar wahr, daß Veraͤndrungen auf Erden
Durch die Umſtaͤnd faſt noch mehr, als ſich ſelbſt, gewircket
werden.

Scheuen wir uns nun nicht, alles, als von ungefaͤhr geſchehn
Und vom blinden Zufall bloß unterhalten, anzuſehn;
Muͤſſen wir, ohn Wiederſpruch, dieß unfehlbar zugeſtehn,
Daß, bey unſerer Gebuhrt, auch ein Goͤttliches Regiren
Eine weiſe Providentz augenſcheinlich zu verſpuͤhren.
Bey dem Fortgang eines Menſchen muß man dreyerley
erwegen:

Theils deſſelbigen Erhaltung, theils die Handlungen; ſie
moͤgen

Gut ſeyn, oder etwan boͤſe: theils auch etwan ihr Geſchick,
Welches man bald Zufaͤll heiſſet, bald Verhaͤngniß oder Gluͤck.
Die Erhaltung nun belangend, findet ſich, wenn mans
bedencket,

Daß ſie blos vom Schoͤpfer ſtammet; daß, auf eine weiſe
Weiſe,

Er dem Leben und dem Leib, ſo die Kleidung, als die Speiſe,
Da wir ſind, ja eh’ wir wurden, ſchon bereitet und geſchencket.
Denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0429" n="413"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neu-Jahrs Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="34">
            <l>Solches wird mit allem Recht einer Go&#x0364;ttlichen Regirung</l><lb/>
            <l>Und be&#x017F;ondren Providentz, einer Go&#x0364;ttlich-wei&#x017F;en Fu&#x0364;hrung,</l><lb/>
            <l>Zuge&#x017F;chrieben werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Wenn wir ern&#x017F;tlich u&#x0364;berlegen</l><lb/>
            <l>Und, was die Gebuhrt des Men&#x017F;chen fu&#x0364;r gewalt&#x2019;gen Einfluß<lb/><hi rendition="#et">hat</hi></l><lb/>
            <l>Fa&#x017F;t in alle Handlungen; und von einer jeden That</l><lb/>
            <l>Jhren Ur&#x017F;prung, ihre Mittel, Hu&#x0364;lf und Hindrungen erwegen,</l><lb/>
            <l>Von den Zu&#x017F;tand eines jeden den Zu&#x017F;ammenhang ergru&#x0364;nden;</l><lb/>
            <l>Werden wir gar leicht befinden,</l><lb/>
            <l>Daß, am Um&#x017F;tand, an dem Ort, und zumahlen an der<lb/><hi rendition="#et">Zeit,</hi></l><lb/>
            <l>Als womit, unwieder&#x017F;prechlich, eins &#x017F;ich an das andre fu&#x0364;get,</l><lb/>
            <l>Alles &#x017F;onderbar gebunden, alles wunderbarlich lieget.</l><lb/>
            <l>Denn es i&#x017F;t unla&#x0364;ugbar wahr, daß Vera&#x0364;ndrungen auf Erden</l><lb/>
            <l>Durch die Um&#x017F;ta&#x0364;nd fa&#x017F;t noch mehr, als &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, gewircket<lb/><hi rendition="#et">werden.</hi></l><lb/>
            <l>Scheuen wir uns nun nicht, alles, als von ungefa&#x0364;hr ge&#x017F;chehn</l><lb/>
            <l>Und vom blinden Zufall bloß unterhalten, anzu&#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir, ohn Wieder&#x017F;pruch, dieß unfehlbar zuge&#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>Daß, bey un&#x017F;erer Gebuhrt, auch ein Go&#x0364;ttliches Regiren</l><lb/>
            <l>Eine wei&#x017F;e Providentz augen&#x017F;cheinlich zu ver&#x017F;pu&#x0364;hren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="35">
            <l>Bey dem <hi rendition="#fr">Fortgang</hi> eines Men&#x017F;chen muß man <hi rendition="#fr">dreyerley</hi><lb/><hi rendition="#et">erwegen:</hi></l><lb/>
            <l>Theils de&#x017F;&#x017F;elbigen <hi rendition="#fr">Erhaltung,</hi> theils die <hi rendition="#fr">Handlungen;</hi> &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">mo&#x0364;gen</hi></l><lb/>
            <l>Gut &#x017F;eyn, oder etwan bo&#x0364;&#x017F;e: theils auch etwan ihr <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chick,</hi></l><lb/>
            <l>Welches man bald <hi rendition="#fr">Zufa&#x0364;ll</hi> hei&#x017F;&#x017F;et, bald <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ngniß</hi> oder <hi rendition="#fr">Glu&#x0364;ck.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="36">
            <l>Die <hi rendition="#fr">Erhaltung</hi> nun belangend, findet &#x017F;ich, wenn mans<lb/><hi rendition="#et">bedencket,</hi></l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie blos vom Scho&#x0364;pfer &#x017F;tammet; daß, auf eine wei&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">Wei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
            <l>Er dem Leben und dem Leib, &#x017F;o die Kleidung, als die Spei&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Da wir &#x017F;ind, ja eh&#x2019; wir wurden, &#x017F;chon bereitet und ge&#x017F;chencket.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0429] Neu-Jahrs Gedichte. Solches wird mit allem Recht einer Goͤttlichen Regirung Und beſondren Providentz, einer Goͤttlich-weiſen Fuͤhrung, Zugeſchrieben werden muͤſſen. Wenn wir ernſtlich uͤberlegen Und, was die Gebuhrt des Menſchen fuͤr gewalt’gen Einfluß hat Faſt in alle Handlungen; und von einer jeden That Jhren Urſprung, ihre Mittel, Huͤlf und Hindrungen erwegen, Von den Zuſtand eines jeden den Zuſammenhang ergruͤnden; Werden wir gar leicht befinden, Daß, am Umſtand, an dem Ort, und zumahlen an der Zeit, Als womit, unwiederſprechlich, eins ſich an das andre fuͤget, Alles ſonderbar gebunden, alles wunderbarlich lieget. Denn es iſt unlaͤugbar wahr, daß Veraͤndrungen auf Erden Durch die Umſtaͤnd faſt noch mehr, als ſich ſelbſt, gewircket werden. Scheuen wir uns nun nicht, alles, als von ungefaͤhr geſchehn Und vom blinden Zufall bloß unterhalten, anzuſehn; Muͤſſen wir, ohn Wiederſpruch, dieß unfehlbar zugeſtehn, Daß, bey unſerer Gebuhrt, auch ein Goͤttliches Regiren Eine weiſe Providentz augenſcheinlich zu verſpuͤhren. Bey dem Fortgang eines Menſchen muß man dreyerley erwegen: Theils deſſelbigen Erhaltung, theils die Handlungen; ſie moͤgen Gut ſeyn, oder etwan boͤſe: theils auch etwan ihr Geſchick, Welches man bald Zufaͤll heiſſet, bald Verhaͤngniß oder Gluͤck. Die Erhaltung nun belangend, findet ſich, wenn mans bedencket, Daß ſie blos vom Schoͤpfer ſtammet; daß, auf eine weiſe Weiſe, Er dem Leben und dem Leib, ſo die Kleidung, als die Speiſe, Da wir ſind, ja eh’ wir wurden, ſchon bereitet und geſchencket. Denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/429
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/429>, abgerufen am 22.11.2024.