Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Saamen-Gehäuse.
Diese sah ich, in der Ordnung, billig mit Verwunderung an,
Weil man eine weise Absicht deutlich darin finden kann.
Die bedächtliche Natur hat sie offen da gelassen,
Daß der Saamen-Körner Menge, welche die Gehäuse
fassen,

Wenn sie reiff, nicht klumpen weise, sondern eintzeln, sich
verstreuen,

Und sich selber säen können. Wer dieß Wunderwerck erwegt
Und darin die Vor-und Absicht des Natur-Geists überlegt
Muß, in Demuth, Danck und Andacht, sich des grossen
Schöpfers freuen.

Ja noch mehr wenn im Gehäus' er die nett-gewachsne Haut,
Die sie von einander sondert, in so richt'ger Ordnung schaut.
Das Hydiserum verdient gleichfals, daß man es betrachtet,
Und in seines Saamens Hülse etwas wunderlichs beachtet.
Sie besteht aus dreyen Cirkeln, welche voller netter Spitzen,
Wodurch sie den lieben Saamen für den Biß der Würmer
schützen.

Aber über mehr als alle werd' ich für Verwundrung stumm,
Jn Betrachtung deiner Hülsen, bläulichtes Geranium!
Dieses siehet eines Storchen Schnabel, Hals' und Kopf so
gleich,

Daß man fast nichts gleicher sieht. Schauet man nun dieß
Gebäude,

Fast erstaunt, von aussen an; ists auch in sich Wunder-reich,
Und die innern Theile dienen uns zur neuen Augen-Weide.
Die Figur ist hinten rund und besteht aus grünen Blättern,
Die sich einer Blume gleichen, von derselben sind bedeckt
Mehrentheils fünf braune Hülsen. Ein par Saamen-Kör-
ner steckt,
Recht
S 5
Saamen-Gehaͤuſe.
Dieſe ſah ich, in der Ordnung, billig mit Verwunderung an,
Weil man eine weiſe Abſicht deutlich darin finden kann.
Die bedaͤchtliche Natur hat ſie offen da gelaſſen,
Daß der Saamen-Koͤrner Menge, welche die Gehaͤuſe
faſſen,

Wenn ſie reiff, nicht klumpen weiſe, ſondern eintzeln, ſich
verſtreuen,

Und ſich ſelber ſaͤen koͤnnen. Wer dieß Wunderwerck erwegt
Und darin die Vor-und Abſicht des Natur-Geiſts uͤberlegt
Muß, in Demuth, Danck und Andacht, ſich des groſſen
Schoͤpfers freuen.

Ja noch mehr wenn im Gehaͤuſ’ er die nett-gewachſne Haut,
Die ſie von einander ſondert, in ſo richt’ger Ordnung ſchaut.
Das Hydiſerum verdient gleichfals, daß man es betrachtet,
Und in ſeines Saamens Huͤlſe etwas wunderlichs beachtet.
Sie beſteht aus dreyen Cirkeln, welche voller netter Spitzen,
Wodurch ſie den lieben Saamen fuͤr den Biß der Wuͤrmer
ſchuͤtzen.

Aber uͤber mehr als alle werd’ ich fuͤr Verwundrung ſtumm,
Jn Betrachtung deiner Huͤlſen, blaͤulichtes Geranium!
Dieſes ſiehet eines Storchen Schnabel, Halſ’ und Kopf ſo
gleich,

Daß man faſt nichts gleicher ſieht. Schauet man nun dieß
Gebaͤude,

Faſt erſtaunt, von auſſen an; iſts auch in ſich Wunder-reich,
Und die innern Theile dienen uns zur neuen Augen-Weide.
Die Figur iſt hinten rund und beſteht aus gruͤnen Blaͤttern,
Die ſich einer Blume gleichen, von derſelben ſind bedeckt
Mehrentheils fuͤnf braune Huͤlſen. Ein par Saamen-Koͤr-
ner ſteckt,
Recht
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0297" n="281"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Saamen-Geha&#x0364;u&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Die&#x017F;e &#x017F;ah ich, in der Ordnung, billig mit Verwunderung an,</l><lb/>
            <l>Weil man eine wei&#x017F;e Ab&#x017F;icht deutlich darin finden kann.</l><lb/>
            <l>Die beda&#x0364;chtliche Natur hat &#x017F;ie offen da gela&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Daß der Saamen-Ko&#x0364;rner Menge, welche die Geha&#x0364;u&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">fa&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie reiff, nicht klumpen wei&#x017F;e, &#x017F;ondern eintzeln, &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">ver&#x017F;treuen,</hi></l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;a&#x0364;en ko&#x0364;nnen. Wer dieß Wunderwerck erwegt</l><lb/>
            <l>Und darin die Vor-und Ab&#x017F;icht des Natur-Gei&#x017F;ts u&#x0364;berlegt</l><lb/>
            <l>Muß, in Demuth, Danck und Andacht, &#x017F;ich des gro&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Scho&#x0364;pfers freuen.</hi></l><lb/>
            <l>Ja noch mehr wenn im Geha&#x0364;u&#x017F;&#x2019; er die nett-gewach&#x017F;ne Haut,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ie von einander &#x017F;ondert, in &#x017F;o richt&#x2019;ger Ordnung &#x017F;chaut.</l><lb/>
            <l>Das Hydi&#x017F;erum verdient gleichfals, daß man es betrachtet,</l><lb/>
            <l>Und in &#x017F;eines Saamens Hu&#x0364;l&#x017F;e etwas wunderlichs beachtet.</l><lb/>
            <l>Sie be&#x017F;teht aus dreyen Cirkeln, welche voller netter Spitzen,</l><lb/>
            <l>Wodurch &#x017F;ie den lieben Saamen fu&#x0364;r den Biß der Wu&#x0364;rmer<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chu&#x0364;tzen.</hi></l><lb/>
            <l>Aber u&#x0364;ber mehr als alle werd&#x2019; ich fu&#x0364;r Verwundrung &#x017F;tumm,</l><lb/>
            <l>Jn Betrachtung deiner Hu&#x0364;l&#x017F;en, bla&#x0364;ulichtes Geranium!</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;es &#x017F;iehet eines Storchen Schnabel, Hal&#x017F;&#x2019; und Kopf &#x017F;o<lb/><hi rendition="#et">gleich,</hi></l><lb/>
            <l>Daß man fa&#x017F;t nichts gleicher &#x017F;ieht. Schauet man nun dieß<lb/><hi rendition="#et">Geba&#x0364;ude,</hi></l><lb/>
            <l>Fa&#x017F;t er&#x017F;taunt, von au&#x017F;&#x017F;en an; i&#x017F;ts auch in &#x017F;ich Wunder-reich,</l><lb/>
            <l>Und die innern Theile dienen uns zur neuen Augen-Weide.</l><lb/>
            <l>Die Figur i&#x017F;t hinten rund und be&#x017F;teht aus gru&#x0364;nen Bla&#x0364;ttern,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich einer Blume gleichen, von der&#x017F;elben &#x017F;ind bedeckt</l><lb/>
            <l>Mehrentheils fu&#x0364;nf braune Hu&#x0364;l&#x017F;en. Ein par Saamen-Ko&#x0364;r-<lb/><hi rendition="#et">ner &#x017F;teckt,</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">S 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Recht</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0297] Saamen-Gehaͤuſe. Dieſe ſah ich, in der Ordnung, billig mit Verwunderung an, Weil man eine weiſe Abſicht deutlich darin finden kann. Die bedaͤchtliche Natur hat ſie offen da gelaſſen, Daß der Saamen-Koͤrner Menge, welche die Gehaͤuſe faſſen, Wenn ſie reiff, nicht klumpen weiſe, ſondern eintzeln, ſich verſtreuen, Und ſich ſelber ſaͤen koͤnnen. Wer dieß Wunderwerck erwegt Und darin die Vor-und Abſicht des Natur-Geiſts uͤberlegt Muß, in Demuth, Danck und Andacht, ſich des groſſen Schoͤpfers freuen. Ja noch mehr wenn im Gehaͤuſ’ er die nett-gewachſne Haut, Die ſie von einander ſondert, in ſo richt’ger Ordnung ſchaut. Das Hydiſerum verdient gleichfals, daß man es betrachtet, Und in ſeines Saamens Huͤlſe etwas wunderlichs beachtet. Sie beſteht aus dreyen Cirkeln, welche voller netter Spitzen, Wodurch ſie den lieben Saamen fuͤr den Biß der Wuͤrmer ſchuͤtzen. Aber uͤber mehr als alle werd’ ich fuͤr Verwundrung ſtumm, Jn Betrachtung deiner Huͤlſen, blaͤulichtes Geranium! Dieſes ſiehet eines Storchen Schnabel, Halſ’ und Kopf ſo gleich, Daß man faſt nichts gleicher ſieht. Schauet man nun dieß Gebaͤude, Faſt erſtaunt, von auſſen an; iſts auch in ſich Wunder-reich, Und die innern Theile dienen uns zur neuen Augen-Weide. Die Figur iſt hinten rund und beſteht aus gruͤnen Blaͤttern, Die ſich einer Blume gleichen, von derſelben ſind bedeckt Mehrentheils fuͤnf braune Huͤlſen. Ein par Saamen-Koͤr- ner ſteckt, Recht S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/297
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/297>, abgerufen am 28.09.2024.