Aus der duncklen Erde steigen Pflantzen in die dün- ne Luft: Warum solten unsre Seelen nicht, aus irdscher Lüfte Duft, Jn die Himmels Lüfte steigen, um in ihren reinen Höh'n, Durch ein reines Licht erleuchtet, GOttes Werck auch dort zu sehn?
Mit nicht auszudrückender, inniger, und sanfter Freude Find' ich auf den Garten Beeten jetzt, zur frühen Früh- lings-Zeit, Eine recht bewundrungs-wehrte Hertzen-Seel-und Augen- Weide So mein gantzes Wesen füllet mit besondrer Lieblichkeit. Die noch gestern gantze Beeten sind anjetzt schon voller Ritzen, Voller ofnen luckern Stellen. Seht, wie kleine grüne Spitzen, Zwischen kleinen Erden-Klössen, aus den duncklen Spal- ten dringen, Seht wie sie nicht hie und da, sondern überall, entspringen. Ein vernünftig Menschen-Auge kann nicht sonder Anmuht sehn Jn so süsser Meng und Ordnung kleine grüne Pfriemen stehn, Die aus ihrer duncklen Wohnung mit so strengem Druck sich heben Daß noch öfters an den Spitzen kleine Erden-Klösse kle- ben.
Nied-
Das Sonnen-Reich.
Das Sonnen-Reich.
Aus der duncklen Erde ſteigen Pflantzen in die duͤn- ne Luft: Warum ſolten unſre Seelen nicht, aus irdſcher Luͤfte Duft, Jn die Himmels Luͤfte ſteigen, um in ihren reinen Hoͤh’n, Durch ein reines Licht erleuchtet, GOttes Werck auch dort zu ſehn?
Mit nicht auszudruͤckender, inniger, und ſanfter Freude Find’ ich auf den Garten Beeten jetzt, zur fruͤhen Fruͤh- lings-Zeit, Eine recht bewundrungs-wehrte Hertzen-Seel-und Augen- Weide So mein gantzes Weſen fuͤllet mit beſondrer Lieblichkeit. Die noch geſtern gantze Beeten ſind anjetzt ſchon voller Ritzen, Voller ofnen luckern Stellen. Seht, wie kleine gruͤne Spitzen, Zwiſchen kleinen Erden-Kloͤſſen, aus den duncklen Spal- ten dringen, Seht wie ſie nicht hie und da, ſondern uͤberall, entſpringen. Ein vernuͤnftig Menſchen-Auge kann nicht ſonder Anmuht ſehn Jn ſo ſuͤſſer Meng und Ordnung kleine gruͤne Pfriemen ſtehn, Die aus ihrer duncklen Wohnung mit ſo ſtrengem Druck ſich heben Daß noch oͤfters an den Spitzen kleine Erden-Kloͤſſe kle- ben.
Nied-
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Das Sonnen-Reich.
Das Sonnen-Reich.
Aus der duncklen Erde ſteigen Pflantzen in die duͤn-
ne Luft:
Warum ſolten unſre Seelen nicht, aus irdſcher
Luͤfte Duft,
Jn die Himmels Luͤfte ſteigen, um in ihren reinen
Hoͤh’n,
Durch ein reines Licht erleuchtet, GOttes Werck
auch dort zu ſehn?
Mit nicht auszudruͤckender, inniger, und ſanfter
Freude
Find’ ich auf den Garten Beeten jetzt, zur fruͤhen Fruͤh-
lings-Zeit,
Eine recht bewundrungs-wehrte Hertzen-Seel-und Augen-
Weide
So mein gantzes Weſen fuͤllet mit beſondrer Lieblichkeit.
Die noch geſtern gantze Beeten ſind anjetzt ſchon voller
Ritzen,
Voller ofnen luckern Stellen. Seht, wie kleine gruͤne Spitzen,
Zwiſchen kleinen Erden-Kloͤſſen, aus den duncklen Spal-
ten dringen,
Seht wie ſie nicht hie und da, ſondern uͤberall, entſpringen.
Ein vernuͤnftig Menſchen-Auge kann nicht ſonder Anmuht
ſehn
Jn ſo ſuͤſſer Meng und Ordnung kleine gruͤne Pfriemen
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Die aus ihrer duncklen Wohnung mit ſo ſtrengem Druck
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/28>, abgerufen am 17.07.2024.
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