Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Die Danckbarkeit. Dieß zeiget Stoltz und Eigen-Liebe. Aus diesen schwar- tzen Qvellen fliessen Ein störrig, wiedersinnig Wesen, zum Guten Trägheit, keine Triebe Von einer holden, kindlichen, mit Freundlichkeit vermisch- ten Liebe, Wodurch denn gegen unsern Nächsten auch Haß und Bit- terkeit entspriessen. Man weis von keiner Furcht für GOtt, als einer Knechti- schen; man wühlt Jm Neid' und Geitz beständig fort, weil man sonst kein Vergnügen fühlt. Nun stelle dir zwo Seelen für, gantz von einander unter- schieden, Die eine frölich, freundlich, fromm; die andre nimmer recht zu frieden, Stets murrisch, störrig, grämlich, traurig. Die eine Seele zeigt in allen Erkänntlichkeit, Danck, Liebe, Sanftmuth, Vergnügen und Gelassenheit; Die andere Misvergnügen, Unmuth, Gram, Wieder- willen, Bitterkeit; Sprich selber welche solte dem, der alle beid', in dieser Zeit, Zu seiner Ehr', in seinen Wercken vergnügen wolte, doch gefallen? Entsteht nun aus der Nicht-Erkänntniß so vieler uns ge- schenckten Gaben Und aus den nicht erwognen Wundern, die wir hier zu betrachten haben, Des
Die Danckbarkeit. Dieß zeiget Stoltz und Eigen-Liebe. Aus dieſen ſchwar- tzen Qvellen flieſſen Ein ſtoͤrrig, wiederſinnig Weſen, zum Guten Traͤgheit, keine Triebe Von einer holden, kindlichen, mit Freundlichkeit vermiſch- ten Liebe, Wodurch denn gegen unſern Naͤchſten auch Haß und Bit- terkeit entſprieſſen. Man weis von keiner Furcht fuͤr GOtt, als einer Knechti- ſchen; man wuͤhlt Jm Neid’ und Geitz beſtaͤndig fort, weil man ſonſt kein Vergnuͤgen fuͤhlt. Nun ſtelle dir zwo Seelen fuͤr, gantz von einander unter- ſchieden, Die eine froͤlich, freundlich, fromm; die andre nimmer recht zu frieden, Stets murriſch, ſtoͤrrig, graͤmlich, traurig. Die eine Seele zeigt in allen Erkaͤnntlichkeit, Danck, Liebe, Sanftmuth, Vergnuͤgen und Gelaſſenheit; Die andere Misvergnuͤgen, Unmuth, Gram, Wieder- willen, Bitterkeit; Sprich ſelber welche ſolte dem, der alle beid’, in dieſer Zeit, Zu ſeiner Ehr’, in ſeinen Wercken vergnuͤgen wolte, doch gefallen? Entſteht nun aus der Nicht-Erkaͤnntniß ſo vieler uns ge- ſchenckten Gaben Und aus den nicht erwognen Wundern, die wir hier zu betrachten haben, Des
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Die Danckbarkeit.
Dieß zeiget Stoltz und Eigen-Liebe. Aus dieſen ſchwar-
tzen Qvellen flieſſen
Ein ſtoͤrrig, wiederſinnig Weſen, zum Guten Traͤgheit,
keine Triebe
Von einer holden, kindlichen, mit Freundlichkeit vermiſch-
ten Liebe,
Wodurch denn gegen unſern Naͤchſten auch Haß und Bit-
terkeit entſprieſſen.
Man weis von keiner Furcht fuͤr GOtt, als einer Knechti-
ſchen; man wuͤhlt
Jm Neid’ und Geitz beſtaͤndig fort, weil man ſonſt kein
Vergnuͤgen fuͤhlt.
Nun ſtelle dir zwo Seelen fuͤr, gantz von einander unter-
ſchieden,
Die eine froͤlich, freundlich, fromm; die andre nimmer
recht zu frieden,
Stets murriſch, ſtoͤrrig, graͤmlich, traurig. Die eine
Seele zeigt in allen
Erkaͤnntlichkeit, Danck, Liebe, Sanftmuth, Vergnuͤgen
und Gelaſſenheit;
Die andere Misvergnuͤgen, Unmuth, Gram, Wieder-
willen, Bitterkeit;
Sprich ſelber welche ſolte dem, der alle beid’, in dieſer
Zeit,
Zu ſeiner Ehr’, in ſeinen Wercken vergnuͤgen wolte, doch
gefallen?
Entſteht nun aus der Nicht-Erkaͤnntniß ſo vieler uns ge-
ſchenckten Gaben
Und aus den nicht erwognen Wundern, die wir hier zu
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