Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Betrachtung der in den Knospen Betrachtung der in den Knospen ent- haltenen Wunder. Willkommen, liebste Frühlings-Sprossen, Die ihr theils grünet, theils schon blüht; Jhr Knospen, die man ofters sieht, Eh' man es meint, schon aufgeschlossen; Die ihr recht von einander springt, Und, sonderlich bey schönen Wetter, Uns eine Menge schöner Blätter, Als lauter Wunder-Kinder, bringt! Wie würd' uns euer Glantz und Schein So nützlich und ersprießlich seyn, Eröfnetet ihr uns zugleich Welch eine wunderbare Kraft Jn euren Wesen wirckt! was euch Und euren regen Wunder-Saft So kräftig in Bewegung bringet! Ob ihr nur Stoß-weis', oder nicht Vielmehr beständig, vorwerts dringet! Ach, gäbet ihr uns doch Bericht, Woher der Farben Schmuck, der Bildung Zierlichkeit, Die Anmuth des Geschmacks in eurer Frucht entstehet! Wie kann sich in so rauhen Rinden Ein solcher strenger Trieb, solch' eine Kunst, befinden, Die, besser als der Menschen Hand, Ja aller menschlicher Verstand, Geschickt, so liebliche Figuren zu formiren, Sie so zu färben und zu zieren! Wahr-
Betrachtung der in den Knoſpen Betrachtung der in den Knoſpen ent- haltenen Wunder. Willkommen, liebſte Fruͤhlings-Sproſſen, Die ihr theils gruͤnet, theils ſchon bluͤht; Jhr Knoſpen, die man ofters ſieht, Eh’ man es meint, ſchon aufgeſchloſſen; Die ihr recht von einander ſpringt, Und, ſonderlich bey ſchoͤnen Wetter, Uns eine Menge ſchoͤner Blaͤtter, Als lauter Wunder-Kinder, bringt! Wie wuͤrd’ uns euer Glantz und Schein So nuͤtzlich und erſprießlich ſeyn, Eroͤfnetet ihr uns zugleich Welch eine wunderbare Kraft Jn euren Weſen wirckt! was euch Und euren regen Wunder-Saft So kraͤftig in Bewegung bringet! Ob ihr nur Stoß-weiſ’, oder nicht Vielmehr beſtaͤndig, vorwerts dringet! Ach, gaͤbet ihr uns doch Bericht, Woher der Farben Schmuck, der Bildung Zierlichkeit, Die Anmuth des Geſchmacks in eurer Frucht entſtehet! Wie kann ſich in ſo rauhen Rinden Ein ſolcher ſtrenger Trieb, ſolch’ eine Kunſt, befinden, Die, beſſer als der Menſchen Hand, Ja aller menſchlicher Verſtand, Geſchickt, ſo liebliche Figuren zu formiren, Sie ſo zu faͤrben und zu zieren! Wahr-
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Betrachtung der in den Knoſpen
Betrachtung der in den Knoſpen ent-
haltenen Wunder.
Willkommen, liebſte Fruͤhlings-Sproſſen,
Die ihr theils gruͤnet, theils ſchon bluͤht;
Jhr Knoſpen, die man ofters ſieht,
Eh’ man es meint, ſchon aufgeſchloſſen;
Die ihr recht von einander ſpringt,
Und, ſonderlich bey ſchoͤnen Wetter,
Uns eine Menge ſchoͤner Blaͤtter,
Als lauter Wunder-Kinder, bringt!
Wie wuͤrd’ uns euer Glantz und Schein
So nuͤtzlich und erſprießlich ſeyn,
Eroͤfnetet ihr uns zugleich
Welch eine wunderbare Kraft
Jn euren Weſen wirckt! was euch
Und euren regen Wunder-Saft
So kraͤftig in Bewegung bringet!
Ob ihr nur Stoß-weiſ’, oder nicht
Vielmehr beſtaͤndig, vorwerts dringet!
Ach, gaͤbet ihr uns doch Bericht,
Woher der Farben Schmuck, der Bildung Zierlichkeit,
Die Anmuth des Geſchmacks in eurer Frucht entſtehet!
Wie kann ſich in ſo rauhen Rinden
Ein ſolcher ſtrenger Trieb, ſolch’ eine Kunſt, befinden,
Die, beſſer als der Menſchen Hand,
Ja aller menſchlicher Verſtand,
Geſchickt, ſo liebliche Figuren zu formiren,
Sie ſo zu faͤrben und zu zieren!
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