Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Abend-Andacht.
Auch für die, o ew'ge Liebe! meine Seufzer auszuschütten,
Und, von dir, Barmhertzigkeit für die Armen zu erbitten.
Ach, wie mancher Mensch muß sich jetzt auf harten Boden
legen,
Drauf er, sonder Dach und Fach, sich für Kälte, Sturm
und Regen
Kaum mit alten Lumpen schützet! da ich, mit Beqvemlichkeit,
Jn so weichen Feder-Decken mich gemächlich legen kann;
Ach erbarm dich ihrer auch, sieh' ihr Elend gnädig an!
Schencke wenigstens Gedult! und laß, nebst Gelassenheit,
Die Gewohnheit ihre Plagen, wo nicht gantz und gar
vermindern,
Doch in Hofnung und Vertrauen, wenigstens in etwas
lindern!
Nun so schließ ich meiner Augen Schlaf-begier'ge Lieder zu,
Und, indem die müden Glieder, sammt den matt-gewor-
dnen Sehnen,
Sich, mit einer neuen Lust, sanfte von einander dehnen,
Denck' ich, mich in dich versenckend, auf die Lust der ew'-
gen Ruh.
[Abbildung]
Ver-
Abend-Andacht.
Auch fuͤr die, o ew’ge Liebe! meine Seufzer auszuſchuͤtten,
Und, von dir, Barmhertzigkeit fuͤr die Armen zu erbitten.
Ach, wie mancher Menſch muß ſich jetzt auf harten Boden
legen,
Drauf er, ſonder Dach und Fach, ſich fuͤr Kaͤlte, Sturm
und Regen
Kaum mit alten Lumpen ſchuͤtzet! da ich, mit Beqvemlichkeit,
Jn ſo weichen Feder-Decken mich gemaͤchlich legen kann;
Ach erbarm dich ihrer auch, ſieh’ ihr Elend gnaͤdig an!
Schencke wenigſtens Gedult! und laß, nebſt Gelaſſenheit,
Die Gewohnheit ihre Plagen, wo nicht gantz und gar
vermindern,
Doch in Hofnung und Vertrauen, wenigſtens in etwas
lindern!
Nun ſo ſchließ ich meiner Augen Schlaf-begier’ge Lieder zu,
Und, indem die muͤden Glieder, ſammt den matt-gewor-
dnen Sehnen,
Sich, mit einer neuen Luſt, ſanfte von einander dehnen,
Denck’ ich, mich in dich verſenckend, auf die Luſt der ew’-
gen Ruh.
[Abbildung]
Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0191" n="175"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Abend-Andacht.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Auch fu&#x0364;r die, o ew&#x2019;ge Liebe! meine Seufzer auszu&#x017F;chu&#x0364;tten,</l><lb/>
          <l>Und, von dir, Barmhertzigkeit fu&#x0364;r die Armen zu erbitten.</l><lb/>
          <l>Ach, wie mancher Men&#x017F;ch muß &#x017F;ich jetzt auf harten Boden</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">legen,</hi> </l><lb/>
          <l>Drauf er, &#x017F;onder Dach und Fach, &#x017F;ich fu&#x0364;r Ka&#x0364;lte, Sturm</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">und Regen</hi> </l><lb/>
          <l>Kaum mit alten Lumpen &#x017F;chu&#x0364;tzet! da ich, mit Beqvemlichkeit,</l><lb/>
          <l>Jn &#x017F;o weichen Feder-Decken mich gema&#x0364;chlich legen kann;</l><lb/>
          <l>Ach erbarm dich ihrer auch, &#x017F;ieh&#x2019; ihr Elend gna&#x0364;dig an!</l><lb/>
          <l>Schencke wenig&#x017F;tens Gedult! und laß, neb&#x017F;t Gela&#x017F;&#x017F;enheit,</l><lb/>
          <l>Die Gewohnheit ihre Plagen, wo nicht gantz und gar</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">vermindern,</hi> </l><lb/>
          <l>Doch in Hofnung und Vertrauen, wenig&#x017F;tens in etwas</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">lindern!</hi> </l><lb/>
          <l>Nun &#x017F;o &#x017F;chließ ich meiner Augen Schlaf-begier&#x2019;ge Lieder zu,</l><lb/>
          <l>Und, indem die mu&#x0364;den Glieder, &#x017F;ammt den matt-gewor-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">dnen Sehnen,</hi> </l><lb/>
          <l>Sich, mit einer neuen Lu&#x017F;t, &#x017F;anfte von einander dehnen,</l><lb/>
          <l>Denck&#x2019; ich, mich in dich ver&#x017F;enckend, auf die Lu&#x017F;t der ew&#x2019;-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gen Ruh.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <figure/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ver-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0191] Abend-Andacht. Auch fuͤr die, o ew’ge Liebe! meine Seufzer auszuſchuͤtten, Und, von dir, Barmhertzigkeit fuͤr die Armen zu erbitten. Ach, wie mancher Menſch muß ſich jetzt auf harten Boden legen, Drauf er, ſonder Dach und Fach, ſich fuͤr Kaͤlte, Sturm und Regen Kaum mit alten Lumpen ſchuͤtzet! da ich, mit Beqvemlichkeit, Jn ſo weichen Feder-Decken mich gemaͤchlich legen kann; Ach erbarm dich ihrer auch, ſieh’ ihr Elend gnaͤdig an! Schencke wenigſtens Gedult! und laß, nebſt Gelaſſenheit, Die Gewohnheit ihre Plagen, wo nicht gantz und gar vermindern, Doch in Hofnung und Vertrauen, wenigſtens in etwas lindern! Nun ſo ſchließ ich meiner Augen Schlaf-begier’ge Lieder zu, Und, indem die muͤden Glieder, ſammt den matt-gewor- dnen Sehnen, Sich, mit einer neuen Luſt, ſanfte von einander dehnen, Denck’ ich, mich in dich verſenckend, auf die Luſt der ew’- gen Ruh. [Abbildung] Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/191
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/191>, abgerufen am 23.11.2024.