Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Abend-Andacht.
Hat auch heute meine Seele, durchs Gehör, mit Danck
und Loben
Für so Lehr', als Harmonie, zu dem Schöpfer sich erhoben?
Hat sie, wenn sie etwas lieblichs, wie vermuthlich ist, gerochen,
Für des Riechens Kraft und Vorwurf: Schöpfer! Dir sey
Danck! gesprochen?
Hat sie, wenn sich, sonder Pein, Kält und Hitze wol gemischt,
Ja noch andre sanfte Vorwüff' ihres Cörpers Haut erfrischt,
Wol des Schöpfers Huld gefühlet? hat sie, wenn sie es
empfunden,
Auch empfunden, daß dem Geber sie davor zum Danck
verbunden?
Hat sie GOTTES Güt und Liebe, in der süssen Kraft zu
schmecken?
Wenn sie Spreis und Tranck genossen, auch zu schmecken,
zu entdecken
Und, mit Lust dafür zu dancken, wie sie schuldig, sich bestrebt?
Kurtz: Hast du zu GOTTES Ehren heut, und als ein
Mensch, gelebt?
Hast du, mit vergnügter Seele, wahrer Andacht heisse
Triebe,
Eine Demuths-volle Ehrfurcht, kindlich-brünst'ge Gegen-
Liebe
Gegen den allmächtgen Vater, der dir so viel Guts ge-
schenckt,
Der in deinen Leib und Geist solche Fähigkeit gesenckt,
Heut' in stiller Lust gespührt? hast du einen regen Willen,
Eines solchen holden Gebers Wort und Willen zu erfüllen,
Deinen Nächsten recht zu lieben, heut in deiner Seel
empfunden?
Hast du inniglich gewünscht daß, von grobe Lastern rein,
Du, für so viel Huld und Wolthat, deinem GOtt gefällig seyn,
Recht
Abend-Andacht.
Hat auch heute meine Seele, durchs Gehoͤr, mit Danck
und Loben
Fuͤr ſo Lehr’, als Harmonie, zu dem Schoͤpfer ſich erhoben?
Hat ſie, wenn ſie etwas lieblichs, wie vermuthlich iſt, gerochen,
Fuͤr des Riechens Kraft und Vorwurf: Schoͤpfer! Dir ſey
Danck! geſprochen?
Hat ſie, wenn ſich, ſonder Pein, Kaͤlt und Hitze wol gemiſcht,
Ja noch andre ſanfte Vorwuͤff’ ihres Coͤrpers Haut erfriſcht,
Wol des Schoͤpfers Huld gefuͤhlet? hat ſie, wenn ſie es
empfunden,
Auch empfunden, daß dem Geber ſie davor zum Danck
verbunden?
Hat ſie GOTTES Guͤt und Liebe, in der ſuͤſſen Kraft zu
ſchmecken?
Wenn ſie Spreis und Tranck genoſſen, auch zu ſchmecken,
zu entdecken
Und, mit Luſt dafuͤr zu dancken, wie ſie ſchuldig, ſich beſtrebt?
Kurtz: Haſt du zu GOTTES Ehren heut, und als ein
Menſch, gelebt?
Haſt du, mit vergnuͤgter Seele, wahrer Andacht heiſſe
Triebe,
Eine Demuths-volle Ehrfurcht, kindlich-bruͤnſt’ge Gegen-
Liebe
Gegen den allmaͤchtgen Vater, der dir ſo viel Guts ge-
ſchenckt,
Der in deinen Leib und Geiſt ſolche Faͤhigkeit geſenckt,
Heut’ in ſtiller Luſt geſpuͤhrt? haſt du einen regen Willen,
Eines ſolchen holden Gebers Wort und Willen zu erfuͤllen,
Deinen Naͤchſten recht zu lieben, heut in deiner Seel
empfunden?
Haſt du inniglich gewuͤnſcht daß, von grobe Laſtern rein,
Du, fuͤr ſo viel Huld und Wolthat, deinem GOtt gefaͤllig ſeyn,
Recht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0189" n="173"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Abend-Andacht.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Hat auch heute meine Seele, durchs <hi rendition="#fr">Geho&#x0364;r,</hi> mit Danck</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">und Loben</hi> </l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r &#x017F;o Lehr&#x2019;, als Harmonie, zu dem Scho&#x0364;pfer &#x017F;ich erhoben?</l><lb/>
          <l>Hat &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie etwas lieblichs, wie vermuthlich i&#x017F;t, <hi rendition="#fr">gerochen,</hi></l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r des <hi rendition="#fr">Riechens Kraft</hi> und Vorwurf: <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;pfer! Dir &#x017F;ey</hi></l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Danck!</hi> ge&#x017F;prochen?</hi> </l><lb/>
          <l>Hat &#x017F;ie, wenn &#x017F;ich, &#x017F;onder Pein, Ka&#x0364;lt und Hitze wol gemi&#x017F;cht,</l><lb/>
          <l>Ja noch andre &#x017F;anfte Vorwu&#x0364;ff&#x2019; ihres Co&#x0364;rpers Haut erfri&#x017F;cht,</l><lb/>
          <l>Wol des Scho&#x0364;pfers Huld <hi rendition="#fr">gefu&#x0364;hlet?</hi> hat &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie es</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">empfunden,</hi> </l><lb/>
          <l>Auch empfunden, daß dem Geber &#x017F;ie davor zum Danck</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">verbunden?</hi> </l><lb/>
          <l>Hat &#x017F;ie GOTTES Gu&#x0364;t und Liebe, in der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Kraft zu</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">&#x017F;chmecken?</hi> </hi> </l><lb/>
          <l>Wenn &#x017F;ie Spreis und Tranck geno&#x017F;&#x017F;en, auch zu &#x017F;chmecken,</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">zu entdecken</hi> </l><lb/>
          <l>Und, mit Lu&#x017F;t dafu&#x0364;r zu dancken, wie &#x017F;ie &#x017F;chuldig, &#x017F;ich be&#x017F;trebt?</l><lb/>
          <l>Kurtz: Ha&#x017F;t du zu GOTTES Ehren heut, und als ein</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Men&#x017F;ch, gelebt?</hi> </l><lb/>
          <l>Ha&#x017F;t du, mit vergnu&#x0364;gter Seele, wahrer Andacht hei&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Triebe,</hi> </l><lb/>
          <l>Eine Demuths-volle Ehrfurcht, kindlich-bru&#x0364;n&#x017F;t&#x2019;ge Gegen-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Liebe</hi> </l><lb/>
          <l>Gegen den allma&#x0364;chtgen Vater, der dir &#x017F;o viel Guts ge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chenckt,</hi> </l><lb/>
          <l>Der in deinen Leib und Gei&#x017F;t &#x017F;olche Fa&#x0364;higkeit ge&#x017F;enckt,</l><lb/>
          <l>Heut&#x2019; in &#x017F;tiller Lu&#x017F;t ge&#x017F;pu&#x0364;hrt? ha&#x017F;t du einen regen Willen,</l><lb/>
          <l>Eines &#x017F;olchen holden Gebers Wort und Willen zu erfu&#x0364;llen,</l><lb/>
          <l>Deinen Na&#x0364;ch&#x017F;ten recht zu lieben, heut in deiner Seel</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">empfunden?</hi> </l><lb/>
          <l>Ha&#x017F;t du inniglich gewu&#x0364;n&#x017F;cht daß, von grobe La&#x017F;tern rein,</l><lb/>
          <l>Du, fu&#x0364;r &#x017F;o viel Huld und Wolthat, deinem GOtt gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn,</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Recht</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0189] Abend-Andacht. Hat auch heute meine Seele, durchs Gehoͤr, mit Danck und Loben Fuͤr ſo Lehr’, als Harmonie, zu dem Schoͤpfer ſich erhoben? Hat ſie, wenn ſie etwas lieblichs, wie vermuthlich iſt, gerochen, Fuͤr des Riechens Kraft und Vorwurf: Schoͤpfer! Dir ſey Danck! geſprochen? Hat ſie, wenn ſich, ſonder Pein, Kaͤlt und Hitze wol gemiſcht, Ja noch andre ſanfte Vorwuͤff’ ihres Coͤrpers Haut erfriſcht, Wol des Schoͤpfers Huld gefuͤhlet? hat ſie, wenn ſie es empfunden, Auch empfunden, daß dem Geber ſie davor zum Danck verbunden? Hat ſie GOTTES Guͤt und Liebe, in der ſuͤſſen Kraft zu ſchmecken? Wenn ſie Spreis und Tranck genoſſen, auch zu ſchmecken, zu entdecken Und, mit Luſt dafuͤr zu dancken, wie ſie ſchuldig, ſich beſtrebt? Kurtz: Haſt du zu GOTTES Ehren heut, und als ein Menſch, gelebt? Haſt du, mit vergnuͤgter Seele, wahrer Andacht heiſſe Triebe, Eine Demuths-volle Ehrfurcht, kindlich-bruͤnſt’ge Gegen- Liebe Gegen den allmaͤchtgen Vater, der dir ſo viel Guts ge- ſchenckt, Der in deinen Leib und Geiſt ſolche Faͤhigkeit geſenckt, Heut’ in ſtiller Luſt geſpuͤhrt? haſt du einen regen Willen, Eines ſolchen holden Gebers Wort und Willen zu erfuͤllen, Deinen Naͤchſten recht zu lieben, heut in deiner Seel empfunden? Haſt du inniglich gewuͤnſcht daß, von grobe Laſtern rein, Du, fuͤr ſo viel Huld und Wolthat, deinem GOtt gefaͤllig ſeyn, Recht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/189
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/189>, abgerufen am 02.05.2024.