Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Aufmunterung zur Betrachtung. Aufmunterung zur Betrachtung. Wilst du denn, lieber Mensch, der Ueberlegung Kraft,Die eigentlich der Kern, die nöthigst' Eigenschaft Der dir von GOtt geschenckten Seelen, Mit deinen Sinnen nie vermählen? Mit GOtt, in den Geschöpfen, nie verbinden? Verlangest du in GOttes Wercken Nicht seine weise Macht und Liebe zu bemercken? Den Schöpfer im Geschöpf zu finden? Er legt viel tausend Herrlichkeiten, Viel Millionen Seltenheiten Auf Erden, in der Luft, und in der Fluth dir vor. Er giebt dir Nas' und Zung' und Hand und Aug' und Ohr. Er schenckt dir eine Seel', und eine Fähigkeit, Durch hören, riechen, sehn, durch schmecken, und durch fühlen Gedancken und Jdeen zu erzielen. Da nun des Schöpfers Huld so überschwenglich ist, Und, da das, was dich hier so wol, als dort, vergnüget, Allein in der Betrachtung lieget; Wie, daß du gegen dich denn selbst so grausam bist? Wie, daß du deinen Geist nicht zu den Sinnen fügest, Und durch dieß holde Band nicht Seel' und Leib vergnügest? Bestrebe dich forthin, die Wercke zu betrachten, Und ihres Schöpfers Macht in ihnen zu erhöhn; Denn, sonder Dencken sie zu hören und zu sehn; Heißt Göttlichen Befehl, Natur, und GOtt verachten. Straffe
Aufmunterung zur Betrachtung. Aufmunterung zur Betrachtung. Wilſt du denn, lieber Menſch, der Ueberlegung Kraft,Die eigentlich der Kern, die noͤthigſt’ Eigenſchaft Der dir von GOtt geſchenckten Seelen, Mit deinen Sinnen nie vermaͤhlen? Mit GOtt, in den Geſchoͤpfen, nie verbinden? Verlangeſt du in GOttes Wercken Nicht ſeine weiſe Macht und Liebe zu bemercken? Den Schoͤpfer im Geſchoͤpf zu finden? Er legt viel tauſend Herrlichkeiten, Viel Millionen Seltenheiten Auf Erden, in der Luft, und in der Fluth dir vor. Er giebt dir Naſ’ und Zung’ und Hand und Aug’ und Ohr. Er ſchenckt dir eine Seel’, und eine Faͤhigkeit, Durch hoͤren, riechen, ſehn, durch ſchmecken, und durch fuͤhlen Gedancken und Jdeen zu erzielen. Da nun des Schoͤpfers Huld ſo uͤberſchwenglich iſt, Und, da das, was dich hier ſo wol, als dort, vergnuͤget, Allein in der Betrachtung lieget; Wie, daß du gegen dich denn ſelbſt ſo grauſam biſt? Wie, daß du deinen Geiſt nicht zu den Sinnen fuͤgeſt, Und durch dieß holde Band nicht Seel’ und Leib vergnuͤgeſt? Beſtrebe dich forthin, die Wercke zu betrachten, Und ihres Schoͤpfers Macht in ihnen zu erhoͤhn; Denn, ſonder Dencken ſie zu hoͤren und zu ſehn; Heißt Goͤttlichen Befehl, Natur, und GOtt verachten. Straffe
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Aufmunterung zur Betrachtung.
Aufmunterung zur Betrachtung.
Wilſt du denn, lieber Menſch, der Ueberlegung Kraft,
Die eigentlich der Kern, die noͤthigſt’ Eigenſchaft
Der dir von GOtt geſchenckten Seelen,
Mit deinen Sinnen nie vermaͤhlen?
Mit GOtt, in den Geſchoͤpfen, nie verbinden?
Verlangeſt du in GOttes Wercken
Nicht ſeine weiſe Macht und Liebe zu bemercken?
Den Schoͤpfer im Geſchoͤpf zu finden?
Er legt viel tauſend Herrlichkeiten,
Viel Millionen Seltenheiten
Auf Erden, in der Luft, und in der Fluth dir vor.
Er giebt dir Naſ’ und Zung’ und Hand und Aug’ und Ohr.
Er ſchenckt dir eine Seel’, und eine Faͤhigkeit,
Durch hoͤren, riechen, ſehn, durch ſchmecken, und durch
fuͤhlen
Gedancken und Jdeen zu erzielen.
Da nun des Schoͤpfers Huld ſo uͤberſchwenglich iſt,
Und, da das, was dich hier ſo wol, als dort, vergnuͤget,
Allein in der Betrachtung lieget;
Wie, daß du gegen dich denn ſelbſt ſo grauſam biſt?
Wie, daß du deinen Geiſt nicht zu den Sinnen fuͤgeſt,
Und durch dieß holde Band nicht Seel’ und Leib vergnuͤgeſt?
Beſtrebe dich forthin, die Wercke zu betrachten,
Und ihres Schoͤpfers Macht in ihnen zu erhoͤhn;
Denn, ſonder Dencken ſie zu hoͤren und zu ſehn;
Heißt Goͤttlichen Befehl, Natur, und GOtt verachten.
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